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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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fortgehen. Noch bevor er den ersten Schritt ganz getan hatte, packte Sebastian seine Jacke und zog ihn so dicht an sich heran, dass nur noch Sebastians Fäuste sie voneinander trennten.
    »Wo willst du hin?«, fragte Sebastian.
    »Ich weiß nicht. Es ist kein Ort. Ich kann kein Bewusstsein des Ortes aufnehmen.«
    »Du bist der einzige Brückenbauer, auf den Nadia und Glorianna zählen können. Vielleicht der einzige, der in ihren Landschaften lebt. Wenn dir etwas zustößt …«
    »Ich weiß.« Lee versuchte, sich zu befreien, doch selbst wenn er Sebastian niederschlagen würde, kam Lynnea gerade auf sie zu - und die Bullendämonen waren aufgestanden, um zu sehen, was die Menschen tun würden - und aus dem Augenwinkel sah er Teaser auf sie zueilen. Er würde nirgendwo hingehen, bis Sebastian ihn gehen ließ. Es sei denn, er nahm Sebastian mit. Es bedurfte nur eines Stolperns, eines Schritts zurück, aber …
    »Ich weiß«, sagte er noch einmal. »Aber ich muss gehen. Ich benutze meine Insel, um an den Ort zu gelangen, an dem ich das Verlangen spüre. Ich werde vorsichtig sein. Solange ich auf der Insel bleibe, bin ich mit den Heiligen Stätten verbunden. Ich kann zurück. Ich nehme kein Risiko auf mich, das uns in Gefahr bringt, Sebastian, aber ich kann kein Herz dort draußen lassen, dessen Verlangen so stark ist.«
    Sebastian öffnete die Fäuste, ließ Lees Jacke aber nicht ganz los. »Du bist jetzt schon erschöpft und schläfst beinahe im Stehen. Wie lange wird das dauern?«
    »Man kann keine Zeit festlegen für etwas, wie -«
    Die Hände ballten sich wieder zu Fäusten. »Wie lange?«
    Hier geht es nicht darum, dass ich der einzige Brückenbauer in Nadias und Gloriannas Landschaften bin. Hier geht es um die Familie. »Gib mir vier Stunden. Wenn du bis dahin nichts von mir gehört hast, kannst du annehmen, dass ich auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen bin.« Nicht dass dir dieses Wissen irgendwie weiterhelfen würde. Wenn ich in der Art Schwierigkeiten stecke, die es mir unmöglich macht, meine Insel zu erreichen, gibt es nichts, was du tun kannst, um mir zu helfen.
    Sebastian ließ Lees Jacke los und trat zurück. »Vier Stunden.«
    Lee nutzte seine ungewöhnliche Gabe, seine Insel über eine andere Landschaft legen zu können, und brachte die Insel zur Hauptstraße des Pfuhls. Er streckte eine Hand nach hinten aus und fühlte die Rinde eines Baumes. Ein Schritt zurück und er stand auf der Insel, verschwunden aus der Sicht der Bewohner des Pfuhls, obwohl er sie noch immer sehen konnte.
    Er steckte eine Hand in die Jackentasche und ließ seine Finger mit dem aufgerollten Zopf spielen, den er überall hin mitnahm. Resonanz und Verlangen erfüllten ihn und bestätigten, was er bereits geahnt hatte. Er war im Begriff, sich von Ephemeras Strömungen der Macht in eine unbekannte Landschaft tragen zu lassen, um die Frau zu finden, die zu dem Zopf gehörte.
    Und er hoffte inständig, sie war das Risiko wert.
     

Kapitel 13
    »’s is tot.«
    »’s schläft.«
    »’s is tot.«
    »’s schläft.«
    »Woher weißte, dass’s schläft?«
    »Weil ich’s geschubst hab? Siehste?« Schubs, schubs, schubs.
    Mit einem Ruck wachte Michael auf, hustete, und spuckte Sumpfwasser aus. Dann stöhnte er auf. »Ich schlafe nicht, ihr hirnlosen Schwachköpfe, und ich bin auch nicht tot.«
    Schweigen. Dann sagte der erste: »Wir könnten’s töten.’s is genug Fleisch dran, um die Sippe zu füttern.«
    Sippe. Sumpf. Herrin des Lichts, hab Erbarmen mit mir.
    Michael setzte sich mühsam auf und rieb sich vorsichtig die Augen. Sie fühlten sich heiß und trocken an. Dann blickte er zu den zwei Jungen, die vor ihm standen - und zu den Erwachsenen, die sich schweigend näherten.
    Die Nachtschwärmer waren von menschlicher Gestalt, und ausgewachsen reichten sie einem Mann bis zur Brust. Doch sie sahen aus, als seien sie aus dem Sumpf gemacht, den sie als ihr Eigen beanspruchten: dünne braune Körper mit Gliedmaßen, die wirkten wie belebte Äste; Hände mit langen, zweigähnlichen Fingern; Gesichter, die wie aus knorrigem Holz geschnitzt schienen; Haar wie das Moos, das von den Bäumen hing, die auf den Moorinseln wuchsen.
    Es steckte eine teuflische Stärke in diesen dünnen  Gliedern, die einen ausgewachsenen Mann mit Leichtigkeit überwinden konnten, und Menschen, die von den Lichtern und der Musik in den Sumpf gelockt wurden, fanden selten wieder nach Hause.
    Es sei denn, sie konnten handeln.
    »Diese Sippe ist mir nicht

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