Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
Hand. Erst dann schüttelte er sie.
»Ja, es ist abgemacht«, sagte der Faun und grinste mich wie ein Schuljunge an. »Außerdem, je schneller wir die Totenakte in die Finger kriegen, desto rascher kriege ich diese wunderbaren Quarktaschen in die Finger.«
Sobald diese ausgesprochen uncharakteristischen Worte (oder vielleicht waren sie auch charakteristischer, als mir klar war) Jarvis’ Mund verlassen hatten, wechselten Clio und ich einen entsetzten Blick. Offensichtlich dachte sie genau das Gleiche wie ich. In einem einzigen Satz hatte Jarvis das Unmögliche vollbracht. Er hatte uns beide mehr in Verlegenheit gebracht als je zuvor in unserem Leben.
»Na schön, du scharfer Bock.« Ich verdrehte die Augen in Jarvis’ Richtung. »Gehen wir ins Fegefeuer.«
10
Im Anfang schaute Gott aufs Universum, das er/sie geschaffen hatte, und sah, dass es gut war.
Die Engel verwalteten den Himmel, während der Teufel sich um die Hölle kümmerte. Beide Seiten waren offenbar vollauf zufrieden mit diesem Arrangement, und es sah ganz so aus, als würde alles glattgehen … bis Gott sich irgendwann ans Fegefeuer machte.
Anscheinend führte das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, das Gott durch die gerechte Aufteilung von Himmel und Hölle geschaffen hatte, dazu, dass die Verwaltung des Fegefeuers – gewissermaßen die Baststätte, die beide Ebenen miteinander verband – von jedem dahergelaufenen Eumel beider Seiten unterwandert werden konnte. Wenn aber Himmel oder Hölle das Fegefeuer einnahmen und es für sich reklamierten, dann würde sich das prekäre Gleichgewicht zwischen den beiden Existenzebenen verschieben, und das Leben, wie wir es kennen, würde aufhören zu existieren.
Für immer.
Gott, der oder die immerhin eine superintelligente schöpferische Kraft war, bemerkte diesen Fehler in seiner/ihrer ansonsten ziemlich großartig gelungenen Schöpfung und beschloss, dass die Person, die das Fegefeuer leiten würde, absolut unparteiisch sein musste. Die betreffende Entität musste Gut und Böse in sich vereinen, damit sie nicht einer Seite gegenüber voreingenommen sein würde. Sie würde außerordentlich fair sein müssen, aber auch absolut willens, ohne Bauchschmerzen die schweren Entscheidungen zu treffen, die jeder gute Chef dann und wann treffen musste.
Nach vielen Irrungen und Wirrungen traf Gott schließlich die Erkenntnis. Er/sie konnte kaum glauben, dass die Lösung von Anfang an direkt vor seiner/ihrer Nase gewesen war. Das Geschöpf, das am besten dazu geeignet war, das Fegefeuer zu leiten und den Tod zu verwalten, war kein anderes als die schlichteste Schöpfung Gottes.
Die Lösung für Gottes Problem war: der Mensch.
Mein Vater war mit gerade mal dreißig Jahren für den Todesjob ausgewählt worden.
Bis dahin war er ein idealistischer junger Mann gewesen, der sich, obwohl arm geboren, am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen hatte und einer der wohlhabendsten Stadtentwickler Nordamerikas geworden war. Das Übernatürlichste, was man damals über ihn hätte sagen können, war, dass er last wie von Zauberhand aus nichts Geld machen konnte. Abgesehen davon war er vollkommen und absolut normal – oder glaubte zumindest, es zu sein.
Er konnte unmöglich wissen, dass er nie normal gewesen war, nicht mal als Embryo im Mutterleib.
Ihr müsst wissen, dass in jede Generation drei Personen geboren werden, die die nötigen Eigenschaften haben, um zum Tod zu werden. Eine solche Person kann ein ganzes Menschenleben leben, ohne jemals zu erfahren, dass sie diese »Besonderheit« mit sich herumträgt, die tief in ihre DNS eingeschrieben ist. Trotzdem begleitet sie sie ihr ganzes Leben lang und wartet auf den einen, glanzvollen Moment, wenn die Person vielleicht dazu berufen wird, ihr übernatürliches Schicksal zu erfüllen.
Wenn man zum Tod wird, besteht eine der besonderen Vergünstigungen darin, dass man gemeinsam mit seiner Familie unsterblich wird. Man kann sich also vorstellen, dass die meisten Leute diesen Job außerordentlich lange behalten. Aus diesem Grund erhalten auch nur wenige Leute jemals eine Bewerbungsaufforderung. Weil der »alte« Tod freiwillig seine/ihre Position aufgeben muss, bevor irgendeine dieser »besonderen« Personen zu einem Vorstellungsgespräch gebeten wird, hat man kaum eine Chance, die Wahrheit über sich herauszufinden. Tatsächlich erfahren die meisten potenziellen Kandidaten niemals etwas davon, wie »besonders« sie sind – aber das Leben derjenigen, denen man
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