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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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einem Ort jemandem etwas bedeutete. Doch die Welt ist so viel mehr als das, wofür ich sie hielt - und ich bin mir nicht mehr sicher, wer oder was ich bin. Ich habe Angst um mich, und ich habe Angst um dich. Ich habe die Bestie gesehen, Caitlin Marie. Ich habe die Kreatur gesehen, die das Licht verschlingen und uns alle in Dunkelheit stürzen will. Und möge die Herrin des Lichts Erbarmen mit uns haben, denn ich weiß nicht, wie wir diese Kreatur aufhalten sollen.«
    Caitlin blickte zurück zum Haus und sah Glorianna und Lee auf Michael und sie zukommen. Sie waren noch weit genug entfernt, um nicht zufällig gehört zu werden, doch sie senkte trotzdem die Stimme. »Glaubst du, sie wissen, wie man gegen die Bestie kämpft?«
    »Ich glaube, wenn sie es wüssten, stünden sie bereits auf dem Schlachtfeld. Aus den Dingen, die sie gesagt haben - und die sie nicht gesagt haben -, geht deutlich hervor, dass sie alle glauben, Glorianna sei der Schlüssel, um diese Schlacht zu gewinnen.«
    Caitlin verließ der Atem, einen Moment lang war ihr schwindelig. So klar, als wäre es erst gestern gewesen, fühlte sie sich wieder wie das Mädchen, das am Dachbodenfenster saß, ein altes Märchenbuch betrachtete, das es in einer schön gearbeiteten Holzkiste gefunden hatte, und mit seinem neu erlernten Lesevermögen die Worte entzifferte.
    »Die Kriegerin des Lichts«, flüsterte sie und starrte Glorianna an.
    Nein.
    Michael leugnete die Worte mit all seinem Willen, doch die Wahrheit, die in ihnen steckte, erfüllte ihn wie das Läuten einer Alarmglocke, das einen friedvollen Morgen zerriss.
    Nein, dachte er und das Atmen fiel ihm schwer. Glorianna ist der Schlüssel, die Kriegerin des Lichts zu finden, aber sie ist nicht selbst die Kriegerin.
    »Jetzt erinnere ich mich«, sagte Caitlin laut. »Die Kriegerin des Lichts muss vom Dunklen Becher trinken.«
    Michael zuckte zusammen, als er sich an den Tag erinnerte, an dem er nach Caitlin gesucht und sie auf dem Dachboden gefunden hatte, ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß und Tränen für die Frau aus der Geschichte vergießend. War sie alt genug gewesen, um die ganze Tragik der Erzählung zu begreifen?
    Die Hoffnung meines Herzens liegt in Belladonna. Sie kann nicht die Kriegerin des Lichts sein. Kann es nicht. Herrin des Lichts, bitte lass es jemand anders sein.
    »Was hast du gesagt?«, fragte Glorianna scharf, als sie die letzten Schritte zu ihnen hinübereilte. Sie starrte Caitlin an. »Die Kriegerin des Lichts muss vom Dunklen Becher trinken. Das hast du doch gesagt, oder?«
    Michael fühlte, wie ein Windstoß durch ihn hindurchfuhr. Fühlte, wie Caitlin ob seiner Stärke erschauderte. Sah, wie Lee sich verspannte und zur Seite lehnte, als wolle er sich mit dem Wind biegen. Und sah, wie Glorianna Belladonna vor ihm stand - das Gesicht kalt, die grünen Augen wild, eine Flamme in der Dunkelheit.
    Eine Flamme, die alles, was sich ihr in den Weg stellte, vernichten würde.
    Dann ging der Moment vorüber, und er fragte sich, ob er sich den Wind, der durch ihn hindurchgefahren war, nur eingebildet hatte - bis er Caitlin anblickte und in ihrem Gesicht den gleichen Konflikt erkannte.
    Er hatte sich nichts eingebildet. Etwas war geschehen.
    Die Welt hatte sich verändert, und für sie alle würde nichts wieder so sein wie zuvor, denn er stand in einem Garten in einem Teil der Welt, von dessen Existenz er nichts gewusst hatte, und blickte auf eine Frau, welche die lebendige Hauptfigur einer alten Erzählung war, die zum Vermächtnis seiner Familie gehörte.
    An seinem neunten Geburtstag hatte sein Vater Devyn ihn mit auf den Dachboden genommen und ihm die Bücherkiste gezeigt, in der die alten Geschichten lagen.
    »Ich habe dir nicht viel zu geben, Michael«, sagte Devyn und legte eine Hand auf die Kiste, die er aus einem eigens dafür angefertigten Schrank genommen hatte. »Es gibt dieses kleine Haus, doch normalerweise wird es auf der weiblichen Seite unser Familie weitervererbt. Da ich es bekommen habe, gibt es wohl niemanden mehr, der es für sich beanspruchen kann. Doch es ist nur ein Ort, Junge. Nur Holz und Stein. Und wenn du es verlassen musst, dann lass es ohne Bedauern hinter dir. Doch das hier …« Er strich über das Holz. »Hier drin liegt dein wahres Erbe.«
    Devyn öffnete die Kiste und nahm ein Buch heraus. Er legte es Michael auf den Schoß, dann öffnete er es.
    Nachdem er ein paar Seiten umgeblättert hatte, im Versuch, zu verstehen, warum dieses Buch so wichtig war,

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