Belgarath der Zauberer
bestehen. Kümmere du dich um die deine; ich kümmere mich um die meine. Wir werden versuchen, uns nicht allzuoft auf die Füße zu steigen. Glaub mir, es ist einfacher so. Ich bin schon lange im Geschäft und weiß, wovon ich spreche.« Ich brach das Wachssiegel – das Javelin gewiß sorgfältig wieder angebracht hatte, nachdem er die Botschaft gelesen hatte – und las die Zeilen meiner Tochter.
»Vater«, las ich, »ich bin nun bereit, wieder nach Hause zurückzukehren. Komme nach Yar Nadrak, und bringe viel Geld mit. Mein Besitzer wird einen ansehnlichen Preis für mich verlangen.«
»Was ist der gängige Preis für eine Sklavin in Gar og Nadrak, Khendon?« fragte ich den dürren Drasnier.
»Das hängt von der Frau ab, Heiliger«, erwiderte er, »und davon, wie gut der Käufer handeln kann. Denkt aber daran, daß am Feilschen drei Parteien beteiligt sind.«
»Könntest du das erklären?«
»Die Frau ist auch am Preis interessiert, Belgarath, da sie die Hälfte erhält. Außerdem spiegelt der Preis ihren Wert wider. Da Eure Tochter sehr stolz ist, wird sie auf einem sehr hohen Preis bestehen.«
»Selbst von mit?«
»Es ist ein seltsamer Brauch, Heiliger. Ihr wollt sie doch zurückhaben, nicht wahr?«
»Das hängt davon ab, wieviel sie mich kosten wird.«
»Belgarath!« Er klang schockiert.
»Ein kleiner Scherz, Khendon. Nenne mir einfach eine runde Summe. Ich habe mehrere zehn Unzen schwere Goldbarren irgendwo in meinem Turm. Wie viele soll ich mitnehmen?«
»Ein Dutzend mindestens. Weniger wäre beleidigend.«
»Du genießt das, nicht wahr?«
»Ihr habt mir die Frage gestellt, Belgarath. Ich versuche nur, hilfreich zu sein.«
»Danke«, knurrte ich. »Wie heißt ihr Besitzer?«
»Gallak, Heiliger. Er ist ein Kaufmann, der mit Fellen handelt. Daß er der Besitzer Eurer Tochter ist, verleiht ihm einiges Ansehen; deshalb wird er sie nicht billig hergeben. Laßt Euch raten und bringt ausreichend Geld an den Verhandlungstisch.«
Ich erhob mich. »Kümmere dich hier um die Angelegenheiten, Khendon. Ich werde die Zwillinge bitten, dich abzulösen, sobald ich im Tal angekommen bin.«
»Wie Ihr wünscht, Heiliger.«
Ich verließ Annath, nahm die Gestalt des Falken an und flog direkt zum Tal. Dort sprach ich kurz mit den Zwillingen; dann durchsuchte ich meinen Turm und fand schließlich meinen Stapel Goldbarren
– hinter einem Bücherregal, falls ihr euch das vorstellen könnt Ich packte zwanzig Barren - etwa zwölf und ein halbes Pfund – in eine Satteltasche; dann wandte ich mich nach Norden auf der Suche nach einem algarischen Klan, bei dem ich ein Pferd erstehen konnte. Auf diese Weise hatte ich mich während all der Jahre den Algarern schon einige Male aufgedrängt. Ich ritt entlang der sendarischen Grenze und erreichte nach ein paar Tagen Aldurford. Anschließend folgte ich der Großen Nordstraße bis zum Damm, der durch die Marschen nach Boktor führt. Dort erstand ich drasnische Kleidung. Dann überquerte ich die Marschen zur nadrakischen Grenze.
»Welche Geschäfte führen Euch nach Gar og Nadrak?« fragte mich einer der Grenzwachen, nachdem er mich aufgehalten hatte.
»Meine Geschäfte sind meine Sache, Freund«, erwiderte ich kurz angebunden. »Ich will nach Yar Nadrak, um dort etwas zu kaufen. Dann bringe ich es zurück nach Boktor, um es dort zu verkaufen. Ich habe alle erforderlichen Dokumente, wenn du sie sehen willst.«
»Es ist Brauch, sich erkenntlich zu zeigen«, sagte er erwartungsvoll.
»Ich folge nicht sklavisch den Bräuchen«, erwiderte ich. »Vermutlich sollte ich erwähnen, daß König Drosta ein persönlicher Freund von mir ist.« In Wahrheit bin ich Drosta nie begegnet doch es kann recht nützlich sein, gelegentlich den einen oder anderen Namen zu erwähnen.
Der Wachtposten bekam einen leicht furchtsamen Gesichtsausdruck.
»Ich frage mich, wie dein König wohl darauf reagieren wird, wenn ich ihm berichte, daß seine Grenzwachen Bestechungsgelder entgegennehmen«, fügte ich hinzu.
»Das würdet Ihr ihm doch nicht mitteilen, oder?«
»Nicht, wenn du mich die Grenze passieren läßt, ohne weitere Schwierigkeiten zu machen.«
Verdrossen öffnete er die Schranke und ließ mich durch. Vermutlich hätte ich ihn bezahlen können, doch Rablek und ich hatten so hart gearbeitet, um an das Gold zu kommen, daß es mir widerstrebte, etwas davon zu vergeuden.
Nun wandte ich mich auf der Nördlichen Karawanenstraße gen Osten und war etwa eine Woche unterwegs, ehe ich die
Weitere Kostenlose Bücher