Belgarath der Zauberer
zu unterhalten«, gab sie ihren Anbetern bekannt. »Ihr habt meine Erlaubnis, euch zurückzuziehen.«
»Aber…!« hörte ich einen der Eunuchen entrüstet ausstoßen.
»Bleib, wenn du willst, Kass«, sagte Salmissra dem Aufbegehrenden in gleichgültigem Tonfall. »Wisse aber, daß kein Lebender erfahren wird, was ich und der Jünger Aldurs einander zu sagen haben. Geh und lebe – oder bleib und stirb.« Sie hatte Stil, das muß ich zugeben. Der Thronsaal leerte sich augenblicklich.
»Nun«, sprach sie, und ihre farblosen Augen glitzerten, »nun, da wir allein sind…« Sie beendete diesen Satz nicht.
»Äh, reize mich nicht, Kleines«, sagte ich grinsend. Beldin war damit erfolgreich gewesen; warum sollte es bei mir nicht auch funktionieren?
Sie lachte tatsächlich. Es war das einzige Mal, daß ich jemals eine der hundert oder mehr Salmissras lachen hörte.
»Laß uns zur Sache kommen, Salmissra«, schlug ich in geschäftsmäßigem Tonfall vor. »Ich führe eine Untersuchung der westlichen Königreiche durch, und ich finde, wir sollten einige Erfahrungen austauschen.«
»Ich sehne mich nach deinen Worten, Altehrwürdiger«, sagte sie, und ihr Gesicht nahm einen geradezu schändlich geistlosen Ausdruck an. Diese Salmissra hatte einen wachen Verstand und einen ausgesprochen gut entwickelten Sinn für Humor. Ich änderte rasch meine Taktik. Eine intelligente Salmissra war eine gefährliche Neuheit.
»Du weißt natürlich, was in Mallorea geschah«, begann ich.
»Ja«, sagte sie schlicht »Ich gratuliere.«
»Danke.«
»Möchtest du dich hierher setzen?« lud sie mich ein, indem sie sich halb aufrichtete und mit der Hand auf den Diwan neben sich klopfte.
»Äh – danke, aber ich denke, ich bleibe lieber stehen. Alorien ist jetzt in vier eigenständige Königreiche geteilt.«
»Ja, ich weiß. Wie hast du Cherek dazu gebracht, das zuzulassen?«
»Das hat Belar getan.«
»Ist Cherek wirklich so religiös?«
»Es gefiel ihm nicht aber er erkannte, daß es notwendig war. Riva hütet jetzt auf der Insel der Winde den Orb. Du solltest deinen Schiffskapitän anweisen, diese Insel nicht anzulaufen. Cherek hat eine Kriegsflotte, die jedes Schiff versenkt, das sich Rivas Insel mehr als hundert Meilen nähert.«
Ihre farblosen Augen wurden nachdenklich. »Mir ist da gerade etwas sehr Interessantes eingefallen, Belgarath.«
»Ach?«
»Ist Riva schon verheiratet?«
»Nein, er ist noch Junggeselle.«
»Du solltest ihm sagen, daß auch ich nicht verheiratet bin. Dadurch tun sich interessante Perspektiven auf, stimmt’s?«
Ich verschluckte mich beinahe. »Das ist doch nicht dein Ernst?«
»Es lohnt auf jeden Fall, darüber nachzudenken, meinst du nicht? Nyissa ist ein kleines Land, und meine Leute sind keine guten Soldaten. Das haben wir während der maragischen Invasion erkannt. Würden Riva und ich heiraten, ergäbe das ein sehr interessantes Bündnis.«
»Wäre es nicht gegen die Regeln, wenn du heiratest?«
»Regeln sind so lästig, Belgarath. Leute wie du und ich brauchen sie nicht zu beachten. Laß uns offen sprechen. Ich bin das Oberhaupt einer schwachen Nation, und das gefällt mir nicht sonderlich. Ich hätte Heber wirkliche Macht Ein Bündnis mit den Alornern könnte das möglich machen.«
»Das wäre gegen jede Tradition, und das weißt du.«
»Traditionen sind wie Regeln, Belgarath. Sie sind dazu da, mißachtet zu werden. Issa schläft nun schon seit sehr langer Zeit. Die Welt ändert sich, und wenn Nyissa sich nicht mit ihr ändert, werden wir auf der Strecke bleiben und bloß ein kleiner, primitiver Fleck auf der Landkarte sein. Ich glaube, ich könnte das ändern.«
»Das würde nicht funktionieren, Salmissra«, sagte ich.
»Du meinst, meine Sterilität? Dem kann abgeholfen werden. Ich muß nur aufhören, diese Drogen zu nehmen, dann bin ich ebenso fruchtbar wie jede andere junge Frau. Ich wäre in der Lage, Riva seinen Sohn zu geben, der die Insel regieren kann, und er kann mir meine Tochter geben, die hier in Nyissa regiert. Wir könnten das Gleichgewicht der Macht in diesem Teil der Welt ändern.«
Ich lachte. »Die Tolnedrer würden verrückt.«
»Das allein wäre die Mühe wert.«
»Das stimmt allerdings. Aber ich fürchte, das kommt nicht in Frage. Riva ist schon versprochen.«
»Ach? Wer ist denn die Glückliche?«
»Ich habe keine Ahnung. Es ist eine dieser Ehen, die im Himmel geschlossen werden. Die Götter suchten Rivas Braut aus.«
Sie seufzte. »Schade«, schmollte sie.
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