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Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Ben Driskill - 02 - Gomorrha

Titel: Ben Driskill - 02 - Gomorrha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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der Treppe umbringt … doch die Wahrheit ist, daß du hier immer an einem seidenen Faden hängst.«
    Larkspur führte Ben Driskill den mit Teppich ausgelegten Korridor entlang und die Treppe hinauf. Gelegentlich nickte er jemandem zu oder murmelte ein schnelles Hallo. Cremefarbene Wände, Gemälde siegreicher blutiger Schlachten, tapfere Männer auf dem Weg in den Kampf. Die Wachen waren wie Möbelstücke, wie die Palmen in den Töpfen. Hinter den Wänden summte leise die Klimaanlage. Der Cabinet Room links war durch ein Seil getrennt. Durch die offene Tür konnte man den großen Tisch sehen und den Stuhl, der höher als die anderen war.
    Larkspur blieb vor den Türen stehen, die ins Oval Office führten. »Ich überprüfe immer meinen Reißverschluß, ehe ich reingehe«, erklärte er und lächelte Driskill an. »Einmal bin ich mit offenem Reißverschluß reingegangen, und am Hemd hing noch der Zettel von der Wäscherei. Mrs. Colfax, die damals UNO-Botschafterin war, besaß die Freundlichkeit, es nicht zu erwähnen, aber ich dachte, Charlie würde gleich einen Veitstanz aufführen.« Er sprach mit dem Wachposten. Ihre Namen standen in dem ›Buch der Toten‹, wie der Präsident es nannte. Der Posten trat vor und öffnete die Tür.
    Der Präsident saß auf der Kante des riesigen dunklen Schreibtisches, hinter dem einst Teddy Roosevelt gesessen hatte. Er war hemdsärmelig und hatte die Manschetten hochgerollt. Er stieß sich vom Tisch ab und ging mit ausgestreckter Hand auf Driskill zu. Wenn man nicht genau hinschaute, hätte man ihn für den Jungen halten können, der damals, als man das Rad erfand und man eine Schweinsblase als Ball aufblies, im Notre-Dame-Team Football gespielt hatte. In seinem blonden Haar waren nur wenige graue Strähnen. Vor dem letzten Ansturm des Wahlkampfs mußte es noch gefärbt werden. In den Augenwinkeln und um die Mundecken waren ein paar Krähenfüße. Er war immer gebräunt, entweder vom Skifahren oder vom Golf. Unter der Hose trug er eine Kniebandage, nur für den Fall, daß das alte Footballsouvenir sich wieder meldete. Würde er vor laufender Kamera hinfallen, müßte er sich mit dem anschließenden Börsencrash befassen, und dazu hatte er keine Lust.
    »Wie schön, daß du da bist, Ben.« Das Telefon auf dem historischen Schreibtisch klingelte, und Bonner griff zum Hörer. »Was, verdammt noch mal?« Er hörte zu. »Ah, in Ordnung. Alles klar. Aber ich möchte jede Stunde über die amerikanischen Toten unterrichtet werden.« Er blickte auf die Armbanduhr. »Später, später. Okay.« Er legte auf.
    »Ben, du stehst heute ganz oben auf der Liste, aber angesichts der Situation in Mexiko … wir haben in ein paar Minuten die tägliche Wahlkampfanalyse. Ich möchte, daß ihr beide hierbleibt. Ich zähle auf euch. Aber kein Wort über die Summerhays-Sache – das erzähle ich Mac und Ellen später.«
    Jemand klopfte an die Tür.
    Charles Bonner ging selbst, um zu öffnen. Dabei sagte er: »Warte, bis du das hörst!«
    Bob McDermott kannte Charlie Bonner noch aus jenen fernen Tagen in Vermont, als er eine kleine, aggressive Werbeagentur geleitet hatte, welche die Familienbank der Bonners betreute, die um 1860 von einem früheren Charles Bonner, dem Ururgroßvater des Präsidenten, gegründet worden war. Als Charlie in den Kongreß ging und danach Gouverneur von Vermont und schließlich Präsident geworden war, hatte er McDermott immer an seiner Seite behalten. Zwischen beiden bestand eine Art Seelenverwandtschaft, die bis jetzt die Belastungen von Charlie Bonners Aufstieg zum Präsidenten überdauert hatte. Als Ben jetzt McDermott die Hand schüttelte, fielen ihm zum erstenmal die dicken Tränensäcke unter den Augen und die Müdigkeit in der Stimme auf, die McDermott zu bekämpfen versuchte. McDermott wollte immer den optimistischen Eindruck vermitteln, er befinde sich obenauf und genieße jede Minute davon. Im Augenblick bröckelte diese Fassade. Seine grauen Haare hingen ihm in die Stirn, und auch die Sommersprossen auf der Nase verliehen ihm kein jungenhaftes Aussehen mehr. Er schien wütend zu sein.
    »Ben, wie schön, Sie zu sehen. Hoffentlich bringen Sie etwas Sonnenschein mit.«
    »Verlassen Sie sich nicht drauf«, sagte Driskill.
    McDermott lächelte reflexmäßig, aber es war offensichtlich, daß ihm keineswegs danach zumute war. »Es ist eine Ewigkeit her, seit wir gute Nachrichten gehört haben. Ich würde eine nicht erkennen, wenn sie mich in meine Eier beißen würde.«

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