Benjamins Gärten (German Edition)
Licht sickert zwischen meinen Lidern hindurch, kühle Luft an meinem nackten Rücken. Ich drehe den Kopf auf die andere Seite. Sonnenlicht drängt auf mein Gesicht, viel zu hell. Mein Mund trocken, pelzige Zunge. Der Rotwein. Es ist ganz still im Zimmer. Zu still. Ich taste neben mich. Die andere Hälfte der Matratze ist leer und kalt. Ich blinzle, öffne widerwillig die Augen, hebe den Kopf ein Stück. Stöhne auf. Der verdammte Wein. Die Betthälfte neben mir ist zerwühlt, die Decke von meinem Rücken gerutscht. Ich lasse den Kopf wieder ins Kissen fallen, schließe die Augen. Draußen singen die Vögel, und ein Rasenmäher rattert. Ich lausche ins Haus. Irgendwo klappert es. Zu früh, um zu denken. Ich warte einfach ab, ob die Welt auf mich zukommt.
Türen werden geöffnet, die Treppe knarzt. Ich lasse die Augen geschlossen. Marek setzt sich auf die Matratze, küsst meine Schulter.
»Anna macht gerade Frühstück.« Er küsst meine trockenen Lippen. Ich drehe mich zu ihm, antworte auf seinen Kuss. Löse mich von seinem Mund. Ich fahre über seinen nackten Arm, seine Hand. Da ist ein neuer Ring an seinem Finger, silbern, gezackt. Passend zu dem Anhänger um seinen Hals. Ich schaue ihn an, sein attraktives, ruhiges Gesicht. Manchmal so fremd, in Momenten wie diesem. Ein fremder Ring an seinem Finger. Vielleicht hat er ihn selbst gekauft. Vielleicht besitzt er ihn schon lange. Vielleicht schenkt ihm sein Freund jedes halbe Jahr ein neues Schmuckstück. Wie dumm ich bin. Ich überlege mir eine unverfängliche Bemerkung zu dem Ring, eine harmlose Frage. Bevor ich zu einer Entscheidung komme, bietet er mir an, Kaffee zu holen, küsst mich, geht. Ich ziehe die Decke über den Kopf, eine dunkle Höhle.
Kaffeeduft lockt mich wieder hervor. Ein strahlendes Gesicht dazu. Ich setze mich auf, werde langsam munter. Puste über den Kaffee, den er mir unter die Nase hält.
»Hattest du schon einmal einen Mann in einem Ort, an dem du ein Haus besessen hast?«
Ausgesprochen, ohne den Satz zehnmal durch meinen Kopf zu jagen. Einfach so. Vertrauen. Er schaut mich an, überrascht. Er versucht den Zweck der Frage von meinem Gesicht abzulesen. Sieht nur Neugier darin. Muss selbst entscheiden, wie weit er geht.
»Da war dieser kleine Bahnhof, mein zweites Haus, auch in einem Dorf. Er war bei der freiwilligen Feuerwehr, ging auf jedes Dorffest. Wohnte mit seiner Freundin in der ausgebauten Scheune bei ihren Eltern. Ein Handwerker, Liebling aller Schwiegermütter. Gut aussehend, smart, ein Bärtchen, kurze dunkle Haare. Es war eine Affäre. Ich wusste von Anfang an, dass nichts daraus werden kann.« Marek sieht an mir vorbei, stiert an einen Punkt an der Wand. Ich trinke von meinem Kaffee, warte.
»Er war so ängstlich.«
Ängstlich? Ich bin auch manchmal ängstlich.
»Er schlich nur in der Dunkelheit zu mir. Er grüßte mich nicht, wenn wir uns auf der Straße begegneten.«
Nein, so ängstlich vielleicht nicht.
»Ich will nie wieder so einen, der sich versteckt.«
Ich erinnere mich daran, wie ich mich umdrehte, als er mich vor der Villa küsste. Bin ich so? Ist es das, was ihn an mir stört? Ich versuche, mir darüber klar zu werden. Marek sucht meinen Blick. Ich trinke meinen Kaffee, berühre seinen Arm. Ich weiß keine Antwort. Eigentlich hat er mich auch nichts gefragt.
Anna kommt zur angelehnten Tür herein. Sie trägt wieder den roten Kimono, ihr Haar heute offen.
»Frühstück ist fertig.« Sie legt Marek eine Hand auf die Schulter, beugt sich vor und küsst mich auf den Mund. Es kommt mir schon ganz normal vor.
Anna hat sich die Mühe gemacht, den kleinen Tisch in die Veranda zu stellen, und wir frühstücken dort bei geöffneten Fenstern, fast im Grünen. Anna zwischen uns gibt uns eine Leichtigkeit und Fröhlichkeit, eine Unbeschwertheit, die sich sonst selten zwischen uns einstellt. Ich genieße es, lasse mir Zeit zum Frühstücken, ohne Mühe mittlerweile.
Als ich heimgehe, merke ich, dass ich mir schon lange keine Gedanken mehr mache, wer mich dabei sieht. Vielleicht sollte ich das Marek sagen. Vielleicht wird er es mir auch nicht glauben. Trotzdem gehe ich unbeschwert durchs Dorf, freue mich, mein Haus zu sehen; Jurek, der mir entgegenkommt.
Marek kommt gegen Mittag nach. Er strahlt, als er hereinkommt, streichelt Jurek über den Kopf: »Anna fährt herum und zeichnet. Ich habe grünen Spargel, das wird köstlich.«
Er enthäutet Zwiebeln und Knoblauch, zeigt mir, wie ich den Spargel schälen soll. Er tritt
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