Belgarath der Zauberer
wird er keinen Halt machen.«
»Die Logik sagt uns, daß er sich selbst genug Zeit eingeräumt hat, Rhodar«, warf Pol ein. »Viele kleinere Geschehnisse gehen dem EREIGNIS voraus, und Torak weiß das gewiß noch besser als wir. Gewisse Dinge müssen folgerichtig geschehen, ehe Brand Torak herausfordern kann. Falls Torak irgend etwas unternimmt, das den Lauf der Dinge verändert, werden wir vor einem völlig anderen EREIGNIS stehen – einem, das in den Mrin-Texten oder in den Ashabiner Orakeln gewiß nicht erwähnt wird. Dann würde niemand wissen, was geschehen wird.«
»Wir könnten ihm alles, was wir haben, in den Weg legen«, schlug Rhodar vor. »Das sollte ihn ein wenig aufhalten.«
»Das würde bedeuten, daß die Schlacht nicht vor Vo Mimbre stattfinden würde, sondern an einem anderen Ort«, widersprach Brand, »und das EREIGNIS muß vor Vo Mimbre stattfinden.«
»Nun, Vater?« sagte Pol zu mir. »Wirst du die Gelegenheit beim Schopf packen und dich in den Mittelpunkt der Geschehnisse stürzen?«
»Das werde ich wohl. Du und ich sollten nach Vo Mimbre reisen und Aldorigen Anweisungen geben. Ich möchte nicht daß die mimbratischen Ritter sich für stark und unbesiegbar halten. Wenn sie Torak vor den Toren der Stadt angreifen, ehe die Chereker eingetroffen sind, wird Torak sie vernichten. Wir werden in dieser Angelegenheit nur eine Chance bekommen; deshalb müssen wir es gleich beim ersten Mal richtig machen. Hier haben wir alles erledigt, meine Herren; also solltet ihr euch von Ran Borune verabschieden und euren Streitkräften anschließen. Wir kennen die Signale und wissen, was wir zu tun haben, wenn wir sie wahrnehmen. Pol und ich werden nach Vo Mimbre reisen und Aldorigen an die Leine nehmen. Dann werden wir auf die cherekische Flotte warten. Provoziert keine Auseinandersetzungen, aber laßt euch von Torak auch nicht aus euren Positionen locken.«
Wir alle standen auf. »Viel Glück, meine Herren«, sagte Pol ernst. Dann war das Treffen beendet. Die Könige gingen zum kaiserlichen Palast und nahmen ihren Abschied von Ran Borune; dann ritten Cho-Ram und Rhodar westwärts, um Kal Toraks linke Flanke zu umgehen und sich ihren Armeen in den Bergen anzuschließen, während Brand und Ormik von Sendarien nordwärts ritten, um dort am Rand des arendischen Waldes zu ihren Männern zu stoßen.
Pol und ich blieben noch zurück und unterhielten uns mit den Zwillingen. »Versucht, Ran Borune davor zu bewahren, hysterisch zu werden«, wies ich sie an. »Wenn er jetzt die Nerven verliert, stecken wir in Schwierigkeiten.« Dann verließen wir die Botschaft, überquerten die Nordbrücke über den Nedrane und begaben uns in ein Birkenwäldchen, um unsere Gestalten zu wandeln.
»Ich werde etwas tun, das dir nicht gefallen wird, Vater«, gab Pol mir bekannt »Ich muß während dieser Angelegenheit Mutters Gestalt annehmen. Reg dich gar nicht erst auf, denn ich handle auf höheren Befehl.«
»Ich werde versuchen, mich zu beherrschen«, erwiderte ich. Ich wußte, was vor sich ging, doch es gab noch einige Dinge, über die ich nichts wußte. Vermutlich war das auch gut so; ansonsten wäre vielleicht ich derjenige gewesen, den die Hysterie übermannt hätte.
Das Wetter wurde ein wenig besser. Zumindest regnete es nicht mehr ununterbrochen. Als der todbringende Schneesturm über Urvons Armee hinweggefegt war, hatten die aufgestauten Kräfte den Zenit überschritten, doch es würde noch eine Weile dauern, bis der Normalzustand wieder einkehrte. Der Himmel über dem nördlichen Tolnedra war noch wolkenverhangen, und obwohl der Frühsommer ins Land gezogen war, wurde es nicht richtig warm.
Pol und ich erreichten Vo Mimbre mitten in der Nacht, und wir landeten auf den Zinnen von Aldorigens Palast. Wir warteten, bis wir außerhalb der Sichtweite der stahlgerüsteten Wachtposten waren, und wandelten dann unsere Gestalt Anschließend gingen wir in den schwach erleuchteten Thronsaal. »Laß mich das machen, Vater«, schlug Pol vor. »Ich kenne die Arender viel besser als du und kann Aldorigen die Lage auf eine Weise erklären, die ihn nicht vor den Kopf stößt. Du setzt dich, machst einen würdigen Eindruck und überläßt mir das Reden.«
»Gern«, stimmte ich zu. »Mir sträuben sich stets die Haare, wenn ich mit Arendern sprechen muß.«
»O Väter!« Seltsamerweise klangen ihre Worte beinahe liebevoll.
Das milchige Licht des frühen Morgens floß schlaftrunken durch die Fenster des Thronsaales, als die großen Türen
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