Bell ist der Nächste
Schüsseln.
»… und dann hat sich auch noch mein Handy abgemeldet. Akku leer. Könnte ich vielleicht kurz Ihres leihen? Ich muss meinen Dad anrufen, damit er mich abholen kommt …«
Kaffeebecher. Gläser. Ein Schnapsglas mit einem Kleeblatt darauf. Ein Messingschlüssel im Schnapsglas.
Ich griff danach und lief zur Wäschekammer. Draußen führte Sarah ein imaginäres Telefongespräch mit der Sekretärin ihres Vaters. Die Sekretärin hatte sie gebeten, dranzubleiben und zu warten. »Er ist in einer Konferenz«, sagte sie zu Beckett. »Um diese Zeit. Er ist ein absoluter Workaholic. Ich schwöre, man könnte ihn niederschießen, und am nächsten Tag säße er wieder am Schreibtisch.«
Ich rannte die Kellertreppe hinunter. Der Schlüssel glitt ins Schloss. Aber er ließ sich nicht drehen. Ich ruckelte damit hin und her, zog ihn ein winziges Stück heraus, und dann klappte es. Ich drückte meine Schulter gegen die Tür, und sie ging scharrend auf.
Drinnen war es dunkel. Noch ein zugenageltes Fenster. Ich konnte den Umriss des Heizkessels sehen. Den Wasserboiler. Sonst nichts. Ich verbrauchte Sekunden mit der Suche nach einem Deckenlicht. Sechzig Watt erleuchteten den Raum. Nicht ein Fetzen von Isolierband auf dem Fußboden. Lucy war niemals hier drin gewesen.
Ich löschte das Licht und verschloss die Tür. Benutzte mein Taschentuch, um meine Fingerabdrücke vom Schlüssel abzuwischen, während ich die Treppe hinaufrannte.
Draußen bedankte sich Sarah bei Beckett dafür, dass er ihr gestattet hatte, sein Telefon zu benutzen.
Ich steckte den Schüssel wieder in das Schnapsglas und schloss die Tür des Wandschranks. Beckett bot Sarah an, mit hereinzukommen und dort auf ihren Vater zu warten.
»Nein, danke«, sagte sie. »Ich warte an der Ecke auf ihn.«
Ich benutzte das Taschentuch, um drinnen den Türknauf zu drehen und den Knauf draußen abzuwischen. Die Tür ließ ich angelehnt.
Von der hinteren Veranda aus konnte ich Becketts Schritte hören, die sich näherten.
Ich machte zwei Schritte bis zum Verandageländer und sprang hinüber. Landete gut, abgesehen vom stechenden Schmerz in meiner Seite. Dann sprintete ich an der Hausseite entlang, entdeckte eine Tür im Zaun und dachte einen angstvollen Moment lang, sie sei verschlossen.
Ich hob den Riegel und marschierte hindurch. Als ich den Gehsteig vorm Haus erreicht hatte, blickte ich nach links. Entdeckte Sarah, die ihr Fahrrad gerade um die Ecke schob. Ich musste sie einholen, konnte aber die Einfahrt nicht überqueren. Also musste ich einen Umweg machen.
Ich lief schließlich durch den Nachbargarten und erreichte die Fountain Street von hinten. Sarah wartete bereits neben meinem Wagen.
Wir verstauten ihr Fahrrad im Kofferraum. Diesmal fuhr ich. Mein Atem ging stoßweise, und mein Gehirn sandte lauter Botschaften über die Kunst des Springens und Laufens an die Wunde in meiner Seite.
»Das war mutig, aber blöd«, sagte ich.
»Sehe ich auch so«, sagte Sarah.
»Wirklich?«
»Ich nehme an, wir sprechen darüber, dass du in das Haus von diesem Mann eingebrochen bist.«
Ich sah zu ihr hinüber und entdeckte ein kühles Lächeln auf ihren Lippen. Sie erinnerte mich an ihre Mutter.
»Ich rede von dir«, sagte ich sanft. »Mir zu folgen. Das hättest du nicht tun dürfen. Was, wenn er sich deinen Reifen mal ein bisschen genauer angesehen hätte?«
»Er hätte gesehen, dass ich einen Platten habe«, sagte sie. »Ich habe die Luft rausgelassen.«
»Wann hast du denn das gemacht?«
»Sobald ich da war. Manche planen ja auch ein bisschen voraus.«
Über uns spannte sich der graue Himmel, und ein paar vereinzelte Regentropfen fielen von den Bäumen.
»Warum hast du so lange gebraucht?«, fragte sie.
Ich erzählte ihr von der verschlossenen Tür im Keller.
»Also, keine Lucy«, sagte sie. »Wo, glaubst du, steckt sie?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber du glaubst immer noch, er hat sie entführt – wie hieß er noch gleich?«
»Alan Beckett«, sagte ich und fuhr langsamer, als ich in unsere Straße einbog. »Er ist Callie Spencers Berater. Ich glaube, wenn er es nicht selbst gewesen ist, so steckt er auf jeden Fall dahinter. Oder er weiß zumindest von der Sache.«
»Und er hält sie irgendwo gefangen«, sagte Sarah. »Oder jemand anders tut es.«
Ihr Tonfall war ruhig, nüchtern. Aber in Wirklichkeit stellte sie eine Frage. Eine Frage, die ich mir auch schon gestellt hatte. Wenn Beckett und die Spencers Lucy Navarro aus dem Weg haben wollten, gab
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