Bell ist der Nächste
und sprang über das Geländer der Laube, landete im Gras. Der Aufprall fuhr wie ein Stromschlag zu der Wunde an meiner Seite. Ich rannte los und sah, wie Lark die Fahrertür öffnete. Ich wusste nicht, wer von uns Callies Häuschen zuerst erreichen würde.
47
Lark hatte eigentlich zu Mira fahren wollen, aber unterwegs war ihm klar geworden, dass er das nicht mehr schaffen würde.
Das Blut hatte sein weißes Hemd rot gefärbt. Er knöpfte sein Jackett zu, um es zu verstecken, bevor er aus dem Wagen stieg. Seine Schuhe berührten das Gras. Es gab unter ihm nach, als ob er darin versinken würde. Er stützte eine Hand auf den Autositz, um sich hochzustemmen, und seine Hand kam glitschig und dunkel wieder zurück.
Die frische Luft belebte ihn wieder ein wenig, obwohl er sie lieber kühler gehabt hätte. Er hätte gerne mehr Gefühl in den Beinen gehabt, aber immerhin konnte er auf die Tür des Gartenhauses zugehen. Er zog seine Ärmel lang, und diese Geste brachte ihn zum Lächeln.
Vielleicht hättest du Blumen mitbringen sollen.
Lark wirkte jung in dem Anzug, wie ein Junge bei seinem ersten Rendezvous. Er bewegte sich etwas steif darin. Ich überlegte, ob er betrunken war.
Der Rasen fiel leicht ab, und ich wurde immer schneller, während ich mich ihm näherte. Ich rief ihn beim Namen, und erst jetzt schien er mich wahrzunehmen. Er grinste. Daran erinnere ich mich. Wie wenn man unerwartet einen alten Freund trifft.
Da wusste ich schon, dass irgendetwas nicht stimmte, aber es war zu spät, noch zu stoppen. Ich fiel quasi in ihn hinein, und beide wurden wir gegen die Seite von Callie Spencers silbernem Ford katapultiert.
Sein Kopf ruckte durch den Aufprall zur Seite, und seine Augen schlossen sich. Ein keuchender Atemzug entrang sich ihm. Das Grinsen war von seinem Gesicht verschwunden, aber dann kam es wieder zurück. »Ich wünschte wirklich, Sie hätten das nicht getan«, sagte er.
Ich trat zurück und sah das Blut auf seinen Händen. »Was ist los?«
Keine Antwort. Sein Atem flach. Ich öffnete die Knöpfe seines Jacketts und sah sein blutgetränktes Hemd. Ein kleines Loch im Stoff, ein paar Zentimeter über seinem Nabel. »Wer war das?«, fragte ich.
Da öffnete er die Augen und legte die rechte Hand auf die Wunde. Er musterte mich.
»Diesmal haben Sie eine Schusswaffe dabei«, sagte er halb amüsiert. »Zu spät.«
Ich legte die Waffe auf die Kühlerhaube von Callies Ford.
»Wer hat auf Sie geschossen?«, fragte ich noch einmal.
Er überlegte angestrengt. Seine Miene verdunkelte sich. Hilflos sah er sich um. »Wie hieß er noch?« Er schlug sanft auf seine Jacketttasche. »Ich hab’s aufgeschrieben.«
Er fischte ein Notizbuch aus der Tasche, öffnete es. Reichte es mir.
Ich las die Liste. Drei vertraute Namen: Kormoran, Bell, Dawtrey. Und ein vierter.
»Matthew Kenneally«, sagte ich.
»Der war’s.«
»Er ist einer von den Bankräubern?«, sagte ich.
Lark nickte abwesend. »Jetzt wird es kühler«, sagte er dann, »der Wind.«
Aber der Wind war keineswegs kühler. Ich holte mein Handy heraus und wählte den Notruf.
»Das müssen Sie nicht«, sagte Lark. »Sie hat schon angerufen.«
Er sah zu dem Gartenhaus hinüber. Ich drehte mich um und erblickte Callie Spencer. Sie klappte ihr Handy zu und kam die Stufen herunter.
»Der Krankenwagen ist auf dem Weg«, sagte sie mit leiser Stimme. »Wie schlimm steht es um ihn?«
Wie zur Antwort glitt Lark an Callies Wagen herunter und landete schwer auf dem Boden.
Ich kniete mich neben ihn, schob mein Handy wieder in die Tasche. Er hatte beide Hände auf der Wunde liegen, und ich presste meine Hände gegen seine.
»Kühler«, sagte er. »Nein. Das ist nicht richtig.«
Callie strich ihm das Haar aus der Stirn.
»Kühltruhe«, sagte Lark. »Er hat eine Kühltruhe in seiner Garage.«
»Wer?«, fragte ich. »Kenneally?«
Ein fast unmerkliches Nicken. »Er hat auch einen Kleinbus. Er sagt, der wäre grau, aber ich traue ihm nicht. Ich glaube, der ist blau.«
Ich beugte mich näher zu ihm. »Kenneally hat einen blauen Kleinbus?«
»Und eine Kühltruhe. Ich konnte sie nicht öffnen. Es tut mir leid.«
Larks Notizbuch lag auf dem Kies. Die Seiten flatterten im Wind.
Ich hörte ein leises Geräusch hinter mir. Harlan Spencers Rollstuhl.
Weit entfernt hörte ich die ersten Klänge einer Sirene.
Lark lehnte seinen Kopf zurück an den Wagen und lächelte Callie Spencer an. »Ich glaube nicht, dass ich es bis zu den Redwoods schaffe«, sagte er.
Weitere Kostenlose Bücher