Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
Vorderseite mit dem Eingang und der Müllecke hab ich noch nichts weiter gesehen. Vielleicht lenkt mich das ja ab?
Ich schnappe mir also meinen Schlüssel und mache mich auf den Weg nach draußen. Ich umrunde das Haus, aber sehr viel gibt`s da nicht zu sehen, also nehme ich die Straße unter die Füße und komme kurz drauf an einen kleinen Park.
Er ist menschenleer, und ich steuere eine Ecke an, wo ich hinter blühenden Büschen die Lehne einer Bank entdecke. Wenn ich Glück habe, hat sie ihre Sitzfläche noch nicht an irgendwelche hirnlosen Vandalen verloren und ist zumindest einigermaßen sauber, sodass man drauf sitzen kann.
Und ich habe tatsächlich Glück. Seufzend lasse ich mich auf die Bank fallen und verschränke die Hände hinter dem Kopf.
Noch immer geht mir die Frage von LanceAlot im Kopf rum, ohne dass ich mich für eine Antwort entscheiden kann. Ich meine, klar will ich immer noch, dass mein Vater seinen Fehler einsieht, ihn zugibt und sich bei mir entschuldigt.
Und ich will NICHT derjenige sein, der den ersten Schritt macht!
Aber mal angenommen - nur mal angenommen! - mein Vater hätte wirklich bloß noch kurze Zeit zu leben?
Ich würde es mir unter Garantie nie verzeihen, wenn ich ihn einfach so sterben ließe, ohne dass wir die Möglichkeit haben, uns auszusprechen und womöglich zu versöhnen. Auszuräumen, was jetzt scheinbar so unüberwindlich zwischen uns steht. Dann würde ich also vermutlich doch den ersten Schritt tun! Oder?
Mit einem abgrundtiefen Seufzer fahre ich mir durch die Haare und lasse die Hände auf meiner aufwärts gewandten Stirn liegen.
„Hi, Ben!“, ertönt plötzlich eine bekannte Stimme. Ich drehe den Kopf und sehe – Manuel, wie er mit den Händen in den Hosentaschen heranschlendert. „Was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?“
Eigentlich wäre ich schon lieber alleine, gerade jetzt, aber ich bin ja ein höfliches Kerlchen. Naja, zumindest hin und wieder. Ich nicke also, und er nimmt neben mir Platz, lehnt sich zurück und – schweigt.
Irgendwie macht mich das nervös. Nach einer Weile – einer ziemlich kurzen Weile! - halte ich es nicht mehr aus und frage: „Wolltest du eigentlich was Bestimmtes von mir?“
Manuel dreht mir das Gesicht zu und erwidert überrascht: „Nö. Wieso?“
Jetzt bin ich völlig aus dem Konzept gebracht. Wenn er nichts von mir will, wieso setzt er sich dann zu mir?
„Naja, ...“, ich zögere, weiß nicht so recht wie ich das in Worte kleiden soll, ohne dass es eingebildet klingt, „ich dachte nur so. Bist du öfters hier?“
Maaaaaaaann – wie bescheuert klingt das denn jetzt? - Erde an Ben: Gehirn einschalten vor dem Sprechen!! Soll gelegentlich helfen!
Er grinst und zieht belustigt die Augenbrauen in die Höhe. „Wird das jetzt eine Anmache? Dann darf ich daraus entnehmen, dass du es dir doch noch anders überlegt hast?“
Ich merke, wie ich rot werde, aber das liegt nur zum Teil an Verlegenheit. Eine ordentliche Portion Ärger ist auch dabei. Weil ich nämlich an seinem Gesicht genau ablesen kann, dass er das selber nicht glaubt. Er macht sich nur über mich lustig!
Und er setzt noch Einen oben drauf: „Naaa, ich dachte mir schon, dass du meinem Charme nicht auf Dauer widerstehen kannst! Und nachdem du neulich meinen Namen so lustvoll gestöhnt hast – da war mir doch sofort klar, dass du mir längst total verfallen bist!“
Ich bin so wütend, dass mir nicht nur die Spucke, sondern auch die Sprache wegbleibt. Was soll ich auch sagen? Ich habe ja nichts Anderes erwartet, als dass er meinen geistigen Aussetzer vom Wochenende irgendwann gegen mich benutzt. Was hiermit dann sozusagen offiziell passiert ist. Und vermutlich auch nicht zum letzten Mal, wie ich ihn kenne!
Und was macht er angesichts meiner verbalen Wehrlosigkeit? Grinst wie ein Honigkuchenpferd und amüsiert sich ganz offenbar königlich!
Dann lehnt er sich aber nach vorne, und noch bevor ich den Kopf wegziehen kann, wuschelt er mir wieder durch die Haare. „Schon gut!“, sagt er. „Reg` dich ab! War doch nur ein Witz, okay?“, und ernster diesmal fügt er noch hinzu: „Du hast recht. Ich BIN öfters hier. Nicht erst seit heute und erst recht nicht wegen dir, in Ordnung?“
Noch immer habe ich leichte Schnappatmung und leide unter akuter Versäuerung, aber seine Worte lassen den Adrenalinpegel in meinem Blut langsam wieder sinken, und auch meine Gesichtsfarbe findet langsam zur Normalität zurück. Er schaut sich demonstrativ um und ergänzt:
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