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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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ihm gerade zupass kam. Als sich sein schlechtes Gewissen pflichtschuldig verabschiedet hatte, schob er das Fliegengitter hoch und kletterte aus dem Fenster.
     
    Omar stocherte mit einem Stock in einem Lagerfeuer, als sein europäischer Kumpel kam. Er trug einen großen Fes aus rotem Samt, der ringsum mit kleinen Spiegelscherben besetzt war. Seine weiße Hose war weit geschnitten und erinnerte ein bisschen an die schlabberigen pyjamaartigen Hosen der alten Beduinen. Aber die Jacke war das Beste: Sie sah aus wie das Jackett eines Kommunionanzugs, nur dass sie aus dem glänzenden blauen Stoff genäht war, den man normalerweise für Radlerhosen verwendet. Benny vermutete, dass dies Omars Sonntagsstaat war. Offensichtlich war etwas im Busch.
    » Ya , Omar«, sagte er.
    » Ya , Binny. Kif halek? «
    »Großartig, denk ich mal.« Er deutete auf Omars Kopfbedeckung. »Was hat es mit diesem Ding da auf sich?«
    Omar setzte den funkelnden Fes ehrfurchtsvoll ab und rieb die glänzenden Teile blank. »Hut«, sagte er.
    »Ach ja. Was du nicht sagst.«
    »Hut Homer.«
    Benny dachte einen Augenblick lang nach. Dann erinnerte er sich. Homer war TV-Sprache und bedeutete Dad. »Er ist très … très … klasse«, sagte er und bekräftigte seine Worte mit nach oben gerecktem Daumen.
    »Suchram.«
    »Gerne.«
    Omar reichte ihm den Fes. Er tat so ernst, dass man schwören könnte, er wäre Geronimo, der Indianer, der die Friedenspfeife weiterreichte. Benny erkannte jetzt, dass der Samt wirklich mit kleinen Spiegelscherben übersät war. An den Glasrändern quoll angetrockneter Klebstoff hervor. Orangefarbene Flammen und sein eigenes unsicheres Gesicht sprangen ihn an.
    » Très klasse«, sagte er noch einmal und versuchte, das alte, ein wenig muffige Erbteil – oder ist es ein Haarteil, dachte er und verschluckte ein Kichern –, an Omar zurückzugeben. Aber Omar wollte davon nichts wissen.
    »Negatori guter Kumpel«, sagte er, »auf deinem Kopf soll er sein.«
    Benny wusste, auf was man sich bei diesen Arabern gefasst machen musste. Wenn man nach dem Essen nicht rülpste oder eine freundliche Geste zurückwies, reagierten sie leicht sehr verärgert und belegten einen und die ganze Familie womöglich mit einem Fluch.
    »Alles klar«, sagte er und balancierte vorsichtig den Fes auf seinen Ohren. Sofort spielte sein Gehirn verrückt und bombardierte ihn mit Bildern von krabbelndem Ungeziefer, das sich auf seinen Skalp abseilte.
    Omar stocherte wieder im Feuer. Er ist heute furchtbar trübselig, dachte Benny. Aber wenn man in einer Hütte lebte und die Eltern bei einem Zugunglück oder so ums Leben gekommen waren, hatte man ein Anrecht darauf, sich gelegentlich eine Auszeit zu nehmen.
    Nach einer Weile schob der tunesische Junge das Holz und die Asche weg und legte einen Hügel flacher Steine darunter frei. Dann warf er auch die Steine weg, die zischend zersplitterten. Benny machte große Augen. Noch nie hatte er glühende Steine gesehen. Sie brannten kleine Krater in den Untergrund wie fliegende Untertassen. Unter diesem provisorischen Ofen kam ein roter Tontopf zum Vorschein. Er sah aus wie diese griechischen Vasen mit Griffen.
    Mithilfe seines Stocks hob Omar den Topf hoch und stellte ihn auf einer Zeitung ab.
    »Gargolette« , sagte er stolz.
    »Gurgeln?«
    » La «, sagte Omar und schüttelte den Kopf. »Gargolette!«
    »Jetzt kapier ich es«, nickte Benny und der Fes schaukelte auf seinen Ohren. »Das ist eine Gargolette. «
    Omar hob einen Ziegelstein auf und reichte ihn Benny. Benny befeuchtete einen Finger und berührte den Stein. Zischte nicht. Gehörte also nicht zum Ofen. »Und?«, fragte er und wog den Ziegelstein in der Hand.
    Omar klatschte in die Hände. »Spreng es, Murdock.«
    Kein Junge unter der Sonne hätte einem solchen Angebot widerstehen können. Benny holte aus und versenkte den Stein in dem runden Bauch der Gargolette. Der gebrannte Ton zersprang und der Inhalt drängte nach außen. Dicke fettige Soße, Zwiebeln und heißes Couscous spritzten auf seinen Unterarm.
    »McDonalds ist einfach gut«, freute sich Omar.
    »Burger King«, stimmte Benny zu und leckte sich den Arm ab.
    Der Bauch der Gargolette war voller Fleischstücke und Couscous. Oben war das Gefäß mit einem knusprig gebackenen Stück Teig verschlossen. Omar nahm sich eine Tonscherbe und zog sie mitten durch das Festmahl.
    »Al-hamdu li’llah« , sagte er und schwenkte die provisorische Schüssel vage in Richtung Mekka. Kaum war das Tischgebet

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