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Bell ist der Nächste

Bell ist der Nächste

Titel: Bell ist der Nächste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Dolan
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anfühlte, als hätte es gerade einmal zehn Grad.
    Sie blickte auf den dichten Verkehr auf der Fifth Avenue – Leute, die ins Wochenende aufbrachen. Ein paar Studenten waren zu Fuß unterwegs, in kurzen Hemden und Shorts. Auf der anderen Straßenseite vor einer alten Feuerwache stand ein junger Mann. Er trug schwarze Jeans und einen schwarzen Rollkragenpulli. Das pomadige schwarze Haar hatte er sich aus der hohen blassen Stirn zurückgekämmt.
    Elizabeth lauschte dem Geräusch von Carters Tastatur, während er das Protokoll des Gesprächs mit Anthony Larks Mutter am Vortag tippte.
    Ohne sich umzudrehen, sagte sie: »Da unten auf dem Bürgersteig steht ein junger Typ, ganz in Schwarz gekleidet. Wie findest du das?«
    Keine Unterbrechung im Schreibrhythmus. »Wie ich das finde? Na ja, wir leben in einer Universitätsstadt.«
    »Aber es ist schrecklich heiß. Der muss ja verschmachten.«
    »Vielleicht hält ihn die Leere in seinem Kopf ja kühl.«
    Elizabeth berührte die von der Sonne beschienene Scheibe. »Was, wenn ich dir sage, dass er eine Bowlingtasche bei sich hat?«
    »Darin hat er wahrscheinlich einen abgetrennten Kopf verstaut.« Die Tippgeräusche brachen ab. »Hat er wirklich eine Bowlingtasche dabei?«
    »Nein, aber einen Rucksack. Man kann einen Kopf auch in einem Rucksack herumtragen.«
    Sie hatten den Vormittag bei Helen Lark zu Hause verbracht, hatten die Habseligkeiten durchsucht, die ihr Sohn hinterlassen hatte, und seinen Altar für Susanna Marten und Callie Spencer fotografiert.
    Die Polizei von Dearborn hatte sich bereit erklärt, ein Auge auf das Haus zu haben, aber Elizabeth glaubte nicht, dass Lark noch einmal dort auftauchen würde. Er schien sich versteckt zu halten. Eine Beschreibung von ihm und von seinem Auto war im Rahmen einer Fahndungsmeldung an Dienststellen in ganz Michigan und in den Nachbarstaaten gegangen.
    Um ein Uhr mittags hatten sich Elizabeth und Shan mit Polizeichef McCaleb in seinem Büro getroffen, zusammen mit mehreren anderen Detectives aus ihrer Abteilung. McCaleb überbrachte ihnen die Neuigkeit von Paul Rhiners Selbstmord. Eine Krankenschwester hatte entdeckt, dass Rhiner nicht in seinem Bett lag. Im Badezimmer hatte sie ihn gefunden. Mit seinem Gürtel hatte er sich an einem Heizungsrohr erhängt.
    »Ich habe gerade mit dem Bezirksverwalter vom Chippewa County gesprochen«, sagte McCaleb. »Ihm ist ganz anders zumute. Binnen drei Tagen hat er einen Sheriff und einen Deputy verloren. Er würde gern glauben, dass Walter Delacorte ein Held war, der starb, als er versuchte, einen Mörder dingfest zu machen. Diese Version funktioniert besser, wenn Lark derjenige war, der ihn erstochen hat. Besteht eine Möglichkeit, dass das wahr ist?«
    Elizabeth schüttelte den Kopf. »Im Labor hat man zwei unterschiedliche Fingerabdrücke auf dem Montierhebel gefunden, die von Delacorte und die von Rhiner. Keine von Lark. Die Indizien deuten auf einen Kampf zwischen Delacorte und Rhiner.«
    »Sie glauben, die beiden haben darüber gestritten, was mit Lark zu tun ist?«, fragte McCaleb.
    »Nur so ergibt es irgendeinen Sinn.«
    »Wir wissen, dass Rhiner Schuldgefühle hat, weil er Terry Dawtrey auf dem Friedhof erschießen musste«, sagte McCaleb. »Er hat Lark für das, was passiert ist, verantwortlich gemacht. Könnte er vielleicht vorgehabt haben, ihn zu töten?«
    »Es wäre die einfachere Lösung«, sagte Elizabeth, »und ich vermute, es würde auch den Bezirksverwalter des Chippewa Countys glücklich machen – dann könnte er nämlich Delacorte nach wie vor als Helden dastehen lassen.«
    »Aber Sie glauben das nicht.«
    »Nein. Als ich vor einer Woche mit Walter Delacorte sprach, war er felsenfest davon überzeugt, dass Lark niemals auf dem Friedhof war. Aber er hat sich die ganze Mühe gemacht, ihn ausfindig zu machen – ohne irgendjemanden darüber zu informieren. Ich glaube nicht, dass er vorhatte, ihn festzunehmen.«
    »Aber was war Delacortes Motiv? Warum war er hinter Lark her?«
    »Das wissen wir noch nicht«, sagte Elizabeth.
    Owen McCaleb stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und rieb sich mit den Händen übers Gesicht. »Also gut«, sagte er. »Machen wir weiter. Was ist mit der Reporterin?«
    Die Detectives Ron Wintergreen und Harvey Mitchum leiteten die Suche nach Lucy Navarro. Sie waren ein ungleiches Paar: Wintergreen war einunddreißig, groß und schlank, ernst und reserviert, Mitchum war zwanzig Jahre älter, korpulent, umgänglich und

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