Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
landete mit dem Gesicht voran auf dem Beton, als Kümmerchen sich auf die Hinterläufe niederließ und die Leine ihre Spannung verlor. Das tat verdammt weh. Genau genommen erinnerte es mich daran, wie ich mit zehn, während eines Familienurlaubs in einem piekfeinen Erholungsort in South Carolina, beschlossen hatte, vom höchsten Sprungbrett aus in den Pool zu hüpfen.
Ich hielt mich schlicht und einfach für obercool, wie ich in meinem geschmeidigen rosafarbenen Einteiler zehn Meter über dem Erdboden stand und meinen Schwestern zuwinkte, die im flachen Wasser rummemmten. Mit schnellen Schritten lief ich übers Sprungbrett und flog ins Leere hinaus wie die Göttin der Meeresvögel höchstpersönlich. Doch dann, aus heiterem Himmel, wurde die ganze Sache ziemlich unschön. Ich konnte meinen Körper einfach nicht dazu bringen, sich so zu drehen, wie er sollte, und plötzlich war der Flug ohne Vorwarnung zu Ende. Ich legte eine Bauchlandung hin, und meine Nervenenden brüllten den brennenden Schmerz hinaus, den meine dünne Haut auf dem ruhigen Wasser erlitt.
War das peinlich.
Das Geräusch spitzer Absätze auf Beton schreckte mich aus meinen Gedanken auf. Mit von meiner Zehn-Zentimeter-Beton-Bauchlandung schwirrendem Kopf blickte ich auf, in der Erwartung, ein Paar hochhackiger Schuhe auf mich zukommen zu sehen. Stattdessen sah ich mich zwei schwarzen Markenlederslippern gegenüber, die so auf Hochglanz poliert waren, dass ich buchstäblich mein Spiegelbild in ihnen sehen konnte, einschließlich der Schlauchbootlippen.
Als die Slipper keine zwanzig Zentimeter mehr von meinem Gesicht entfernt waren, blieben sie stehen. Ihr Träger tappte ungeduldig mit dem linken Fuß auf den Boden.
Stepptanzschuhe? , stellte ich überrascht fest. Wer – außer Gene Kelley, der meiner Meinung nach nicht fehlgehen konnte -trägt in der Öffentlichkeit Stepptanzschuhe?
„Was soll diese Unterbrechung?“, fragte eine Männerstimme, deren indischer Akzent vor Verärgerung einen abgehackten Klang hatte. „Eure Demutsbekundungen sind ohne Bedeutung für mich. Steht auf und erklärt euch, wenn ihr nicht meine maßlose Wut heraufbeschwören wollt.“
„Au“, sagte ich zur Antwort und rieb mir das heftig pulsierende Kinn – wahrscheinlich war es ebenso zerkratzt und zerschlagen wie der Rest meines Körpers. Ich schloss die Augen. Schmerz wummerte mit jedem Herzschlag durch meinen Kopf. Wenn ich in dem Tempo weitermachte, würde ich eher zu früh als zu spät ein Magengeschwür kriegen. Langsam war diese ganze Sache den Ärger wirklich nicht mehr wert. Vielleicht war es am besten, wenn der Protegé des Teufels einfach die Jenseits GmbH übernahm, damit endlich Ruhe herrschte.
Nein, sagte eine leise, entschlossene Stimme in meinem Kopf. Ich finde meinen Vater und meine Schwester, und damit hat es sich. Protegé des Teufels hin oder her, hier wird nicht klein beigegeben! Ich bin keine Verliererin!
Ich schloss die Augen und wappnete mich gegen den Schmerz, der zweifelsohne über mich hereinbrechen würde, sobald ich aufstand und mich bewegte.
Also biss ich die Zähne zusammen, stemmte mich hoch und hievte mich mit einem lauten, schmerzerfüllten Stöhnen auf die Beine. Ich öffnete die Augen und schaute dem wütenden Mann, der mir gegenüberstand, ins Gesicht. Er war einige Zentimeter größer als ich, aber wahnsinnig dünn – in der Art und Weise, die einen in der Schule zum Opfer erbarmungslosen Spottes macht. Sein geöltes schwarzes Haar klebte ihm wie eine Kappe am Kopf, wodurch seine lange, spitze Nase noch hervorstechender wirkte, als sie es ohnehin schon war. Der leuchtend rote Seidenanzug ließ seine blasse Haut in keinem allzu vorteilhaften Licht erscheinen.
Sollen wir vielleicht noch mal auf die Stepptanzschuhe zurückkommen?
„Hör mal“, setzte ich an. „Es tut mir leid, dass ich dich bei deiner Tanznummer gestört habe, werter Herr. Wir möchten nur mit Indra sprechen, dann bist du uns auch gleich wieder los.“
„Ihr wollt mit Indra sprechen?“, sagte eine der Tänzerinnen, warf ihr langes schwarzes Haar über die Schulter und bedachte mich mit einem abfälligen Blick. „Alte, die Gopis fahren null drauf ab, wenn so ’ne weiße Schlampe sich an ihren Mann ranmacht.“
Hip-Hop-Gequatsche von einem Mädchen in einem orangefarbenen Sari?
„Wir sind nicht hier, um uns ‚an deinen Mann ranzumachen’, wie du es so treffend ausgedrückt hast“, erklärte ich und schaute mich zu Clio um, die hingebungsvoll
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