Belladonna
Die Grenzen sind so dünn, dass die Knochenschäler ihre Beute wahrnehmen, auch wenn sie diese Landschaft nicht erreichen können. Aber dieser Ort ist so klein, dass ich die Grenzen bereits durchbrochen habe, um dich zu erreichen. Ich glaube, dein Zugangspunkt wird nicht mehr lange Bestand haben.«
Für Caitlin ergaben die meisten Worte keinen Sinn, doch was sie verstand, reichte ihr aus. Jemand war gekommen, um ihr zu helfen, und diese Kreaturen - Knochenschäler? - waren in der Nähe. Sie entspannte ihre Muskeln, etwas anderes fiel ihr nicht ein, um ihn wissen zu lassen, dass sie nicht gegen ihn ankämpfen würde.
Die Hand löste sich von ihrem Mund. Die andere lag noch immer auf ihrer Schulter, jetzt aber sanft genug, um eher das Gefühl von Trost zu vermitteln als das von Zwang.
Sie rührte sich nicht, drehte nur den Kopf gerade so weit, bis sie den Mann ansehen konnte, der neben ihr kniete. Er war etwa so alt wie ihr Bruder Michael, vielleicht ein Jahr älter oder jünger, und er besaß ein freundliches Gesicht. Gut aussehend sogar, mit dem schwarzen Haar und diesen grünen Augen, umrahmt von unfair langen Wimpern. Und dem Ansatz jener kleinen Fältchen in den Augenwinkeln, die dem Gesicht eines Mannes Charakter verliehen und Frauen einfach nur alt aussehen ließen.
Als sie sich bewegte, um sich aufzusetzen, glitt seine Hand von ihrer Schulter auf ihren Arm und zog sie in eine aufrechte Haltung.
Sie blickte über ihren Kreis hinaus und schlug sich die Hand vor den Mund, um den entstehenden Schrei zu unterdrücken. Der Sand um sie herum wimmelte nur so von Knochenschälern, und nicht allzu weit von ihrem Kreis entfernt...
»Sie haben etwas gefunden«, sagte der Mann. »Vielleicht ist es nicht menschlich. Wenn zwischen zwei Landschaften nur eine Grenzlinie besteht, ist es für Tiere leicht genug, hinüberzutreten. Die meisten meiden gefährliche Landschaften instinktiv, aber wenn sie Angst haben und davonlaufen, kann es sein, dass sie in einer Landschaft wie dieser landen und dann nicht mehr in der Lage sind, wieder herauszukommen.« Er stand auf und streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. »Lass uns gehen, solange sie beschäftigt sind.«
Wohin gehen?, fragte sich Caitlin, da sie keine Pferde und keinen Wagen oder eine andere Möglichkeit sah, die Knochenschäler abzuhängen. Aber er musste ja irgendwie hierher gekommen sein.
Als sie die Hand hob, um die seine zu ergreifen, erinnerte sie sich der Herzenshoffnung. Sie drehte sich auf den Knien um und begann, einen Graben um die kleine Pflanze auszuheben. Sie konnte nicht viele Wurzeln haben. Nicht eine Pflanze dieser Größe. Und sicher gingen sie nicht tief.
»Was machst du da?«, fragte der Mann. »Das ist wahrscheinlich das Einzige, das diesen Zugangspunkt aufrechterhält.«
Sie blickte über die Schulter und starrte ihn entschlossen an. »Ich lasse sie bestimmt nicht an diesem Ort.« Sie wusste nicht, wie viel Zeit zwischen dem Ziehen des Kreises und dem Erscheinen des Fremden vergangen war, und sie war sich nicht sicher, ob sie diesem Mann erklären könnte, wie oft sie in diesen Stunden aufgewacht war und sich gefühlt hatte, als sei die Gegenwart der Herzenshoffnung ein Schluck aus einem tröstlichen Kelch. »Ich lasse sie nicht zurück.«
Er hob eine Hand, um sie aufzuhalten. »Warte. Zieh sie noch nicht aus dem Boden. Rühr dich nicht. Warte einfach.«
Er ging an den Rand des Kreises, betrachtete die Knochenschäler, die sich über der unbekannten Beute häuften. Dann trat er einen Schritt nach vorn und verschwand.
»Nein.« Ihre Stimme war ein Wimmern. Caitlin starrte ins Nichts. Er hatte sie alleingelassen. Sie war nicht bereit gewesen, die Pflanze zurückzulassen, also hatte er sie alleingelassen.
Doch dann war er wieder da, erschien so plötzlich in ihrem Kreis, wie er verschwunden war.
»Hier«, sagte er und reichte ihr eine stabile Schale. »Sie ist gereinigt worden, also trägt sie keine Resonanz irgendwelcher Erde, die sie zuvor enthalten hat.«
Sie verstand die einzelnen Worte, aber ihre Bedeutung entzog sich ihr. Und sein Akzent besagte unmissverständlich, dass er nicht aus einem Teil der Welt kam, den sie kannte. Doch sie würde jetzt nicht anfangen, Fragen zu stellen, die ihm das Gefühl geben könnten, er würde besser daran tun, sie zurückzulassen.
Sie grub ihre Finger unter die winzige Herzenshoffnung. Ja, genau wie sie gedacht hatte. Nicht viele Wurzeln. Sie hob die Pflanze und den Sand auf, doch es war
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