Bell ist der Nächste
ausdruckslos an und schwieg.
»Jetzt seien Sie doch nicht so zugeknöpft, Loogan. Sie und ich, wir können uns doch gegenseitig helfen. Irgendetwas läuft hier doch. Und zwar mehr, als dass sich ein Verrückter mit einem Gewehr auf einem Hügel herumdrückt. Was halten Sie von Callie Spencer?«
»Was halten Sie von ihr?«
»Sie waren heute Abend bei der Party«, sagte Lucy.
»Woher wissen Sie das denn nun schon wieder?«
»Klatsch, Loogan. Also was denken Sie? Haben Sie mit ihr geredet?«
»Ein paar Minuten.«
»Was war Ihr Eindruck?«
»Sie ist eine Politikerin. Sie will gewählt werden.«
»Will sie es so sehr, dass sie einen Verrückten mit einem Gewehr losschickt, um Terry Dawtrey zu töten? So sehr, dass sie ihn Henry Kormoran und Sutton Bell auf den Leib hetzt?«
Ich betrachtete ihr Gesicht. Ihre grünen Augen starrten zu mir zurück. »Das ist doch nicht Ihr Ernst«, sagte ich.
»Warum nicht?«
»Das ergibt doch keinen Sinn. Warum sollte sie wollen, dass die drei tot sind?«
»Um sie aus dem Weg zu haben.«
»Sie waren ihr gar nicht erst im Weg«, entgegnete ich. »Dawtrey war im Gefängnis. Kormoran und Bell führten ein unscheinbares Leben. Sie waren eine Fußnote in Callie Spencers Leben: die Männer, die die Great Lakes Bank ausgeraubt und ihren Vater in einen Rollstuhl verbannt haben.«
»Aber was, wenn sie eine Bedrohung für sie darstellten?«, fragte Lucy.
Ich betrachtete sie noch eingehender. Lehnte mich zurück und legte die Füße auf meinen Schreibtisch.
»Was wissen Sie?«, sagte ich.
»Das klingt schon besser, Loogan. Sie fangen an, mich ernst zu nehmen. Sagen Sie mir eins. Wenn Sie versuchen würden, Callie Spencer anzurufen, würde sie Ihren Anruf entgegennehmen?«
»Warum fragen Sie?«
»Weil sie mich abblitzen lässt. Ich bin schon ganz verzweifelt. Wenn ich Ihnen sage, was ich über Terry Dawtrey weiß, werden Sie dann versuchen, mir einen Kontakt zu ihr herzustellen?«
Ich sah sie streng an. »Was wissen Sie über Dawtrey?«
»Rufen Sie sie an?«
»Ich bezweifle, dass das irgendetwas bringt.«
»Aber werden Sie es versuchen?«
»Ja. Erzählen Sie mir von Dawtrey.«
Sie wandte sich ab, und ihre Stimme wurde leise. »Ich glaube, ich bin für seinen Tod verantwortlich.«
21
Anfangs erzählte sie die Geschichte stockend. Ihr Blick wanderte dabei von den Aktenschränken zu den Bücherregalen und weiter zum Fenster. Aber dann wurde sie immer erregter, sie stand auf und lief im Zimmer hin und her.
»Ich habe im Frühjahr mit Dawtrey gesprochen«, erzählte sie, »ein paar Wochen bevor er gestorben ist. Genau in der Zeit, als Callie Spencer die Vorwahlen in ihrer Partei gewonnen hat. Der Current wollte eine Story über den Great-Lakes-Bankraub – die sensationellste Geschichte in Callie Spencers Leben bislang. Pures Boulevard-Material. Man hatte zuvor schon Reporter zu Dawtrey geschickt, um ihn zu interviewen, aber niemand war an ihn herangekommen. Er wollte einfach nicht reden. Zumindest behaupteten das die Leute im Gefängnis.«
Sie hatte sich nicht davon abhalten lassen und so getan, als wäre sie seine Kusine. Sie hatte tatsächlich einen Besuchstermin bekommen. Der Besucherraum in Kinross sei ein trostloser Ort, sagte sie. Überfüllt und laut. Sie habe Dawtrey abseits in einer Ecke entdeckt. Als Erstes seien ihr blaue Flecken um sein linkes Auge herum und ein Schnitt direkt über seiner Augenbraue aufgefallen.
»Was ist denn mit Ihnen passiert?«, fragte sie ihn.
Er hob eine Hand und wollte schon sein Gesicht berühren, hielt dann aber inne und legte die Hand wieder auf den Tisch
»Nichts ist passiert«, sagte er.
»Sie können es mir ruhig erzählen«, sagte sie. »Ich bin Reporterin.«
Seine Augen wurden jetzt lebendiger. »Ist das Ihr Ernst«, sagte er. »Und ich habe gedacht, Sie sind meine Kusine.«
»Wenn jemand Sie geschlagen hat, kann ich Ihnen helfen«, sagte sie.
Da lächelte er. »Was wollen Sie denn tun, Kusinchen? Es in die Zeitung bringen? Typ im Gefängnis wurde zusammengeschlagen – das ist doch keine Nachricht.«
Sie wollte schon antworten, aber er kam ihr zuvor. »Hinter was sind Sie denn nun her? Wollen Sie meinen Hit hören?«
»Ihren Hit?«
»Die Great Lakes Bank. Das ist der einzige Song, den ich je singen werde. Sie sind deswegen hier?«
Sie bejahte.
»Was ist Ihr Ansatz?«
Sie wusste nichts zu antworten.
»Sind Sie wegen Callie Spencer hier?«, kam er ihr entgegen.
»Ja. Sie kandidiert für den Senat.« Lucy fühlte sich
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