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Belgarath der Zauberer

Belgarath der Zauberer

Titel: Belgarath der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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erklärte sie, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. »Während meines ersten Winters, als ich noch ein junges, dummes Ding war, jagte ich ein Kaninchen, das wie ein Welpe im Schnee herumstrampelte, und eine große weiße Eule stieß aus der Luft herunter und riß mir das Kaninchen aus der Schnauze. Sie trug es zu einem Baum in der Nähe und fraß es auf. Dabei ließ sie ein paar Brocken für mich hinunterfallen. Damals dachte ich, daß es eine feine Sache wäre, eine Eule zu sein.«
    »Töricht«, knurrte ich.
    »Vielleicht«, erwiderte sie teilnahmslos und putzte dabei ihre Schwanzfedern, »aber es bereitet mir Freude. Vielleicht wähle ich eines Tages eine andere Gestalt, die mir noch mehr Freude macht.«
    Jene von euch, die meine Tochter kennen, werden jetzt ihre Beziehung zu dieser besonderen Gestalt verstehen. Weder Polgara noch meine Frau wollen mir verraten, wie sie miteinander in Verbindung standen während dieser schrecklichen Jahre, als ich dachte, ich hätte Poledra für immer verloren. Aber offensichtlich bestand eine Verbindung, und Poledras Vorliebe für Eulen färbte ab. Aber ich eile den Ereignissen voraus.
    Während der kommenden Jahrhunderte ging es im Tal recht ruhig zu. Wir hatten die meisten Dinge, die später für uns bereit sein sollten, in Bewegung gesetzt, und nun hatten wir nicht mehr viel zu tun.
    Wie ich erwartet hatte, brannte Tol Nedrane völlig nieder, und schließlich zahlte es sich aus, daß ich dem Patriarchen der Honethite-Familie so zugesetzt hatte. Einem seiner Nachkommen – ein kleiner Beamter damals noch – war der Hang zum Maurerhandwerk angeboren; darauf hatte ich seinerzeit ja besonders großen Wert gelegt. Nachdem er die eingeäscherte Stadt betrachtet hatte, überzeugte er die anderen, daß Stein nicht so schnell brannte wie Baumstämme und Ried. Stein ist allerdings schwerer als Holz; deshalb mußte man die sumpfigen Stellen auf der Insel mit Geröllmasse auffüllen. Ungeachtet des heftigen Protests der Fährleute, errichtete man zwei Brücken, die eine zum Südufer, die andere zum Nordufer.
    Nachdem sie den Sumpf mit Geröll aufgefüllt hatten, machten sie sich an die Arbeit. Um ehrlich zu sein, war es uns gleichgültig, ob die Bürger von Tol Honethite in Steinhäusern lebten oder in Holzhütten. Für uns waren die Arbeitergruppen wichtig. Sie bildeten die Grundlage für die Legionen, und die brauchten wir später. Bausteine zu tragen ist für einen Mann zu schwer – wenn man nicht die besonderen Fähigkeiten besitzt wie ich oder meine Brüder. Deshalb bestand eine Arbeitsgruppe aus zehn Männern, und aus diesen ursprünglichen Gruppen wurde ein fester Verband. Wenn größere Steine bewegt werden mußten, vereinten sie sich zu zehn Gruppen von je zehn Männern – eine Kompaniestärke. Und wenn sie die riesigen Grundsteine setzen mußten, schlossen sich hundert Gruppen zu je zehn Männern zusammen – und das macht eine Legion. Sie mußten lernen, miteinander zu arbeiten, damit es keine Pannen gab, und sie lernten, Befehle von den Aufsehern entgegenzunehmen. Ich bin sicher, ihr versteht, was ich meine. Mein Honethite wurde der oberste Aufseher des gesamten Projekts. Ich bin immer noch irgendwie stolz auf ihn – obwohl er ein Honethite war.
    Tolnedra war damals bei weitem nicht so zivilisiert wie heute – falls man Ce’Nedra überhaupt zivilisiert nennen mag. In jeder Gesellschaft gibt es Leute, die lieber anderen etwas wegnehmen, als selbst dafür zu arbeiten, und in Tolnedra war das nicht anders. Es gab Banden räuberischer Banditen im ganzen Land, und wenn eine dieser Banden versuchte, die Südbrücke zu überqueren, um Tol Nedrane zu plündern, befahl mein Steinmetz seinen Arbeitstrupps, die Werkzeuge fallen zu lassen. Der Rest ist, wie man so sagt, Geschichte. Mein Protege erkannte sofort, was er geschaffen hatte, und der Traum von einem Imperium war geboren.
    Nachdem der honethitische Steinmetz die Kontrolle über ein Gebiet von etwa sechzig Meilen in alle Richtungen hatte, änderte er den Namen der Stadt in Tol Honethite und verlieh sich selbst den Titel Ran Honethite I., Herrscher über Tolnedra – ein ziemlich hochtrabender Titel für einen Mann, dessen ›Imperium‹ nur etwa tausendzweihundert Quadratmeilen umfaßte, das gebe ich gern zu; aber es war immerhin ein Anfang. Ich war recht zufrieden, wie sich alles entwickelte.
    Ich hatte allerdings keine Zeit, herumzusitzen und mir selbst auf die Schulter zu klopfen, denn in diesen Jahren

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