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Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phoenixfluch
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und in Farbe.“
    Er lachte. „Okay, das nenne ich eine starke Vorlage. Schwer zu schlagen. Was kann ich dem entgegensetzen?“ Sinnierend sah er in die Luft. „Vielleicht, dass ich permanent vergesse, wo ich meinen Wagen parke, dann suchend durch die Straßen irre. Heutzutage sieht halt alles zu ähnlich aus.“
    Helena wiegte den Kopf hin und her. „Das klingt sehr niedlich, aber das reicht mir nicht. Erbärmlicher Versuch.“
    „Okay, dann etwas anderes.“ Er kniff den Mund zusammen, dann sagte er: „Ich bin älter als ich aussehe. Bedeutend älter.“
    Helena biss sich auf die Lippe. „Besuchst du Botox-Partys?“
    „Fragen sind verboten“, tadelte er. „Du bist dran.“
    „Ich habe Abitur und eine stinklangweilige Lehre zur Bürokauffrau gemacht, nur um gegen meine Eltern zu rebellieren, die mich lieber in lila Latzhosen als Verkäuferin in ihrem Bioladen arbeiten gesehen hätten“, rasselte sie eilig hinunter, zu gespannt auf sein großes Geheimnis. „Allerdings hab ich den Bürojob vom ersten Tag an gehasst und mir demnach wohl selbst ins Knie geschossen. Jetzt verkaufe ich Musikinstrumente, dabei kann ich allenfalls ein paar Lagerfeuerlieder auf der Gitarre, den Flohwalzer auf dem Klavier sowie Frère Jaques auf der Blockflöte spielen.“
    „Ich beherrsche neun Instrumente, kaufe und verkaufe noch mehr, und kann keine einzige Note lesen“, erwiderte Samuel.
    „Spielst du nach Gehör?“
    Er nickte mit einem versonnenen Lächeln, als würde er sich an etwas Schönes erinnern. Diesmal musste Helena lange überlegen und erneut erwischte sie sich beim Anknabbern ihrer Fingernägel. Dann platzte es aus ihr hinaus.
    „Meine Mutter ist eine Hexe.“
    Samuels Augen verengten sich, seine Lippen öffneten sich. „Das zählt nicht“, sagte er leise, jedoch so rau, dass das in seinen Worten schwingende Interesse Helena einen Schauder über den Rücken laufen ließ. „Es muss dich betreffen, nicht deine Mutter.“
    Unbehagen ließ sie in ihrem T-Shirt frösteln. Sie wollte nicht darüber reden. Über alles, aber nicht darüber. Doch diese Antwort würde ihm mit Gewissheit sein großes Geheimnis entlocken, und so schluckte sie hart und sagte: „Ich bin auch eine.“
    Samuel lief die Farbe aus dem Gesicht.
    Er ließ die Birne auf den Tisch fallen, ihr Saft malte Flecken auf das Eichenholz. Seine Finger klebten, als er über den Tisch griff und seine Hand um ihre schloss.
    „Erzähl mir davon.“
    „Ich dachte, Fragen gelten nicht.“
    „Bitte!“ Ein lang gezogenes Wort, fast ein Flehen.
    Sie hatte immer geahnt, dass sie es irgendwann jemandem erzählen musste. Warum nicht ihm? Er glaubte ihr. Weshalb auch immer.
    „Früher“, sagte sie mit einem Seufzen, „habe ich Geister gesehen. Die Schatten Verstorbener, die noch nicht auf die andere Seite gehen konnten oder mochten. Tiere, die bleiben wollten. Als ich vierzehn Jahre alt war, führte mich der Geist einer großen, grauen Katze in einen Wald.“ Sie atmete durch, nicht sicher, wie er reagieren würde. „Ich fand das Skelett dieser Katze unter einem Hagebuttenstrauch. Es sah aus, als hätte sie sich dort zum Schlafen zusammengerollt. Ihr Kopf lag auf den Pfoten, jeder Knochen war dort, wo er hingehörte. Es war uraltes Gebein, wie viele Jahre von der Sonne gebleicht und vom Regen glatt gewaschen. Ich nahm die Knochen mit nach Hause.“
    Helena stand auf, trat zur Kommode, nahm das Ledersäckchen heraus und legte es vor Samuel auf den Tisch. „Meine Mutter hielt es für ein Omen und behauptete, der Geist dieser Katze wäre mein Totem und wollte meine Kräfte erwecken. Sie freute sich riesig und lud sofort meine Oma und meine Tante ein. Diese kamen am gleichen Nachmittag und zeigten mir gemeinsam zwischen Kaffee, Sekt, Marmorkuchen und Donauwellen, wie man aus diesen Knochen die Zukunft orakeln kann.“
    Nervös kämmte sie mit den Fingern durch ihr Haar. Samuel nahm ihre Hand, betrachtete sie einen Moment und zog Helena auf seinen Schoß. Es fühlte sich gut an, so nah bei ihm zu sein. Tröstlich. Durch seine Jeans spürte sie seine Körperwärme an ihren nackten Oberschenkeln.
    „Zeigst du es mir?“ Sein Herz schlug schnell an ihrer Schulter.
    Dass er ihr so vorbehaltlos glaubte, rührte sie zutiefst, aber sie wollte mit alldem nichts mehr zu tun haben. „Ich mache es nicht mehr. Nie mehr. Ich sehe die Geister nicht mehr.“
    „Warum nicht?“
    „Ich wollte sie nicht mehr sehen. Es funktioniert wie bei Kindern. Rede ihnen ein, dass es

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