Benkau Jennifer
Ja, das habe ich schon mitbekommen. Ich bin Helena.“
„Ich weiß. Ich war, wie gesagt, zufällig in der Gegend. Ich dachte, ich lade Sie … dich zu einem Kaffee ein. Als kleine Wiedergutmachung, weil ich neulich so gereizt reagiert habe und …“ Was immer er hatte sagen wollen, die Worte verblassten in seinem Kopf, während sich ihre Wangen röteten.
„Ich bin dir wohl zu Nahe getreten“, murmelte sie. „Ich bin es, die sich entschuldigen sollte.“
„Nein, nein. Du hast mich doch nur verwechselt.“
„Ver…?“
„Keine Sorge, so was passiert mir ständig. Durchschnittsvisage.“ Ja, und unterdurchschnittliche Intelligenz. Er setzte ein dementsprechend debiles Grinsen auf.
„Ach so. Ja, verwechselt.“
Sie glaubte ihm kein Wort, aber zumindest schauspielerte sie besser als er.
„Dann tut es mir sehr leid, dass ich dich … verwechselt habe.“
„Kommt vor.“ Zusammenreißen! Sie würde ihn schon nicht ans FBI verkaufen, selbst wenn sie etwas ahnte. „Meine Einladung steht. Was sagst du?“
„Hm. Ich würde gerne zusagen, aber da wären zwei Bedingungen.“
Inzwischen war sie rot im Gesicht. Die Farbe biss sich auf entzückende Art mit dem Farbton ihrer Haare und noch viel stärker mit ihrer selbstsicheren Stimme.
„Zunächst muss ich eine Runde mit dem Hund gehen. Wenn du allerdings nichts gegen einen Coffee to go einzuwenden hast, wüsste ich ganz in der Nähe eine tolle Eisdiele, die noch geöffnet hat. Sie grenzt direkt an den Park. Die machen außerdem ein sehr leckeres Pfefferminzeis.“
„Klingt gut. Was ist die zweite Sache?“
Sie beugte sich zu ihrem Hund hinab, rieb ihm hektisch über das Fell. Ihre Schultern zuckten leicht, als würde sie ein Kichern unterdrücken. „Verrat mir, wie lange du hier schon stehst. Rein zufällig.“
Dass sie ihn mühelos durchschaute, war überhaupt nicht witzig. Er musste trotzdem lachen. „Das willst du nicht wirklich wissen.“
Bis zur Eisdiele gingen sie schweigend, davon abgesehen, dass Samuel leise die Melodie der X-Files pfiff. Er fühlte sich von dem Hund beobachtet, auch wenn das Tier vorgab, ihn nicht zu beachten. Helena schien unruhig, sie klopfte sich permanent mit dem Zeigefinger gegen die Unterlippe. Er kaufte ihr ein Pfefferminzeis und einen Milchkaffee und vergaß, sich selbst etwas zu bestellen. Zu spät fiel ihm ein, dass dies ein eher ungewöhnliches Verhalten war. Erschreckend, wie schnell man sich Selbstverständlichkeiten im Miteinander abgewöhnte, wenn private Kontakte nicht mehr zu diesen Selbstverständlichkeiten zählten.
Sie runzelte die Stirn. „Magst du kein Eis?“
„Eigentlich nicht, nein.“
„Und dafür gehen wir extra hierher? Willst du mich in Verlegenheit bringen?“
Er hätte ihr gerne gesagt, dass er nur hier war, um neben ihr zu gehen, und dass dies alles war, was er wollte. Dummerweise wäre es eine Lüge, denn inzwischen reichte das nebeneinander hergehen längst nicht mehr aus. Ihre Hand zu berühren hätte ihm besser gefallen, allerdings fand er das nicht nur voreilig, sondern vor allem unangebracht. Herrgott, die Jahre hätten ihn Geduld lehren sollen. Leider schien das Gegenteil der Fall.
Sie hatte die Hundeleine um den Arm geschlungen und hielt die Eiswaffel in der einen, den Kaffee in der anderen Hand. Mit der Zunge suchte sie sich geschickt die Schokosplitter aus der Eiscreme und ahnte vermutlich nicht, wie sehr dieser Anblick ihn ins Schwitzen brachte. Statt zu antworten, versuchte er sich an einem unverfänglichen Gespräch über ihren Job und übers Wetter. Sie erzählte von ihren Kollegen. Er lobte den vorbildlichen Gehorsam ihres Hundes. Sie sprach über die Architektur der umliegenden Häuser.
Es war ein Krampf.
Jede Kommunikation ertrank in entnervendem Schweigen, als ihnen kurz vor Erreichen des Parks schon die trivialen Themen ausgingen.
„Wie verbringst du deine Freizeit?“, wollte sie irgendwann wissen und übertrat dabei zaghaft die Grenze des Unverfänglichen in Richtung einer persönlichen Unterhaltung.
Sein Blick schoss unweigerlich zum Himmel und dann zur Uhr. Hier im Park, unter den ausladenden Kronen mächtiger Ahornbäume und Kastanien, war es schon vollkommen dunkel, aber noch blieb Zeit. Sie bohrte nach, als er nicht gleich reagierte.
„Keine Hobbys? Komm schon, du sitzt kaum nach der Arbeit nur zu Hause rum, hm? Du treibst Sport, das sieht man.“
„Manchmal gehe ich joggen“, sagte er. „Früher habe ich geboxt.“
Sie reichte ihrem Hund das
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