Belgarath der Zauberer
bis er zu einem kleinen Wäldchen kam, das etwa eine Meile östlich der Stadt liegt. Dort sah ich noch etwa ein Dutzend anderer Alorner, die um ein Feuer in der Mitte des Wäldchens standen, und alle trugen Bärenfellkleidung. Gelane zog sein Hemd an und schloß sich ihnen an. Er ist offensichtlich ein Mitglied des Bärenkults geworden.«
Ich fluchte wie ein Bierkutscher.
»Das hilft uns nicht weiter, Vater«, wies Pol mich zurecht »Was können wir tun?«
»Ich bin mir nicht sicher. Wer hat dieses Treffen geleitet?«
»Da war ein Bärtiger in der Robe eines Belarpriesters, der am meisten redete.«
»Hat er etwas von Bedeutung gesagt?«
»Eigentlich nicht Meist hat er nur die altbekannten Sprüche wiederholt. ›Alorien ist ein Reich‹, ›Verflucht sind die Kinder des Drachengottes‹, ›Belar regiert‹ und dergleichen.«
»Pol, du solltest doch ein Auge auf Gelane haben. Wie konntest du das geschehen lassen?«
»Ich habe nicht damit gerechnet Vater. Er war stets so vernünftig.«
»Gehört dieser Priester der örtlichen alornischen Kirche an?«
»Nein. Soviel ich weiß, stammt er nicht aus Seline.«
»Wie sieht er aus?«
»Er ist ziemlich massig, aber das könnte auch wegen der Robe täuschen. Von seinem Gesicht sah ich nicht viel. Der Bart scheint gleich unterhalb der Augen zu beginnen.«
»Ist er blond? Ich meine, sieht er wie ein gewöhnlicher Alorner aus?«
»Nein. Er ist sehr dunkel. Haar und Bart sind fast schwarz.«
»Das mag noch nichts bedeuten. Es gibt viele dunkelhaarige Drasnier und Algarer. Geht Gelane oft dorthin?«
»Fast jede Nacht.«
»Ich werde ihm heute abend folgen. Ich möchte mir diesen zotteligen Belarpriester anschauen. Geh zurück nach Hause, Pol. Heute werde ich mich nicht in der Nähe des Ladens sehen lassen. Die Anhänger des Bärenkults sind sehr mißtrauisch, und wenn Gelane erfährt, daß ich in der Nähe bin, geht er heute nacht vielleicht nicht zu dem Treffen.«
Ich verbrachte den Tag in Seline, hielt die Augen offen und den Mund geschlossen. Da ich nun wußte, wonach ich Ausschau hielt, fiel es mir nicht schwer, die Anhänger des Bärenkults ausfindig zu machen. Natürlich waren sie allesamt Alorner, und ihnen waren der unstete Blick und die übertriebene Vorsicht gemein, die dumme Leute mit Geheimnissen stets an den Tag legen.
Am meisten erstaunte mich, daß es in Sendarien überhaupt Anhänger des Kultes gab. Sendarier sind, ungeachtet ihrer Abstammung, einfach zu vernünftig, um solchen Fanatismus an den Tag zu legen.
Ich trieb mich in der Straße vor dem Laden herum, als sich der Abend über Seline senkte. Es wurde gerade dunkel, als Gelane sich heimlich aus dem Laden stahl, einen Leinensack über der Schulter. Gelane war nun Ende Dreißig, und die schlanke Gestalt seiner Kindheit war kräftigen Muskeln gewichen. Natürlich ließ er sich nun einen Bart wachsen. Alle Anhänger des Kultes tragen Barte, aus welchen Gründen auch immer. Er schritt die Straße entlang, die zum See führte, und ich schlich in die andere Richtung. Ich kannte sein Ziel; deshalb mußte ich ihm nicht auf jedem Schritt folgen.
Ich verließ die Stadt aus einem der anderen Tore, nahm die Gestalt einer Eule an und flog voraus. So kam ich etwa eine Viertelstunde vor Gelane am Treffpunkt bei den Bäumen an, wo die anderen sich bereits versammelt hatten. Sie stierten in das Feuer und umrundeten es in dem seltsam schwankenden Gang, mit dem sie die Bewegungen eines Bären nachzuahmen glaubten. Ich habe schon viele Bären gesehen, aber keiner bewegte sich auf diese Weise. Man sieht nur selten einen Bären auf zwei Beinen gehen.
In Sprechchören beschworen die Alorner ihre üblichen Parolen. Ich glaube, Schwachsinn macht einfach mehr Spaß, wenn man ihn mit anderen teilen kann, und es gibt nichts auf der Welt, das schwachsinniger ist als ein Kult. Ich bin nie dahintergekommen, welch tieferer Sinn einem Sprechchor innewohnt, doch er scheint religiösen Fanatikern jeglicher Färbung zu gefallen.
Als Gelane eintraf, der nun sein Bärenfellhemd trug, verbeugten sich die anderen vor ihm und riefen einstimmig: »Hoch dem rivanischen König, Göttertöter und Beherrscher des Westens! Wohin er uns fuhrt, werden wir folgen!«
Das Geheimnis, das Pol nun über fast neunhundert Jahre gehütet hatte, war offensichtlich aus dem Sack. Ich murmelte Flüche, preßte meinen gebogenen Schnabel aber fest aufeinander.
Als ich schließlich meinen Zorn unter Kontrolle gebracht hatte, tastete ich vorsichtig
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