Belgarath der Zauberer
Verluste gelitten hatte. Mein Hauptaugenmerk indes galt dem Erhalt des Geschlechts, nicht dem einzelnen Erben. Meine Beziehung zu diesen Erben war bestenfalls oberflächlich, und ihr Hinscheiden hatte mich nie wirklich tief berührt. Ich konnte das alles sehr philosophisch betrachten. Schließlich war ich daran gewöhnt, daß Menschen geboren werden, aufwachsen und sterben. Jeder verliert einige Mitglieder seiner Familie, wenn er lange genug lebt, doch Pols Situation war außergewöhnlich. Sie war diesen kleinen Jungen innig verbunden, und sie verlor im Laufe der neun Jahrhunderte sehr viele von ihnen. Und an die Trauer gewöhnt man sich nie.
Nachdem Gelane gestorben war, kehrte ich nach Cherek zurück und schaute mir seinen Sohn lange und eindringlich an. Dann seufzte ich und ging wieder fort. Er war nicht der, auf den wir gewartet hatten.
Die Jahre kamen und gingen in gewohnt geordneten Bahnen, und zur Abwechslung herrschte Ruhe im Westen. Die vernichtende Niederlage hatte die Angarakaner gebändigt, und sie ließen uns weitgehend in Frieden. Chamdar lauerte noch irgendwo, verhielt sich aber unauffällig, und ich war mir sicher, daß er nicht in Cherek auftauchen und Polgara Probleme bereiten würde. Chereker sind wohl die primitivsten und urtypischsten Alorner. Die Drasnier hatten eine vorsichtige Beziehung zu den Nadrakern aufgebaut, und Algarer sind in der Lage, Thulls zu tolerieren; doch Chereker halten hartnäckig an den Vorurteilen gegenüber allen Angarakanern fest Gelegentlich versuchte ich verschiedenen Cherekern zu erklären, warum Vorurteile nicht sonderlich empfehlenswert sind. Ich glaube aber nicht, daß auch nur einer meine Botschaft verstanden hatte, vor allem, weil Belars Botschaft sie zuerst erreicht hatte. Versteht mich nicht falsch, ich mag Belar, aber er ist so stur, bei den Göttern! Manchmal glaube ich, daß der cherekische Haß auf alles Angarakanische ein Werk göttlicher Eingebung ist Es diente jedoch über die Jahre hinweg unserem Zweck, da es Chamdar von Polgara fernhielt.
Die Dritte Borunische Dynastie nahm kein Ende; das allein schon deutete darauf hin, daß etwas Wichtiges geschehen würde. Die Mrin-Weissagung erklärte ziemlich deutlich, daß die Gattin des Göttertöters eine borunische Prinzessin sein würde.
In Arendien verschlechterten sich die Dinge nach und nach. Der Friede, den wir durch Mayaseranas und Kordullins Heirat zwischen Asturien und Mimbre hatten stiften können, bröckelte, hauptsächlich wohl, weil die Mimbrater sich weigerten, die Titel des asturischen Adels anzuerkennen. Das stieß die heißblütigen Asturier vor den Kopf, und es gab eine ganze Reihe häßlicher Zwischenfälle während des fünfzigsten Jahrhunderts.
In Sendarien kehrte der Wohlstand ein, als die jährlichen Viehtriebe nach Muros wiederaufgenommen wurden. Der begrenzte Handel zur Insel der Winde war in vollem Gange, doch fremden Händlern war es nach wie vor verboten, die Stadt Riva zu betreten. Die Ulgoner änderten sich nicht; das liegt in ihrer Natur. Die tolnedrischen Handelsfürsten hatten die Teilnahme der Ulgoner am Krieg gegen Kal Torak als gutes Zeichen angesehen und hofften, daß die Ulgoner einige ihrer Handelsbeschränkungen aufheben würden. Die Ulgoner jedoch zogen sich wieder zurück nach Prolgu, stiegen hinab in ihre Höhlen und schlugen die Tür hinter sich zu.
Die Laune der Nyissaner verschlechterte sich zusehends, da ihre Wirtschaft weitgehend auf Sklavenhandel basierte, und da es keine Schlachten gab, gab es auch keine neuen Sklaven. Nyissaner sind während längerer Friedenszeiten immer übellaunig.
Korzeth hatte Mallorea wiedervereint – so gut es ging. Er hinterließ seinem Sohn ein nominell vereintes Kaiserreich, doch die eigentliche Arbeit, Mallorea zusammenzuschweißen, war Aufgabe der melcenischen Bürokratie und ihrer politischen Linie, alle Völker an der Regierung teilhaben zu lassen.
Kell änderte sich ebensowenig wie Ulgoland.
Da nichts Bedeutendes geschah, nutzte ich die Gelegenheit, zu meinen Studien zurückzukehren. Dabei entdeckte ich erneut etwas, das mich schon zuvor gestört hatte. Es dauert beachtliche Zeit, das Gehirn wieder in Schwung zu bringen, wenn man den Studien eine Weile ferngeblieben ist Studieren ist eine sehr intensive Tätigkeit, und wenn man es eine Zeitlang nicht betrieben hat, muß man meist wieder von vorn anfangen. Ich weiß, daß das jedesmal geschieht, und bin deshalb stets sehr gereizt, wenn mich etwas von meiner geistigen
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