Bell ist der Nächste
keineswegs für Peter Fletcher interessiert, und ich bin auch nicht derjenige, der in Ihr Büro eingebrochen ist.«
»Wie Sie wollen. Für mich ist das auch in Ordnung«, sagte ich. »Solange wir uns richtig verstehen. Ich möchte nur nicht irgendwann erfahren, dass irgendein armer Kerl namens Peter Fletcher in einer dunklen Nacht von der Straße gedrängt wird, weil ich eine Story unter seinem Namen veröffentlicht habe.«
»Sie haben eine sehr lebhafte Fantasie, Mr Loogan.«
»Ja, das stimmt. Und was Lucy Navarro anbelangt, ich kann schon verstehen, dass sie für Sie ein Dorn im Auge ist, aber ich muss gestehen, ich habe sie ein wenig lieb gewonnen. Ob sie mit ihrer Recherche nun weitermacht oder nicht, ist vollkommen ihre Sache – ich habe nicht vor, sie in der einen oder anderen Weise zu beeinflussen. Aber falls ihr irgendetwas zustößt, dann, fürchte ich, wird meine Fantasie mit mir durchgehen. Ich würde vielleicht auf die Idee kommen, dass da eine fein gesponnene Verschwörung am Werk ist und dass Sie die Fäden ziehen.«
»Ich glaube, Sie haben zu viele Storys gelesen, Mr Loogan.«
»Ich erzähle Ihnen nur, wie es ist. Was sagten Sie noch über den Senator – Sie fühlen sich für ihn verantwortlich? Das Gleiche gilt auch für mich und Lucy Navarro. Was Lucy anbelangt, so steht sie unter meinem Schutz.«
Beckett stützte sich auf den Knien ab und stemmte sich aus seinem Sessel. »Eine noble Einstellung«, sagte er, »aber ich kann Ihnen versichern, dass Ms Navarro von meiner Seite nichts zu befürchten hat. Ich würde Sie gern davon überzeugen, aber ich möchte Ihre Zeit nicht länger beanspruchen.«
Er nickte zum Abschied und wandte sich zum Gehen. Ich stand auf, um ihn hinauszubegleiten.
»Sie haben etwas vergessen«, sagte ich.
Er blieb abrupt stehen und blickte zurück. »Nein, das habe ich Ihnen mitgebracht. Nehmen Sie es als ein letztes Argument, um Sie davon zu überzeugen, mir zu helfen.«
Ich trat hinter meinem Schreibtisch hervor und sah ihm nach, wie er das Vorzimmer durchquerte. Als sich die Eingangstür hinter ihm schloss, griff ich nach dem Buch. Der Umschlag fühlte sich trocken und ein bisschen rau an. Ein Blick auf den Buchrücken verriet mir den Titel – Pfähle – und den Namen des Autors: E. L. Navarro.
27
»Elena Lucia Navarro«, sagte ich.
»Ertappt, Loogan. Sie haben mein dunkles Geheimnis entdeckt.«
Wir saßen in ihrem gelben Beetle mit Blick auf Callie Spencers Ford – ein silberner Fleck in der Ferne, neben ihrem Gartenhäuschen. Ich hatte das Buch im Schoß.
»Es ist wirklich gut«, sagte ich.
»Oh, weiter so.«
»Ich habe erst die Anfangskapitel gelesen, und normalerweise stehe ich nicht so auf Urban Fantasy –«
»Nicht so viele Vorbehalte, Loogan«, sagte sie. »Sie hatten mich doch schon mit ›Es ist wirklich gut‹.«
Mit meiner Meinung war ich keineswegs allein. Ich hatte ein bisschen recherchiert und glühende Porträts der Autorin in der Los Angeles Times und der Chicago Tribune gefunden. Das Stück in der Tribune brachte auch ein Foto von Lucy: jünger, blasser, die Haare pechschwarz gefärbt. Sie sah aus wie eine Gothic- Anhängerin, was sicher auch so gemeint war. Pfähle war ein Roman über Vampire.
Ich hatte den Artikeln die Eckpunkte der Geschichte entnehmen können: Der Protagonist träumt eines Nachts, dass seine Frau von einem geheimnisvollen Eindringling entführt wird. In seinem Traum stellt er fest, dass er völlig gelähmt und unfähig zu irgendeiner Reaktion ist, während seine Frau versucht, sich ihres Kidnappers zu erwehren. Der Kampf wird gewalttätiger – Laken werden vom Bett gerissen, ein Spiegel auf der Kommode zerbricht. Als der Mann am Morgen erwacht, stellt er fest, dass der Kampf Wirklichkeit war und seine Frau fort ist. Das Einzige, woran er sich noch erinnern kann, ist, dass er kein Spiegelbild hatte.
Der Ehemann bekommt von der Polizei keinerlei Unterstützung. Sie halten seine Geschichte für völligen Unsinn und verdächtigen ihn, seine Frau selbst beseitigt zu haben, aber sie können es ihm nicht nachweisen. Er ist beim Versuch, sie zu finden, ganz auf sich allein gestellt.
Einige Kritiker fanden den Plot melodramatisch, die überraschenden Wendungen ziemlich unglaubwürdig. Aber alle waren übereinstimmend der Meinung, dass die Sprache grandios und E. L. Navarro ein großes neues Talent war.
»In den biografischen Angaben stand, dass Sie an einem zweiten Buch arbeiten«, sagte ich.
»Stimmt. Ich hatte eine
Weitere Kostenlose Bücher