Bell ist der Nächste
denn nicht naheliegend, davon auszugehen, dass diese drei Fälle in Beziehung zueinander stehen?«
Nachdenklich fuhr sich der Sheriff mit der Zunge über die Lippen.
»Ich bezweifle gar nicht, dass sie in Beziehung zueinander stehen«, sagte er. »Vielleicht haben Sie es mit einem Trittbrettfahrer zu tun, der davon gehört hat, dass Dawtrey erschossen worden ist. Vielleicht hat er sich gedacht, jemand sollte auch Kormoran und Bell erledigen – und fand, dass er der richtige Mann dafür ist. Aber damit nicht genug. Er wollte auch für die Dawtreys verantwortlich sein. Also hat er sich diese Story ausgedacht.«
»Dann ist es bloß Fiktion?«
»Was die Dawtreys anbelangt, ja. Ich habe keinerlei Grund, etwas anderes anzunehmen.«
Die Kellnerin kam vorbei, um Kaffee nachzuschenken, und Delacorte gab reichlich Milch und Zucker in seine Tasse.
»Können wir über die Beweise reden?«, fragte Elizabeth.
Delacorte rührte seinen Kaffee um. »Sie sind die ganze Strecke gefahren. Wir können reden, worüber Sie wollen.«
Elizabeth zog eine Locke lang und sagte: »Ich interessiere mich für Kyle Scudder, den Mann, der, wie Sie glauben, Charlie Dawtrey getötet hat. Sie sagten, sie haben sich geprügelt. Was war der Auslöser dafür?«
»Na ja, das Übliche«, sagte Delacorte. »Es ging um eine Frau. Madelyn Turner. Sie war eine Weile mit Dawtrey verheiratet, ist Jahre her. Sie haben einen Sohn, ungefähr fünfzehn Jahre alt. Der Junge ist bei ihr geblieben, nachdem die Ehe gescheitert ist.«
»Warum ist sie gescheitert?«
»Sie sollten besser fragen, warum sie überhaupt geschlossen worden ist. Charlie Dawtrey ging schon auf die sechzig zu, als er Madelyn kennenlernte, sie muss damals etwa vierzig gewesen sein oder so. Er war nicht gerade eine gute Partie. Hat sein Leben lang nur miese Jobs gehabt. Und Madelyn galt seinerzeit als Schönheit. Sie hatte einen Haufen Männer. Einige davon wohlhabend und erfolgreich.
Sie blieb ungefähr drei Jahre mit Dawtrey zusammen, und dann war sie sieben Jahre lang mit einem Mann namens Alden Turner liiert, bis zu dessen Tod.«
Delacorte nahm einen Schluck Kaffee, bevor er fortfuhr. »Ich glaube nicht, dass Dawtrey jemals über sie hinweggekommen ist. Sie blieben in Kontakt – immerhin hatten sie einen gemeinsamen Sohn. Vor ein paar Monaten begann Kyle Scudder sich mit ihr zu treffen. Vermutlich hat er gar nicht gewusst, dass sie um einiges älter ist. Madelyn ist inzwischen Mitte fünfzig, aber sie versucht, jünger auszusehen. Scudder ist zweiundvierzig. Sie haben sich kennengelernt, als er ihren Garten zu Hause angelegt hat. Da hat er sich in sie verliebt. Ist wohl eifersüchtig geworden auf die Zeit, die sie mit Charlie Dawtrey verbracht hat. Er hat sie an dem Abend zusammen im Cozy Inn erwischt. Die Prügelei ging los, als Charlie Madelyn auf eine Weise berührt hat, die Kyle nicht gefiel.«
»Was hat Scudder dazu zu sagen?«, fragte Elizabeth. »Hat er gestanden, Dawtrey getötet zu haben?«
»Nein. Er sagt, dass er die ganze Nacht bei Madelyn zu Hause war.«
»Und was sagt sie?«
»Anfangs sagte sie, Scudder sei ihr vom Cozy aus nach Hause gefolgt, aber sie habe ihn nicht reingelassen – weil sie wütend darüber gewesen sei, wie er Charlie behandelt habe. Dann hat sich ihre Geschichte geändert. Plötzlich hat sie die Nacht mit Scudder verbracht.«
An dieser Stelle mischte ich mich ein. »Wieso diese Änderung?«
Delacorte sah mich an, als hätte er mich inzwischen vergessen. Es war ein kühler, abschätziger Blick, der mir klarmachen sollte, dass ich hier fehl am Platz war: jemand, der an einer Unterredung teilnahm, bei der er streng genommen nichts verloren hatte. Nur weil er Elizabeth gegenüber höflich bleiben wollte, hatte Delacorte mir gestattet, dabei zu sein.
Er lächelte kurz, um mich wissen zu lassen, dass er so freundlich sein würde, meine Frage zu beantworten.
»Mr Loogan«, sagte er, »wenn ich verstehen würde, warum Frauen sich verhalten, wie sie sich verhalten, hätte ich einen besseren Job als den, den ich habe. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, Madelyn hat beim ersten Mal die Wahrheit gesagt. Aber als ihr klar wurde, in was für einen Schlamassel Scudder geraten war, beschloss sie, ihn zu decken.«
»Wie steht’s mit Zeugen?«, fragte Elizabeth.
»Dawtrey hat allein in einer Hütte im Wald gelebt. Keine Nachbarn. Niemand hat irgendetwas gehört oder gesehen.«
»Mordwaffe?«
»Am Tatort wurde nichts gefunden. Der Gerichtsmediziner
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