Belgarath der Zauberer
westlichen Kante; dabei entstanden die imponierenden, meilenhohen Klippen, welche die natürliche Grenze zwischen Algarien und Mishrak ac Thull bildeten.
Ich stand am Eingang der Schlucht und beschloß, auf den Anbruch der Nacht zu warten, ehe ich mit dem Anstieg begann. Flinkfuß hatte uns berichtet daß Gruppen von Murgos die Schluchten benutzten, wenn sie auf Pferdediebstahl aus waren, und ich wollte in der Enge dieser Täler nicht auf einen solchen Trupp treffen. Abgesehen davon, sollte auch Ctuchik nicht unbedingt Kunde davon erhalten, daß ich auf dem Weg zu ihm war. Zedar wußte, daß ich am liebsten die Gestalt des Wolfes annahm, und ich konnte nicht mit Sicherheit wissen, ob er seinen Mitjüngern davon erzählt hatte. Ich zog noch etwa eine Meile an der Klippe entlang und legte mich dann ins hohe Gras.
Wie sich herausstellte, hatte ich eine kluge Entscheidung getroffen. Etwa um die Mittagszeit hörte ich Reiter, die am Fuß der Schlucht entlangritten. Ich spitzte die Ohren und duckte mich tiefer ins hohe Gras.
»Ich hoffe, du weißt, was du tust Rashag«, hörte ich einen von ihnen sagen. »Ich habe davon gehört, was die Pferdeleute mit denen tun, die ihnen die Tiere stehlen wollen.«
»Dazu müssen sie uns erst einmal fangen, Agga«, antwortete eine andere Stimme.
Sehr langsam hob ich den Kopf. Der Wind wehte ein wenig unbeständig, doch ich war mir sicher, daß die Pferde meine Witterung nicht aufnehmen konnten. Angespannt spähte ich in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Dann sah ich sie. Es waren nur zwei. Sie waren mit Schwertern bewaffnet, trugen Kettenhemden und konisch geformte Helme. Die Murgos sind keine sehr ansehnliche Rasse, und daß sie sich in einer blutrünstigen Zeremonie die Gesichter zerschneiden, wenn sie das Erwachsenenalter erreichen, macht sie nicht gerade schöner. Die beiden, die ich beobachtete, erwiesen sich als typische Vertreter ihrer Rasse. Sie waren breitschultrig –man verbringt nicht den größten Teil des Lebens mit Übungen im Schwertkampf, ohne zumindest einige Muskeln zu entwickeln. Doch von den massigen Schultern abgesehen, waren sie eher hager, mit sehr dunkler Haut, hohen Wangenknochen und schmalen, schrägen Augen.
Ich erkannte sofort, weshalb die Murgos den Weg durch die steilen Schluchten riskierten: Sie hatten keine sonderlich guten Pferde.
»Ich hab’ von oben eine große Herde gesehen«, sagte der eine, der Rashag genannt wurde, zu seinem Gefährten.
»Pferde oder Kühe?« fragte Agga.
»Schwer zu sagen. Die Hänge sind sehr hoch, und die Tiere waren im tiefen Gras.«
»Ich bin nicht durch die Schlucht gekommen, um Kühe zu stehlen, Rashag. Wenn ich eine Kuh brauche, hole ich sie mir von den Thulls. Die nehmen das gelassener hin als die Pferdeleute. Was wollte der Grolim, mit dem du gesprochen hast?«
»Was schon? Er wollte jemanden schlachten. Sein Altar trocknet aus, und er braucht frisches Blut.«
»Er sah gar nicht wie ein thullischer Grolim aus.«
»Er war auch keiner. Er kam aus dem Süden, aus Rak Cthol. Ctuchik hat sie oben auf dem Felsengrat verteilt Er will keine Überraschungen erleben, denn die Pferdeleute wissen hier in der Gegend sehr gut Bescheid.«
»Alorner.« Agga spuckte aus. »Ich hasse Alorner.«
»Ich kann mir vorstellen, daß dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht Der Grolim meinte, ich solle allen Bescheid geben, daß wir uns vom Ödland in Murgos fernhalten.«
»Wer möchte dort schon hingehen? Da gibt’s nur schwarzen Sand und diesen stinkenden See.«
»Ctuchik hat gewiß seine Gründe. Aber mir vertraut er sie ja nicht an. Abgesehen davon, habe ich ihn noch nie gesehen.«
»Ich schon«, sagte Agga und schauderte. »Ich mußte eine Nachricht meines Generals nach Rak Cthol bringen, und Ctuchik fragte mich darüber aus. Er sieht aus wie ein Mann, der schon seit Wochen tot ist.«
»Was ist Rak Cthol für ein Ort?«
Sie waren nun fast außer Hörweite, und ich beschloß, ihnen nicht zu folgen. Sie nahmen keinen hohen Rang ein, und ich würde nichts Wertvolles erfahren, wenn ich weiter ihrer Unterhaltung lauschte. Ich legte mein Kinn auf die Pfoten, krümmte den Rücken, streckte mich und schlief weiter.
Ich sah sie allerdings noch einmal. Es wurde dunkel. Ich erhob mich, krümmte den Rücken, streckte mich und gähnte.
Dann hörte ich die Pferde, die auf mich zugaloppiert kamen. Ich duckte mich wieder ins Gras und beobachtete, was geschah. Rashag und Agga kamen zurück, doch ohne algarische Pferde. Die
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