Belgarath der Zauberer
sie, diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen. Sie stolperten etwa eine halbe Stunde durch die Bäume, doch Chamdar war bereits Meilen entfernt.
Schließlich gaben sie auf und kehrten zum Feuer zurück. »Was sollen wir jetzt tun, Majestät?« wollte der große Alorner wissen.
»Zunächst werden wir nicht mehr von ›Majestät‹ sprechen«, erwiderte Gelane. »Ich bin nicht der rivanische König! Deshalb nenne mich nie wieder so!« Er richtete sich auf. »Ihr werdet mir das schwören. Nichts von alldem darf bekannt werden. Von nun an bin ich Gelane der Böttcher, nichts anderes. Werdet ihr schwören?«
Selbstverständlich schworen sie. Was sollten sie sonst tun?
»Nun geht nach Hause zu euren Familien!« befahl er. »Entledigt euch dieser Bärenfelle, lebt eure Leben, und ver-geßt, daß dies jemals passiert ist.«
»Was wird mit dem Grolim geschehen?« fragte der große, kriegerische Bursche. »Dem Grolim, der sich als Belarpriester ausgab?«
»Meine Familie wird sich seiner annehmen«, versicherte ihm Gelane. »Geht jetzt heim.«
Und als sie alle fort waren, fiel Eisenfausts Erbe flach zu Boden und schluchzte verzweifelt aus Scham und Reue.
45. K APITEL
elane, der nun wieder bei Verstand war, wurde so sehr von Schuldgefühlen geplagt, daß er nur unzusammenhängende Sätze stammelte. »Wie konnte ich bloß so einfältig sein, Großvater?« sagte er schluchzend. »Ich bin nicht würdig! Ich bin es nicht wert, meinen Namen zu tragen! Ich habe verraten, wofür wir eintreten.«
»Oh, hör jetzt auf damit!« warf ich ein. »Das hilft dir nicht weiter.«
»Wer war dieser Mann, Großvater?«
»Das war Chamdar, ein Grolimpriester. Hast du nicht an der Form seiner Augen erkannt daß er Angarakaner ist?«
»Wir sind in Sendarien, Vater«, erklärte mir Pol. »Die Leute hier sind Rassenvielfalt gewöhnt.«
»Das mag ja sein, aber Gelane hätte wissen müssen, daß jemand von angarakanischer Herkunft unmöglich ein Priester Belars sein konnte.« Ich blickte meinen Enkelsohn ernst an. »Wie konnte es geschehen, daß er dich so beeinflussen konnte, Gelane?« wollte ich wissen.
»Schmeichelei«, erwiderte er voller Selbstverachtung. »Manchmal wünschte ich, Tante Pol hätte mir nie erzählt wer ich wirklich bin. Das hat es dem Grolim so leichtgemacht sich in meine Seele zu schleichen.«
»Was hat das damit zu tun, wer du wirklich bist?« fragte ich.
»Ich bin hier in Seline kein einflußreicher Mann, Großvater. Die Leute, die in meinen Laden kommen, um Fässer zu kaufen, behandeln mich wie einen Dienstboten. Während des Krieges, als Mutter, Tante Pol und ich in der Festung waren und Torak vor den Toren stand, haben einige Leute mich mit großem Respekt behandelt, denn sie betrachteten mich als den rivanischen König. Hier in Seline bin ich nur einer der vielen Handwerker. Wer respektiert schon einen Küfer? Wenn ein Bierbrauer oder Weinhändler sich hier großtut, hülle ich mich in meine wahre Identität. Das hilft mir, mich nicht klein und bedeutungslos zu fühlen. So ist es dem Grolim gelungen, mich einzufangen.«
»Du hast es ihm doch nicht erzählt, oder?«
»Er wußte es bereits. Er kam eines Tages in mein Geschäft und pries mich als den rivanischen König. Er sagte, er sei ein Priester Belars und daß die Auguren ihm von mir berichtet hätten. Niemand hatte mich ›Eure Majestät‹ genannt, seit wir die Festung verlassen hatten, und das muß mir wohl zu Kopf gestiegen sein.«
»Das ist nicht ungewöhnlich, Gelane«, meinte ich. »Es sind mehr Leute über ihre Hybris gestolpert, als du dir vorstellen kannst.«
»Hybris?«
»Anmaßender Stolz. Man ist so sehr von sich eingenommen, daß das Hirn das Denken vergißt. Die kleine Rede, die du heute nacht hier gehalten hast, war ein gutes Beispiel dafür. Du bist nicht der erste, dem das widerfahren ist, und du wirst auch nicht der letzte gewesen sein. Wie ist es Chamdar gelungen, dich in den Bärenkult hineinzuziehen?«
»Er hatte es nach und nach vorbereitet. Zuerst sprach er davon, daß ich nach Riva gehen und den Thron beanspruchen sollte. Er sagte, ganz Alorien warte auf mich.«
»Das entspricht vermutlich der Wahrheit, Gelane«, meinte Pol, »nur weiß Alorien nichts davon. Wir haben deine Familie lange Zeit verborgen gehalten.«
»Er schien alles darüber zu wissen.«
»Sicher«, erwiderte ich. »Die Grolims haben ihre eigenen Orakel. Wir konnten dich zwar verstecken, aber wir konnten deine Existenz nicht geheimhalten. Auf der Suche nach deiner
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