Belsazars Ende
Büro.
Siegelkötter telefonierte und ließ sich nicht stören. Van Appeldorn wartere nicht lange auf eine Aufforderung, sondern ließ sich in den schwarzen Besuchersessel fallen und streckte seine Beine aus.
Endlich legte Siegelkötter den Hörer auf.
»Nun, Herr van Appeldorn? Was kann ich für Sie tun?«
Kommentarlos schob ihm van Appeldorn den Dienstreiseantrag auf den Tisch.
»Garmisch-Partenkirchen?« Siegelkötter war entsetzt. »Ja, muß denn das sein?«
»Ja«, meinte van Appeldorn nur und sah Stasi herausfordernd in die Augen.
»Nach Studium der Sachlage sehe ich da absolut keine Dringlichkeit, Herr van Appeldorn.«
»Nicht?« fragte van Appeldorn gedehnt und stand auf. »Gut, dann müssen wir wohl die Kollegen von der Sitte in Düsseldorf bitten, diesen Aspekt des Falles zu übernehmen.«
»Moment, Herr van Appeldorn, Sie meinen also..?«
»Ja, das meine ich.«
»Wie lange würden Sie denn weg sein?«
»Zwei, drei Tage.«
»Nun gut, zwei Tage«, sagte Siegelkötter bestimmt und setzte seinen Wilhelm auf das Papier.
Van Appeldorn war schon fast an der Tür, aber Stasi hielt ihn zurück.
»Da wäre noch die andere Sache. Ihre angebliche Dienstreise nach Amsterdam..«
»Ja«, staunte van Appeldorn, »ist das denn immer noch nicht geklärt?«
»Nein.«
»Das verstehe ich nicht. Ich habe damals den Antrag, zusammen mit anderen Papieren, Ihrer Sekretärin auf den Schreibtisch gelegt. Fragen Sie Herrn Toppe, der müßte doch noch die Durchschrift haben.«
Siegelkötter winkte ab. »Ja, ja. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich muß mich auf die Pressekonferenz vorbereiten.«
Toppe versuchte seit fünfzig Minuten, nach Rotterdam durchzukommen, aber schon auf halber Strecke war immer besetzt.
Ackermann war ma’ ebkes aufn Sprung wat erledigen; dauert nur ’n knappes Stündken, Norbert hatte sich mit »in Garmisch liegt Schnee, ich glaub’, ich nehm’ meine Skier mit« verabschiedet und Staatsanwalt Stein hatte kurz hereingeschaut, um sich von den neuesten Entwicklungen berichten zu lassen.
Toppe legte eine Wählpause ein und ging in den Waschraum, um Wasser für die Kaffeemaschine zu holen. Auf dem Rückweg hörte er das Telefon im Büro schrillen, aber er sah keinen Anlaß für besondere Eile, stellte in Ruhe die Kanne mit dem Wasser neben die Kaffeemaschine und ging dann gemächlich zum Telefon.
»Oh, es ist ja doch jemand da. Ich wollte es gerade aufgeben«, sagte eine männliche Stimme mit einem kleinen weichen Akzent, den Toppe nicht einordnen konnte.
»Mein Name ist Salmon Rosenberg.«
Ackermann kam nach etwas mehr als einer Stunde händereibend ins Büro zurück.
»So, dat hätten wir auch. Wat is’ los, Chef? Sie sehen aus, als hätten Se beim Spiel Siebensiebzich gewonnen.«
»Rosenberg kommt morgen früh um zehn Uhr zu uns«, antwortete Toppe beinahe feierlich.
»Echt? Stark! Hier«, gab er Toppe den Schrieb von der Hygieneschwester zurück.
»Haben Sie den Freund Ihrer Nichte schon erreicht?« staunte Toppe.
»Quatsch«, lachte Ackermann und wollte sich gar nicht beruhigen. »Meine Nichte hat doch ga’ kein’ Freund, die is’ ma’ grade erst fünf! Aber ich hab die Katt abgeholt.«
»Und jetzt?«
»Dann hab’ ich se ordnungsgemäß entsorgt. Ich könnt’ doch nich’ mit ankucken, dat Sie für so ’n Killefitt au’ noch latzen sollen.«
»Und wie haben Sie die Katze entsorgt?« fragte Toppe mißtrauisch.
»Ganz ordnungsgemäß mit de Schuppe gleich hier unten neben de Tür im Beet.« Er wieherte. »Ordnungsgemäßer geht et doch nich’. Quasi unter ordnungshüterlicher Aufsicht, wa?«
29
Die Schlagzeilen in der Niederrhein Post am Dienstag morgen hatten Toppe schon beim Frühstück mit grimmiger Freude erfüllt, und auch Ackermann winkte begeistert mit der Zeitung, als er ins Büro kam.
Van Melden – Opfer oder Ehrenmann? – Die Antworten des Polizeichefs werfen viele Fragen auf!
»Haben Sie dat hier schon gelesen?« flüsterte Ackermann feucht … »’n Satz mit x, dat wat wohl nix!«
Van Appeldorn drückte sich weniger verhalten aus, als er gegen neun aus Bayern anrief: »Da hat der Alte sich wohl selbst ins Knie gefickt.«
»Woher weißt du denn davon?« fragte Toppe verblüfft.
»Sag bloß, ihr habt die Bildzeitung noch nicht gelesen! Dann hör mal zu: Drogen, Sex und Tod (drei Ausrufezeichen). Klever Polizeichef verteidigt Pornokünstler.«
Toppe notierte die Schlagzeile und schob den Zettel Ackermann rüber. Der hielt sich die Hand vor
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