Belgarath der Zauberer
müssen.«
»Wie schwerwiegend, Vater?«
»Wir können nicht zulassen, daß Eisenfausts Erbe unter Chamdars Einfluß bleibt. Das ist undenkbar. Ich würde einen Großteil von Gelanes Erinnerung löschen müssen. Er wäre dann nicht mehr in der Lage, Fässer zu zimmern, aber er könnte noch Kinder zeugen.«
»Das kannst du tun?«
»Uns bleibt keine Wahl, Pol. Wir haben bereits Erben verloren. Das Geschlecht ist wichtig, nicht die einzelnen Männer, und das Geschlecht darf nicht unter den Einfluß der Grolims geraten.«
Ich glaube, daß dieser Gedanke Pol zu Höchstleistungen trieb. Der Wille und das Wort unterliegen gewissen Beschränkungen, wenn man nicht die eigene Gestalt angenommen hat; daher schwebte sie hinter dem Baum, auf dem wir saßen, zu Boden und verwandelte sich zurück.
Ich neige dazu, den Willen und das Wort etwas lautstark einzusetzen – vermutlich aus reiner Arroganz –, doch Pol war in dieser Hinsicht stets sehr umsichtig. Obwohl ich in etwa wußte, was sie vorhatte, hörte ich kaum ein Flüstern, als sie ihren Willen mit einem einzigen Wort entließ.
Gelane plapperte noch immer Unsinn und teilte seinen Kultgenossen mit, was für ein großartiger Kerl er war, als eine neue Stimme die seine übertönte. Er kam aus dem Konzept und verstummte schließlich.
Es war Chamdars Stimme, doch Chamdars Lippen bewegten sich nicht. Die Stimme schien von irgendwoher über seinem Kopf zu kommen, und offenbar bemerkte er nicht, daß seine Gedanken laut zu hören waren. »Ctuchik wird mich belohnen, wenn ich diesen Tölpel töte«, überlegte diese hohl klingende Stimme, »aber Toraks Belohnung wird noch weit größer sein, wenn mein Plan aufgeht. Sobald ich diesen schwachsinnigen Alorner gänzlich unter Kontrolle habe, werde ich ihn nach Riva bringen, und dort wird er Cthrag Yaska holen. Dann lege ich ihn in Ketten und übergebe ihn dem Drachengott, daß er vor ihm kniet und als Zeichen der Unterwerfung das verfluchte Juwel übergibt. Ein so großer Dienst kann nicht unbelohnt bleiben. Ich werde der vierte – und bevorzugte – Jünger des Drachengottes. Und die Zeit wird kommen, da ich erster Jünger bin und Ctuchik, Urvon und Zedar sich vor mir beugen. Torak wird durch meine Gabe göttlicher Herrscher dieser Welt, und ich werde für alle Ewigkeit zu seiner Rechten sitzen.«
Ich konnte tatsächlich das Geräusch hören, als Chamdars Kontrolle über Gelanes Geist abbrach. Wir waren in der Vergangenheit schon darauf aufmerksam geworden, daß Gelane über ein gewisses Talent verfugte, und Chamdars hörbare Grübeleien genügten, ihn zur Besinnung zu bringen. Mit einem gewaltigen Ruck befreite Gelane seinen Geist und erkannte die volle Bedeutung dessen, was geschehen war. Das Geräusch war wirklich gräßlich.
Da er Alorner war, gab es kaum Zweifel darüber, wie Gelane reagieren würde. Er trat mit funkelndem Blick und Mordlust im Her
zen auf den Grolim zu.
»Was tust du?« kreischte Chamdar.
Gelane antwortete mit der Faust. Er versetzte Ctuchiks Mitläufer einen Schlag, der einen Ochsen gefällt hätte.
Ich malte mir einige Male aus, welchen Verlauf die Geschichte genommen hätte, wäre Gelane in dieser Nacht mit einer Axt bewaffnet gewesen. Auf lange Sicht gesehen, glaube ich aber, daß es so zum Besten gewesen ist Chamdar taumelte zurück, und sein Wille löste sich in Luft auf. Er fiel schwer zu Boden, und die beiden falschen Alorner aus Ashaba sprangen sogleich näher, um ihren Auftraggeber zu beschützen. Ich wollte gerade eingreifen, als die anderen Anhänger des Bärenkults mir zuvorkamen. Sie hatten Gelane den Treueeid geschworen, und das ist im Bärenkult eine religiöse Verpflichtung. Sie fielen über die beiden Dagashi her. Das Durcheinander jedoch gab Chamdar genug Zeit wieder zu Bewußtsein zu kommen und zu fliehen. Er versetzte sich zum Rande des Wäldchens, ließ sich Flügel sprießen und flog in die Nacht hinein.
»Wir wurden getäuscht!« rief Gelane. »Das war kein Priester Belars!«
»Was sollen wir tun, Göttertöter?« verlangte ein Anhänger mit hilfloser Stimme zu wissen.
»Nenne mich nie wieder so!« fuhr Gelane ihn an. »Ich bin nicht der Göttertöter! Das alles war Täuschung! Ich habe meinen Namen entehrt!« Er riß sich das Bärenhemd vom Leib und warf es ins Feuer. »Der Bärenkult ist Lug und Trug! Ich will keinen Anteil daran haben!«
»Laßt uns diesen falschen Priester finden und töten!« röhrte einer der großen Gesellen, und da sie Alorner waren, versuchten
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