Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
sich nicht leisten konnte, sich sehen zu lassen? Ihre besten Kleider waren längst aus der Mode, und sie hatte keine Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen, denn alles kostete mehr, als sie erwartet hatte.
    Vielleicht hätte sie noch ein Stück weiter reisen und in einem anderen erbärmlichen Dorf Foggy Downs Halt machen sollen. Sie hätte einen Monat lang recht gut von dem leben können, was hier in Kendall gerade für eine  Woche reichte. Oder vielleicht hätte sie auf einem Schiff nach Norden mitfahren sollen. Oder sogar zwischen einem Paar Wachsteinen hindurchlaufen, um zu sehen, ob sie in einem anderen Teil Elandars landen würde, der eher ihrem Geschmack entsprach.
    Sie würde jemanden finden. Sie musste. Sie würde  nicht nach Foggy Downs zurückgehen. Sie würde jemanden finden …
    Jemanden wie ihn - diesen eleganten Kavalier mittleren Alters, der gerade mit dem Hauch eines geheimnisvollen Lächelns um die Mundwinkel auf sie zukam. Er sah aus wie ein Mann, der wusste, was man mit einer Frau anstellte.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er. »Ich habe Euch bereits zuvor bemerkt, doch ich konnte niemanden finden, der mich vorstellt.«
    Sie sah nach unten, dann warf sie ihm einen aufreizenden Blick durch die Wimpern zu. »Ich bin erst vor kurzem in die Stadt gekommen und habe bislang noch keine Freunde.« Doch wenn seine Geldbörse der Qualität seines Anzugs entsprach, könnte er ein ganz besonderer Freund werden.
    »Dann, bitte. Erlaubt mir, Euch zu Eurer Unterkunft zu geleiten. Eine Dame sollte nach Einbruch der Dunkelheit nicht alleine unterwegs sein.«
    Nachdem er erwähnt hatte, dass sie einander nicht vorgestellt worden waren, erschien es ihr ein wenig seltsam, dass er ihr nicht seinen Namen genannt oder nach dem ihren gefragt hatte. Doch sie verdrängte diesen Gedanken. Er war der erste in Frage kommende Mann, der in Kendall Interesse an ihr gezeigt hatte, und er sah aus, als könne er es sich leisten, großzügig zu sein.
    »Vielleicht könnten wir zuvor woanders hingehen, es ist ein so schöner Abend. Ich würde Euch gerne besser kennen lernen«, sagte Doreen lächelnd. Wenn sie ihn dazu bringen könnte, sie zum Abendessen einzuladen,  würde sie ein wenig Geld für Zimmer und Verpflegung sparen.
    »Ja«, sagte er und erwiderte ihr Lächeln. »Ich denke, das könnten wir tun.«
     Fremde Schritte. Das Kratzen von Stiefeln auf Kopfsteinpflaster. Das Geräusch hatte etwas Verstohlenes an sich.
    Der rundliche kleine Kaufmann umfasste seinen Gehstock fester. Heute hatte er kein Paket für den Geldschrank dabei. Hatte noch nicht einmal genügend Münzen, um in einer Taverne Halt zu machen und einen Krug Bier zu trinken. Nicht dass er das tun würde, schließlich hatte seine Frau ihm eindeutig klargemacht, sie würde nicht noch einmal mit dem Abendessen auf ihn warten. Wenn er zu spät kam, konnte er essen, was übrig war, und das kalt.
    Also ging er zur rechten Zeit nach Hause. Viele Leute waren auf der Straße. Aber …
    Dieses unheimliche Geräusch. Ein schwerer Fuß, der versucht, leise aufzutreten.
    Viele Menschen um ihn herum. Viele Kutschen auf der Straße, welche die Leute nach Hause brachten oder sie zu irgendeiner abendlichen Gesellschaftsveranstaltung fuhren.
    Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Nichts, vor dem man Angst haben müsste. Nichts, …
    Die Schritte hörten auf. Verschwanden. Dann lachte  irgendetwas.
    Wie festgefroren stand er da, während ihm das Geräusch unter die Haut kroch. Während das Licht der Straßenlaternen sich merkwürdig verdunkelte. Während die Geräusche der Kutschen und des Alltagslebens verblassten.
    Dann hörte er ein anderes Geräusch, eher ein Ausatmen als ein Wort.
    »Biiiitte.«
    Als er sich langsam umwandte, erkannte er, dass er am Eingang einer Gasse stehen geblieben war. Dort in der Gasse lag etwas, gerade außerhalb des Lichtkegels der Straßenlaterne.
    War das der Arm einer Frau? Vielleicht eine dieser Schaufensterpuppen, die ein paar der Bekleidungsläden aus einem anderen Land hierher gebracht hatten? Seine Frau und einige ihrer Freundinnen sprachen davon, ein Komitee ins Leben zu rufen, um der Klage Ausdruck zu verleihen, der Anblick der Puppen erwecke ungeziemende Gedanken in jungen Männern.
    Er glaubte nicht daran, dass alle jungen Männer in Kendall ungeziemende Gedanken gegenüber lebensgroßen Puppen hatten, weiblich oder anderweitig. Doch das seiner Frau zu sagen, könnte den Anschein erwecken, als hätte er den einen oder

Weitere Kostenlose Bücher