Belgarath der Zauberer
Tochter mitten im Winter zur Insel der Winde schicken?«
»Es ist nicht meine Schuld, daß sie ihren Geburtstag im Winter feiert, Ce’Lanne.«
»Es ist ebenso deine Schuld wie meine!«
Ich hüstelte peinlich berührt.
»Die Rivaner können bis zum Sommer warten!« tobte sie weiter.
»Laut Vertrag muß sie sich an ihrem sechzehnten Geburtstag dort einfinden, Liebes, und Tolnedrer brechen nie Verträge.«
»Unsinn! Du windest dich ununterbrochen aus deinen Verpflichtungen!«
»Dieser Vertrag ist etwas anderes. Es herrscht Frieden, und ich möchte, daß es so bleibt. Sag Ce’Bronne, sie soll packen. Ach, übrigens, das ist der altehrwürdige Belgarath.«
Sie warf mir einen kurzen Blick zu. »Sehr erfreut«, bemerkte sie. Dann fuhr sie mit ihrer Tirade fort und führte alle möglichen Gründe auf, die es ihrer Tochter Ce’Bronne unmöglich machten, die Reise nach Riva anzutreten.
Ich beschloß einzugreifen. Ich wußte, daß Ce’Bronne nicht diejenige war, auf die wir warteten, aber ich wollte nicht, daß die Boruner leichtsinnig wurden, was die Erlasse von Vo Mimbre betraf. »Ich reise selbst nach Riva, Kaiserliche Hoheit«, sagte ich zu Ran Borunes erzürnter kleiner Frau. »Wenn Ihr wünscht, werde ich persönlich Eure Tochter begleiten. Ich kann ihre Sicherheit garantieren und dafür sorgen, daß sie respektvoll behandelt wird.«
»Wie außerordentlich großzügig von Euch«, beeilte sich Ran Borune zu sagen. »Siehst du, Ce’Lanne. Unsere Tochter wird in guten Händen sein. Die Alorner haben gewaltigen Respekt vor dem altehrwürdigen Belgarath. Ich werde persönlich alle Vorbereitungen treffen.« Er machte das sehr geschickt; das mußte man ihm lassen. Er kannte die Kaiserin lange genug, um zu wissen, wie er am besten mit ihr umgehen konnte.
So geleitete ich Ihre kleine Kaiserliche Hoheit, Prinzessin Ce’Bronne, zu ihrer rituellen Vorstellung auf die Insel der Winde und in die Halle der rivanischen Könige; wie die Erlasse von Vo Mimbre es vorschrieben. Ce’Bronne war feurig wie ihre Mutter und verschlagen wie ihre Großnichte. Wenn sie ein Ziel nicht durch Schreien erreichte, dann durch Schmeichelei. Ich mochte sie. Während der ersten Tage an Bord des Schiffes, das uns nach Norden trug, schmollte sie, aber schließlich wurde sie es leid. »Was ist denn dein Problem, kleine Dame?« fragte ich sie, als wir am vierten Tag auf See miteinander frühstückten.
»Ich will keinen Alorner heiraten!«
»Mach dir darüber keine Sorgen«, beruhigte ich sie. »Das brauchst du nicht.«
»Wie könnt Ihr Euch so sicher sein?«
»Der rivanische König ist noch nicht erschienen. Und er wird noch eine Weile auf sich warten lassen.«
»Jeder Alorner, der nach Riva kommt, kann sich als Eisenfausts Erbe ausgeben. Ich könnte gezwungen werden, einen Bürgerlichen zu ehelichen.«
»Nein, Liebes«, beruhigte ich sie. »Zunächst würde kein Alorner das tun. Außerdem würde ein Betrüger die Prüfung nicht bestehen.«
»Welche Prüfung?«
»Der wahre rivanische König ist der einzige, der Eisenfausts Schwert im Thronsaal von der Wand nehmen kann. Ein Betrüger könnte das selbst mit einem Schmiedehammer nicht vollbringen. Dafür sorgt der Orb.«
»Habt Ihr dieses geheimnisumwitterte Juwel je gesehen?«
»Sehr oft, Liebes. Vertrau mir. Du wirst nicht gezwungen, einen Alorner zu heiraten.«
»Bin ich denn nicht gut genug?« brauste sie auf. Sie konnte von einem Herzschlag zum anderen ihre Meinung ändern.
»Das hat damit nichts zu tun, Ce’Bronne«, entgegnete ich. »Die Zeit ist noch nicht gekommen. Zu viele andere Dinge müssen zunächst geschehen.«
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, und ich war mir sicher, daß sie herauszufinden versuchte, ob ich sie beleidigt hatte. »Na ja«, meinte sie schließlich auf eine etwas ungnädige Weise. »Also gut Aber ich habe Euer Wort darauf, alter Mann.«
»So soll es sein, Prinzessin.«
Und so brachte ich die kaiserliche Prinzessin Ce’Bronne rechtzeitig nach Riva. Die alornischen Damen schmeichelten ihr und machten so viele Komplimente, daß sie ein zumindest annähernd höfliches Verhalten an den Tag legte. Sie erschien, wie vertraglich festgelegt, im Thronsaal, wartete die erforderlichen drei Tage, und dann brachte ich sie wieder nach Hause.
»Na also«, sagte ich zu ihr, als wir an den marmornen Kais von Tol Honeth das Schiff verließen, »das war doch gar nicht so schlimm, oder?«
»Nun ja«, erwiderte sie, »ich glaube nicht.« Dann lachte sie ein
Weitere Kostenlose Bücher