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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Simmons
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eine noch leuchtendere Zukunft für sich selbst ausmalte, hätte ich nicht zu sagen gewußt. Sie sagte jedoch: «Eiskalt. Ich werde das eiskalt ablehnen.»
     
    Später am Nachmittag fragte mich Press, wie es mit Virginia gelaufen und wie es ganz allgemein um das tote Holz bestellt sei. Ich nickte geistesabwesend, also gewissermaßen philosophisch.
    «Das Problem mit Ihnen, Page, ist, daß Sie kein Blut sehen können.»

IX   Gelungene Konferenz
    S oweit man sich erinnern konnte, fanden die Redaktionskonferenzen traditionell am Montagnachmittag im Büro des Chefredakteurs statt. Wir waren alle sehr gespannt, wie Press sich bei der Konferenz verhalten würde.
    Die ersten drei hatten ohne ihn stattgefunden, und ich hatte ihn vertreten. Die ganze Prozedur war so eingeschliffen, daß sie wie von selbst nach dem bekannten Muster ablief. Ich verhinderte lediglich Witze über Press, die ansonsten alle Arbeit in Gekicher erstickt hätten. Nachdem beispielsweise Ed Princeps eine Untersuchung zum sich verändernden Balzverhalten von Singvögeln zur Rezension empfohlen hatte, warf er die Frage auf, ob wir nicht lieber Newbalz' Anwesenheit abwarten sollten, um einen Rezensenten auszuwählen. Barry Vellum sagte, wir sollten selber häufiger auf die Balz gehen und uns unsere eigenen Gedanken machen. Lou Bodoni protestierte gegen den Gebrauch sexistischer Männerphantasien als Ausweis selbständigen Denkens. Jemand anderes sagte, wir sollten uns nicht erp ress en lassen, und Virginia Wrappers bat alle, lauter zu sprechen. Ich schlug vor, das Buch Mr. Margin zu überlassen, da er eine Kolumne über literarische Kuriositäten plante.
    Als die erste von Press zu leitende Konferenz näher rückte, verriet er seine Nervosität, indem er ein völlig überflüssiges Memo in Umlauf gab, demzufolge die Konferenz stattfinden werde. Das Memo sollte von Schreibtisch    zu    Schreibtisch    gehen,    per    Initialen abgezeichnet werden und dann wieder bei Press landen. Unterwegs sammelten sich auf dem Memo lautmalerische Initialen wie A. M. O., V. P. D. und L. M. A. A., aber auch korrekte Namenskürzel. Ich fing das Blatt ab, ging in Press' Büro und verkündete, daß alle abgezeichnet hätten.
    Ich schlug Press vor, daß es vielleicht besser wäre, wenn ich die Konferenzen so lange leiten würde, bis er mit ihrem Ablauf vertraut sei, aber er sagte: «Nein. Sie können aber den Einpeitscher für mich spielen.»
    «Sie meinen: ‹ Applaus für Newbold › ?»
    «Sie haben's erfaßt.»
    Ich glaubte natürlich, daß er das scherzhaft gemeint hatte. Aber als sich am Montagnachmittag die Redaktion einfand und Platz genommen hatte, nickte Press mir zu. Ich nickte zurück. Er zog die Augenbrauen hoch und nickte noch einmal, und ich sagte: «Applaus für Newbold!»
    Die Redaktion war geschockt, weil sie das für einen Affront gegen Press hielt. Aber er spielte das Spielchen mit: «Ich sehe schon, daß Sie eine prima Truppe sind. Mäßigen Sie sich beim Lachen. Die Toningenieure sagen, daß man uns bis ins nächste Studio hören kann. Einer der Vizepräsidenten nimmt dort eine kleine Bußpredigt auf Band auf.» Er wartete, aber als niemand reagierte, sagte er: «Hok ay! Heute erfahren wir allerhand über den geheimnisvollen B. Traven. Uns liegt auch ein Vorschlag des unvergleichlichen Lewis Auchincloss vor. Wir werden die beiden Schwergewichtler Saul Bellow und John Irving zum Kampf des Jahrzehnts aufeinander hetzen. Und noch viel mehr.»
    Der riesige, mit Intarsien verzierte Schreibtisch des Chefredakteurs war seit Xavier Deckles Tagen zum festen Inventar von Belles Lettres geworden. Dahinter saß nun Press auf einem hübschen Drehstuhl, den man wie einen Klavierhocker höher und tiefer stellen konnte, was er aber nicht wußte. Da Mr. Margin ein hochgewachsener Mann war, war der Stuhl nach unten gedreht, so daß die Schreibtischkante jetzt bis an Press' Brustbein reichte. Er hatte die Ellbogen ausgestreckt, beugte sich nach vorn und sah dabei aus wie eine hungrige Schildkröte.
    «Erstens, B. Traven. In meiner kleinen, heißen Faust halte ich hier den Brief eines Mannes aus Santa Fe, der behauptet, die Identität B. Travens zu kennen, und willens, bereit und fähig ist, sie zu enthüllen.» Press sah sich im Zimmer um. «Irgendwelche Kommentare?»
    Kein Kommentar.
    «Wo sind denn hier die Traven-Sklaven? Ed, wie wär's mit Ihnen?»
    «Man nimmt allgemein an», sagte Ed Princeps, «daß B. Traven das Pseudonym von Berick Traven Torsvan war.

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