Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belgarath der Zauberer

Belgarath der Zauberer

Titel: Belgarath der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
ich nicht wirklich ein Vagabund bin? Tja, das Leben steckt voller Enttäuschungen, nicht wahr?
    Auf meinem Weg in den Norden machte ich in Vo Mimbre Station, und ich war nicht wenig überrascht, als Königin Mayaserana bei meinem kleinen Spiel sofort mitmachte. Manchmal schätzen wir die Arender falsch ein. Es ist leicht, sie einfach als dumm einzustufen; aber das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Ihr Problem ist weniger die Dummheit als ihre Begeisterungsfähigkeit. Sie sind Leute mit sehr ausgeprägten Gefühlen, und das beeinträchtigt ihr Urteilsvermögen. Die feurige Mayaserana begriff die Bedeutung meines Plans fast so schnell wie Ran Borune, und noch ehe die Sonne unterging, zierte eine weiße Locke ihre Stirn. Es sah bezaubernd aus, und ich war hocherfreut, als ich am folgenden Tag feststellte, daß alle dunkelhaarigen Damen ihrem Beispiel gefolgt waren. Wenn ich mich recht entsinne, schmollten die Blondinen.
    Ich entdeckte etwas über das Wesen der Frauen, als ich nach Norden reiste. Wo immer ich haltmachte – sei es in einem Dorf, einer kleinen Stadt oder einem Gehöft –, früher oder später fragte mich eine Frau: »Wie sieht die derzeitige Mode bei Hof aus? Wie lang trägt man die Kleider? Wie tragen die Damen ihr Haar?«
    Nichts hätte meinem Vorhaben mehr entgegenkommen können. Wo immer ich auch war, sprossen zuhauf weiße Locken.
    Äußerst sorgfältig vermied ich es, auf die Familien zu treffen, die ich während all der Jahrhunderte unterstützt hatte. Ich hielt Chamdar für gewitzt genug, um zu erkennen, daß er den Verlauf, den das Mrin-Orakel für uns festgelegt hatte, ernsthaft verändern konnte, indem er einige der wichtigsten Vorfahren umbrachte. Meine größte Sorge jedoch galt Gelane; deshalb vermied ich Seline, als würden dort die Pocken wüten.
    Es stellte sich jedoch heraus, daß Gelane keine körperliche Gefahr drohte; er war spirituellen Anfechtungen ausgesetzt.
    Ich kam nach Medalia in Zentralsendarien, erzählte Geschichten für einen Viertelpfennig und beriet die Damen in Fragen der neuesten Mode. Ich schlief in einem Stall am Rande der Stadt und als ich etwa eine Woche dort verbracht hatte, weckte mich Pols bekümmerte Stimme mitten in der Nacht.
    »Vater, ich brauche dich.«
    »Was ist geschehen?«
    »Wir haben ein Problem. Du solltest so schnell wie möglich hierherkommen.«
    »Worum handelt es sich?«
    »Ich sage es dir, sobald du hier bist Jemand könnte uns hören. Verkleide dich.« Dann war ihre Stimme verklungen.
    Das war eine rätselhafte Botschaft. Polgara ist normalerweise die Ausgeglichenheit in Person. Rein gar nichts kann sie aus der Ruhe bringen, aber diesmal wirkte sie tatsächlich aufgeregt. Ich stand auf, schüttelte das Stroh aus dem Mantel und machte mich sofort auf den Weg nach Seline.
    Vor Sonnenaufgang hatte ich Seline erreicht, ging in Gedanken einige Verkleidungen durch, die ich wählen konnte, und nahm die Gestalt eines fetten Glatzkopfes an. Dann begab ich mich zu der Werkstatt, in der Gelane seine Fässer herstellte.
    Polgara kehrte voller Schwung die Stufen vor dem Haus, obwohl es noch sehr früh war. »Wo warst du so lange?« wollte sie wissen, als ich näher kam. Irgendwie durchschaut sie stets meine Verkleidungen.
    »Beruhige dich, Pol. Was hat dich denn so erregt?«
    »Komm rein.« Sie führte mich durch den Laden. »Gelane schläft noch«, flüsterte sie. »Ich möchte dir etwas zeigen.« Sie führte mich zu einem kleinen Zimmer am Ende des Raumes, das wohl als Besenkammer diente, öffnete die Tür und holte ein zottiges Hemd hervor. Mir blieb die Luft weg.
    Das Hemd war aus Bärenfell gearbeitet.
    »Wie lange geht das schon so?« fragte ich meine Tochter flüsternd.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, Vater. Gelane war während der letzten sechs Monate still und ausweichend. Er geht fast jede Nacht aus und kommt erst sehr spät zurück. Zuerst dachte ich, er betrüge Enalla.«
    »Seine Frau?«
    Sie nickte und legte das Bärenfellhemd sorgfältig zurück in den Schrank. »Laß uns hinausgehen«, flüsterte sie. »Ich möchte nicht daß er uns hier entdeckt.«
    Wir gingen zurück auf die Straße und bis zur nächsten Ecke. »Nun«, begann sie, »Gelanes Mutter war vor kurzem sehr krank; deshalb mußte ich bei ihr bleiben. Jetzt scheint sie sich zu erholen, und gestern abend hatte ich Gelegenheit, Gelane zu folgen. Er ging hinunter in den Laden und steckte das Hemd in einen Sack. Dann begab er sich zum See und ging dort eine Weile am Strand entlang,

Weitere Kostenlose Bücher