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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Simmons
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Sache weder als delikat noch als abgeschmackt. Die Frau ist verwirrt. Flush hat sie beobachtet. Das muß er Ihnen doch auch berichtet haben.»
    «Flush hat sich sehr unklar ausgedrückt», sagte sie.
    «Unklar? Wie meinen Sie das?»
    «Ich meine, daß auch Ihre Personalunterlagen nicht klar sind.»
    «Ich wußte gar nicht, daß es Personalunterlagen von mir gibt, Miss Baskerville. Wo befinden sich diese Unterlagen?»
    «Ich möchte mich nicht mit Ihnen streiten, Mr. Margin. Ich muß Ihnen aber sagen, daß wir uns einen derartigen Skandal, wie ihn die Sache Cloth verspricht, nicht leisten können. Wir haben uns einer Sammelklage zu erwehren, die von einer ganzen Reihe von Frauen, die bei Protean beschäftigt sind, gegen uns eingeleitet worden ist. Die Gefahr liegt weniger im anhängigen Urteil als vielmehr in der Öffentlichkeit. Einundsechzig Prozent unserer Leserschaft sind Frauen. Wenn wir schuldig gesprochen werden, vergrätzen wir diese Leserschaft. Ich möchte, daß Sie sich einen Satz aus Miss Cloths Beschwerde anhören.»
    «Welcher Beschwerde?»
    Statt einer Antwort zog Miss Baskerville ein Stück Papier aus ihrem Aktenköfferchen und las vor: «Mir geht jegliches Verständnis dafür ab, wie amerikanische Frauen ein Erzeugnis unterstützen können, das von ihren Unterdrückern hergestellt wird. Die einzige Erklärung wäre, daß den Frauen die Tatsachen nicht geläufig sind.
    Mir liegt daran, jeder einzelnen Abonnentin von Protean Publications vor Augen zu führen, wem sie ihr Geld in den Rachen wirft.» Miss Baskerville sah uns, wie mir schien, anklagend an.
    Mr. Margin rang um Fassung. «Würden Sie bitte die gesamte Erklärung vorlesen?»
    «Wie Sie wünschen. ‹ Lieber Mr. Tooling › »
    «Mr. Tooling!» sagte Mr. Margin.
    «Ja. ‹ Lieber Mr. Tooling! Sie sollten darüber informiert sein, daß ein hochrangiger und mächtiger Mitarbeiter von Protean Publications sich des Verhaltens flagranter sexueller Belästigung schuldig gemacht hat. Schon bei meinem Einstellungsgespräch und seit meiner ersten Woche als Sekretärin von Jonathan Margin, dem Chefredakteur von Belles Lettres, bin ich permanenten Anzüglichkeiten, eindeutigen Blicken, Lippenschmatzen und zweideutigen Handbewegungen ausgesetzt gewesen und mußte es einmal sogar über mich ergehen lassen, daß Mr. Margins Hose auf provozierende Weise offen stand. Diese Vorkommnisse haben mich mental tief verstört. Es ist allgemein bekannt, daß Mr. Margins Verhalten das eines Wiederholungstäters ist. Wie konnten Sie es zulassen, eine Person mit derart depraviertem Charakter auf einer Position zu halten, in der ihm unschuldige Frauen zum Opfer fallen können? › Und jetzt folgen die Sätze, die ich erwähnte. Die Beschwerde fährt fort: ‹ Infolgedessen werde ich eine detaillierte Liste der Belästigungen erstellen, und falls Sie diese als Produkt meiner Phantasie abtun wollen, sollten Sie wissen, daß es für Mr. Margins Fehltritte eine Belastungszeugin gibt, die seit langem als zuverlässige Mitarbeiterin bei Protean tätig ist. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dieser Angelegenheit Ihre geschätzte Aufmerksamkeit widmen wollten, und verbleibe... › »
    «Miss Baskerville», sagte Mr. Margin, «Ihnen ist doch sicherlich klar, daß Miss Cloth dieses Dokument nicht selbst verfaßt hat.»
    «Darum geht es hier nicht, Mr. Margin.» «Das ist doch die reinste Juristensprache.» «Genau darum geht es, Mr. Margin.»
     
    Als das Personalbüro Rose Cloths Hintergrund ausleuchtete, stellte sich heraus, daß nicht nur ihr College-Diplom, sondern auch alles andere in ihrem Lebenslauf frei erfunden war. Den Zeitraum, den sie angeblich als Sekretärin bei Psychology Today verbracht haben wollte, hatte sie in Wirklichkeit in einer psychiatrischen Klinik verbracht. Nichtsdestotrotz war die Affäre für Mr. Margin wenig hilfreich.

VI   Ein Schurkenstück
    I ch glaube, den Hals brach Mr. Margin die innerhalb der Redaktion als Schurkenstück berühmt gewordene Affäre. Der Bürobote hatte über einen langen Zeitraum und im großen Stil Rezensionsexemplare an einen Antiquar verkauft, und die Sache flog auf. Art Folio, der Bürobote, war sechsundvierzig Jahre alt und verrichtete seinen Dienst seit neunundzwanzig Jahren. Sein Gehalt betrug 348 Dollar pro Woche; der Erlös aus den Rezensionsexemplaren summierte sich jedoch auf etwa 30000 Dollar pro Jahr.
    Folio war als Siebzehnjähriger unter der Chefredaktion Xavier Deckles zu Belles-Lettres gekommen. Davor war es

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