Ben Driskill - 02 - Gomorrha
viele von euch Bob Hazlitt sehr gemocht haben. Und mit gutem Grund. Ich kenne keinen Mann, der so viel für unseren Staat getan hat. Aber … aber … Jetzt möchte ich euch Ben Driskill vorstellen, der das letzte Wochenende mit Bob Hazlitt verbracht hat. Sie waren doch auf der Party zum hundertsten Geburtstag von Bobs Mutter, nicht wahr, Ben? Und Sie haben sich lange mit ihm unterhalten, und Sie sind nach Iowa gegangen, weil Sie sich gefragt haben, ob Sie nicht eine gemeinsame Basis für den Präsidenten und Bob Hazlitt finden könnten, habe ich recht, Ben? Und Sie haben Bob gesagt, daß der Präsident nicht mit irgendwelchen Ideen verheiratet sei, die Bob so störten – stimmt’s?« Driskill nickte. Er war froh, daß Wardell sich so lautstark inmitten des Lärms äußerte. Er war allerdings nicht sicher, wie weit er die Delegierten belügen durfte.
»Also, der Präsident wollte Bob Hazlitt klarmachen, daß er nie die Absicht hatte, die Vereinigten Staaten mit einem geschwächten Geheimdienstapparat einer feindlichen Welt auszusetzen. Die Dienste sollten anders werden, doch keineswegs schwächer. Bob Hazlitt konnte ihm in diesem Punkt beistimmen. Damit war auch seine größte Sorge wegen der Wiederwahl des Präsidenten behoben. Am Schluß war er vollkommen überzeugt, daß eine Kampagne gegen einen amtierenden Präsidenten für die Partei nur in einer Katastrophe enden würde.«
Nick drückte Driskills Arm. »Danke, Ben. Ich weiß, daß Sie zu anderen Delegationen auch noch sprechen wollen. Danke vielmals.« Er zog weiter und erzählte der Delegation aus Iowa, daß es Zeit für die nächste Meinungsbildung sei.
Der Film über das Grauen in Mexiko näherte sich dem Ende. Irgendwo spielte eine Kapelle ›Happy Days Are Here Again‹. Das Rote Kreuz und Leute vom Chicagoer Gesundheitsamt waren zu sehen und bahnten sich einen Weg durch die Menge, um zu den Ohnmächtigen, Verletzten, Verdurstenden und sonstigen Opfern zu gelangen. Ständig hörte man das Grollen des Bebens. Es schien auch hier im Saal durch die Schuhsohlen zu dringen. Waren es die Generatoren und die Klimaanlage? Dann stampften die Menschen rhythmisch und riefen im Sprechchor:
WIR WOLLEN TAYLOR. WIR WOLLEN TAYLOR. WIR WOLLEN TAYLOR. WIRWOLLENTAYLORWIRWOLLENTAYLOR …
In diesem Augenblick kam Driskill der Gedanke, daß die Delegierten womöglich wirklich nicht Charles Bonner wollten, sondern einen anderen. Und wenn es nicht Bob Hazlitt sein konnte, dann eben Sherm Taylor …
BONNER BÖRSENSPEKULANT … BÖRSENSCHWINDLER … ER WIRD TAYLOR NIEMALS WIEDER SCHLAGEN … NIE WIEDER …
Driskill hatte gehört, daß derartige Dinge bei Parteitagen stattgefunden hatten. Plötzlich war eine Pattsituation durch die plötzliche, frenetische Unterstützung von Anhängern eines Kandidaten umgeworfen worden. Wie ein Virus, der in der Menge ausgebrochen war und die Unentschiedenen erfaßt hatte, so daß sie den anderen folgen mußten … WIR WOLLEN TAYLOR! WIR WOLLEN TAYLOR! WIR WOLLEN TAYLOR!
Tom Bohannon stand im Wohnwagen mit dem Rücken zur Menge, die zu Taylor wollte. Die Marineinfanteristen hielten sie in Schach. Der General ging nach hinten in den Wohnwagen und zeigte auf eine Flasche Bourbon. »Genehmigen Sie sich einen, Tommy. Überall fallen die Generatoren aus – es ist einfach zu heiß in Chicago.«
»Na ja, ich glaube, wir haben schon Schlimmeres erlebt, General.«
»Da haben Sie allerdings recht.« Er legte die Hand auf Bohannons Schulter und blickte ihm in die Augen. »Sie waren immer zur Stelle, wenn es kritisch wurde. Sie haben einen Urlaub verdient.«
»Was soll ich als nächstes tun? Noch bin ich nicht fertig, oder?« Das mit dem Urlaub hatte er zuvor schon mehrmals gehört, und es gefiel ihm ganz und gar nicht.
»Sie haben sich eine lange Ruhepause verdient, Tommy. Sieg oder Niederlage – meiner Meinung nach haben Sie sich eine schöne Pension verdient. Wollen Sie nach Florida ziehen? Oder zurück nach Frankreich? Wie auch immer, Ihnen steht eine lange Ruhepause zu, Tommy.«
»Sie wollen mir doch nicht etwa das Gnadenbrot anbieten, General?«
»Na, eine Villa an der Riviera ist kein übles Gnadenbrot. Aber wenn Sie lieber in ein Haus in der Sierra Nevada ziehen möchten – es gehört Ihnen, wenn Sie wollen.«
»Das ist sehr großzügig von Ihnen, General.«
»Ohne Sie hätte ich das doch nie geschafft. Tarlow, Summerhays – meine Güte, das muß ja Wahnsinn gewesen sein auf Shelter Island und bei diesem Unwetter. Sie sind
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