Bella und der geheimnisvolle Wüstenprinz
meldete sich jetzt auch noch Zafids schlechtes Gewissen, was seine Verantwortung für den jüngeren Bruder und seine anderen Geschwister betraf. Er hatte sie vernachlässigt.
„Ich habe kaum etwas von Sahra gesehen, seit ich aus der Wüste zurück bin. Das Essen schlingt sie nur so herunter, um möglichst schnell vom Tisch verschwinden zu können. Seit Wochen sind mir keine Klagen mehr über sie zu Ohren gekommen. Muss ich mir etwa Sorgen machen?“
Rachid lachte. „Sie versucht nur, dich zu beeindrucken, würde ich sagen.“
„Warum?“, fragte Zafid plötzlich wachsam. „Was will sie von mir?“
Sein Bruder grinste. „Du kennst die Frauen wirklich gut, oder?“
„Bedauerlicherweise, ja.“
Vertraut mit den Tricks seiner Halbschwester, bereitete er sich auf eine umfangreiche Einkaufsliste vor. Nebenbei öffnete er die Unterschriftenmappe, die Omar ihm hingelegt hatte, und überflog jedes einzelne Dokument, bevor er es unterzeichnete.
„Was ist es diesmal? Diamanten? Designermode? Bring es mir bitte schonend bei! Oder hat Sahra sich bei dem Versuch übernommen, einige meiner bedauernswerten Geschlechtsgenossen an der Nase herumzuführen?“
„Nicht alle Frauen sind wie meine Mutter“, erwiderte Rachid ruhig.
Sofort legte Zafid den Stift zur Seite, stand auf und trat zu seinem Bruder. „Verzeih, Rachid, das war nicht fair.“
„Du musst dich nicht entschuldigen. Und du brauchst mich auch nicht länger zu schonen. Ich bin inzwischen erwachsen, was auch bedeutet, dass ich mich gewissen Dingen stellen muss. Wie zum Beispiel, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Das hast du mir beigebracht, Bruder, schon vergessen?“
Rachid hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. „Ich liebe meine Mutter, aber das macht mich nicht blind für ihre Fehler. Inzwischen ist auch mir bewusst, was für ein Chaos sie mit ihrer extravaganten Art heraufbeschworen hat. Dass die Bevölkerung immer noch zur königlichen Familie hält, ist allein auf ihre Liebe und ihre Bewunderung für dich zurückzuführen.“
„Rachid …“ Zafid wusste gar nicht, wie er reagieren sollte.
„Ich weiß auch, dass meine Mutter der Grund dafür ist, warum du immer noch nicht geheiratet hast. Du verachtest unseren Vater dafür, dass er zu sehr auf sie eingegangen ist. Aber Sahra ist kein bisschen wie unsere Mutter. Sie will tatsächlich etwas von dir, aber keinen Schmuck und keine Kleider“, verriet er lächelnd. „Und wenn du dir ein wenig Zeit für sie nimmst, wirst du feststellen können, wie sehr sie sich verändert hat.“
Verändert? Jeder um ihn herum schien sich in letzter Zeit verändert zu haben.
„Warum fragt sie mich nicht selbst, wenn sie etwas von mir will?“
Rachid schmunzelte. „Weil sie Angst hat, dass du Nein sagst, nehme ich an.“
War er denn so ein Monster? „Was wünscht sie sich?“
„Ein eigenes Pferd.“
„Ein Pferd?“ Keine andere Antwort hätte Zafid mehr überraschen können. „Aber Sahra hat doch fürchterliche Angst vor Pferden. Wie oft habe ich versucht, sie zu ermuntern? Wie viele Reitlehrer sind an ihr gescheitert, ohne dass auch nur einer von ihnen sie dazu hat überreden können, für zwei Minuten auf einem Pferderücken zu sitzen?“
„In den letzten zwei Wochen ist sie jeden Tag ausgeritten“, informierte Rachid ihn. „Das hat ihrem empfindlichen Nervenkostüm außerordentlich gutgetan.“
Zafid warf seinem Bruder einen misstrauischen Blick zu. „Wer ist dafür verantwortlich? Hat Yousif vielleicht einen jungen, gut aussehenden Jockey eingestellt, von dem ich nichts weiß?“
„Bella“, sagte Rachid schlicht – und Zafid entging der weiche Blick seines Bruders beim Aussprechen des Namens keineswegs. „Sie hat sehr viel Zeit mit Sahra verbracht und sie regelmäßig unterrichtet. Sie ist ungeheuer begabt, tapfer und … sehr schön. Eine wahre Inspiration für unsere Schwester. Sahra möchte unbedingt reiten können wie sie und …“
„Bella? Bella Balfour ? Dann hat sie also einen Weg gefunden, um sich vor der Stallarbeit zu drücken, indem sie Reitlehrerin für eine Prinzessin spielt!“, grollte er. „Ich hätte es mir denken können!“
„Du irrst dich“, informierte sein Bruder ihn ruhig. „Bella arbeitet härter als jeder andere im Stall. Sie hilft Sahra ausschließlich nach ihrem mehr als verdienten Feierabend. Die beiden haben sich angefreundet.“
„Was kann eine Bella Balfour einer Prinzessin schon beibringen?“, brummte Zafid immer noch verstimmt. „Wie
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