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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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nicht aussprach: Der See war diese unnatürliche dunkle Stelle im Meer, der Ort, an dem Glorianna in seinen Armen ohnmächtig geworden war. Irgendwie hatte Ephemera Lighthaven genau in die Mitte dieses dunklen Fleckens gesetzt, den Lee und Glorianna jetzt einen See nannten. Und da das für ihn keinen Sinn ergab, konzentrierte er sich auf etwas, von dem er hoffte, es würde sich seiner Auffassungsgabe nicht ganz so leicht entziehen.
    »Also könnte der Kutscher an genau derselben Stelle stehen und sich fragen, warum die Straße auf einmal direkt in einen See führt?«
    »Das könnte er.« Glorianna nahm einen großen Schluck Branntwein. »Oder er hätte ihn ein, zwei Minuten anstarren und so schnell er konnte zurück nach Atwater fahren können.«
    »Und was sollte er den Leuten erzählen?«, fragte Brighid.
    Michael betrachtete seine Tante. Sie sah blass aus, und  die Verletzungen, die sie sich beim Brand zugezogen hatte, schienen ihr noch immer Schmerzen zu bereiten. Es hätte seinen eigenen Nerven gut getan, wenn sie sich ein wenig hingelegt hätte. Doch er hatte nicht gewusst, und sie hatte es nie erzählt, dass sie mehr gewesen war als eine Herrin des Lichts. Dass sie ihr Oberhaupt gewesen war.
    Sie gehörte hierher. Er konnte es sehen. Selbst unter Schmerzen, selbst mit der Besorgnis über das, was geschehen war, lag eine innere Ruhe in der Art, wie sie sich hielt, als hätte das Land selbst etwas in ihr gestärkt - etwas, das während der Jahre, die sie in Ravens Hill verbracht hatte, Hunger gelitten hatte.
    Er hatte keine Ahnung gehabt, was sie aufgegeben hatte, um das Flehen eines kleinen Jungen zu erhören, der verzweifelt versuchte, nicht ins Waisenhaus gesteckt zu werden und genauso verzweifelt versuchte, seine Schwester bei sich zu behalten - die einzige Familie, die er noch hatte.
    Brighid fing seinen Blick auf - und erwiderte ihn.
    Macht lag in ihren Augen. Eine Macht, die all die Jahre, die sie außerhalb dieser Mauern gelebt hatte, versteckt gewesen war. Die vielleicht - er warf Merrill einen kurzen Blick zu und beurteilte schnell, wie sie Brighid ansah - all die Jahre, die sie hier verbracht hatte, ebenfalls verborgen geblieben war.
    »Das - oder was auf der anderen Seite der Grenze liegt - werden wir nicht wissen, bis einer von uns in der anderen Landschaft steht und sich den See von dieser Seite aus ansieht«, beantwortete Glorianna Brighids Frage. »Das Problem ist, wir wissen nicht, ob der Rest der Weißen Insel die Landschaft auf der anderen Seite ist. Und Caitlin ist noch nicht dazu ausgebildet, den Schritt zwischen Hier und Dort zu gehen, um eine ihrer Landschaften oder ihren Garten zu erreichen, also -«
    »Sie geht nicht zurück nach Ravens Hill«, sagte Michael mit Nachdruck. »Schon gar nicht alleine.«
    »Ihr Garten ist nicht in Ravens Hill verwurzelt«, sagte Glorianna. »Ist es nie gewesen. Unser unmittelbares Problem besteht darin, wie man über einen See von unbestimmter Größe kommt, wenn man weder Boot noch Ruder hat - und auch keine Vorstellung, was jetzt in diesem See haust, schließlich ist es immer noch eine dunkle Landschaft.«
    Michael erschauderte. Die Pflanzen, die dicht unter der Wasseroberfläche trieben, hatten dem Seetang, der jene Stelle dunklen Wassers gekennzeichnet hatte, geähnelt, doch Lee war sich einigermaßen sicher gewesen, dass es Süß- und kein Salzwasser war. Anders...und doch dasselbe.
    Also nahm Michael einen großen Schluck Branntwein und wünschte sich, es gäbe keinen Grund, sich zu fragen - und zu sorgen -, was einen jeden erwarten könnte, der versuchte, den See zu überqueren.
    Lee kramte in seiner Jackentasche. »Für dieses bestimmte Problem habe ich eine Lösung. Kenneday hat mir das hier gegeben.« Er hielt einen Kompass hoch und grinste seine Schwester an.
    Glorianna sah den Kompass an und brach in schallendes Gelächter aus, während alle anderen nur verwirrt aussahen.
    »Ich habe ihn um etwas Kleines gebeten, das ich bei mir tragen und benutzen könnte, falls ich zum Schiff zurückfinden müsste. Also hat er mir das hier gegeben.«
    Glorianna hatte sich fast wieder unter Kontrolle - und dann bekam sie einen Schluckauf.
    »Eine Einmal - hicks - brücke?«, fragte sie.
    Lee nickte. »Sie sollte mich an Deck des Schiffes bringen. Wenn ich jetzt gehe, sollte ich nicht viel später ankommen als der Kutscher und welche Geschichte er auch immer erzählt. Vielleicht könnte ich sogar vor ihm da sein. Ich versichere Kenneday, dass wir noch alle an

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