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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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Knie. »Sie war in Lighthaven auch nicht glücklich, Magier. Sie wusste, sie brauchte das Licht, doch es war nicht ihr Ort. Und trotzdem ist sie nie zum Hafen der Liebsten gegangen, um zwischen den Wachsteinen hindurchzugehen. Ich glaube, das ist der Unterschied zwischen deinem Teil der Welt und meinem. Ihr könnt Resonanzbrücken meiden und dort bleiben, wo ihr nicht hingehört. Doch es kann nicht leicht sein, sein eigenes Herz zu verleugnen, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Und letztendlich könnt ihr es auch nicht. Ephemera lässt es nicht zu.«
    »Sie hätte niemals zwei Kinder im Stich gelassen.«
    Lee nickte. »Nachdem sie sich entschlossen hatte, zu helfen, hätte sie euch nicht euch selbst überlassen - vor allem während Caitlin so jung war. Doch wir sprechen nicht nur von deiner Tante. So verhält es sich mit allen Herzenswünschen. Man muss vielleicht durch mehrere Landschaften reisen - und in jeder Zeit verbringen, leben, lernen, sich innerlich verändern -, bevor man für den Ort bereit ist, an den man wirklich gehört, der Ort, den das eigene Herz als ›Zuhause‹ erkennt. Brighid hat ihren Ort gefunden. Caitlin auch. Was ist mit dir? Hast du den Mut, in die Landschaft überzutreten, in die du gehörst?«
    Michael drehte sich weit genug um, um Lee direkt anzusehen. »Und du glaubst, du weißt, wohin ich gehöre?«
    Lee schüttelte den Kopf. »Dein Herz weiß es.«
    Er wusste, wohin er gehören wollte. Doch das war nicht das Gleiche.
    »Mein Vater hat uns verlassen, als ich …« Lee hielt inne. »Na ja, ich war so jung, ich kann mich nicht an ihn erinnern. Meine Mutter wusste nicht, ob er eine Brücke überquert hatte und nicht zu uns zurückkehren konnte, oder ob er in eine Landschaft übergetreten war, in die sie nicht gehörte, und nicht zu uns zurückkehren wollte. Erst vor ein paar Monaten haben wir Hinweise gefunden, die uns glauben lassen, er ist getötet worden, weil er erfahren hatte, dass die reinblütigen Zauberer keine Menschen waren, sondern in Wirklichkeit die Wächter der Dunkelheit.«
    »Ein Verlust wie dieser verändert vieles«, sagte Michael, der sich deutlich daran erinnerte, wie sein Vater die Straße hinuntergegangen war, alleine, dieses letzte Mal.
    »Ja, es hat einiges verändert.«
    »Doch es hat das Herz deiner Mutter nicht aller Gefühle bis auf Wut und Raserei beraubt.«
    »Meine Mutter war dort, wo sie hingehörte, in einem Haus, das sich seit Generationen im Besitz der Familie befand. Und meine Mutter hat das Wesen ihrer Gabe und den Lauf der Welt immer gekannt. Sie wäre nicht an einem Ort geblieben, an den sie nicht gehörte.«
    »Na ja, meine Mutter ist auch nicht geblieben«, sagte Michael und hörte selbst die Bitterkeit in seiner Stimme. »Wohin sie eigentlich gelangen wollte, indem sie ins Meer lief, ist natürlich reine Vermutung. Wo sie angekommen ist, war ein Armengrab.« Und es tat weh. All die Jahre danach tat es immer noch weh. »Sie hat uns nicht genug geliebt, um zu bleiben.«
    Bevor Lee antworten konnte, stand Michael auf und setzte so dem Gespräch ein Ende.
    Lee erhob sich ebenfalls. »Sollen wir uns den Damen anschließen?«
    »Wir haben Glück, dass deine Mutter sich ausgerechnet heute dazu entschlossen hat, die Heiligen Stätten zu besuchen«, sagte Michael, als sie zum Gästehaus liefen.
    »Glück hat damit nichts zu tun«, erwiderte Lee lächelnd. »Das Gefühl meiner Mutter für den richtigen Zeitpunkt ist unheimlich - vor allem, wenn man ein kleiner Junge ist, der etwas tut, was er nicht sollte.«
    »Ach so.« Michael zögerte, dann entschied er, dafür sei jetzt auch der richtige Zeitpunkt. »Da wir gerade von Damen sprechen, mir ist aufgefallen, dass deine Schwester nicht beim Rundgang durch die Heiligen Stätten dabei war.«
    »Sie musste sich um etwas kümmern. Sie wird bald zurück sein.«
    Wo? Obschon unausgesprochen, wussten sie beide, die Frage war gestellt - und nicht beantwortet worden. Noch immer bin ich ein Außenseiter, dachte Michael. Und vielleicht verdiene ich es auch nicht anders.
    Als sie sich Brighid und Nadia näherten, versteckte er den Gedanken in der hintersten Ecke seines Herzens und  hoffte, niemand würde in der Lage sein, ihn zu finden. Auch er nicht.
     »Ihr solltet hier nicht herumstöbern«, sagte eine männliche Stimme. »Es ist zu gefährlich.«
    Glorianna drehte sich um und musterte den Mann, der ein paar Schritte hinter ihr stand. Er war etwa in Lees Alter, vielleicht ein wenig älter. Er besaß ein angenehmes

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