Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
Freizeithose, Boxershorts und ein Männerunterhemd raussuchte. Ich versuchte den Weg durchs Haus so schnell wie möglich zurückzulegen, sodass niemand dem Anblick von Senenmuts Nacktheit ausgesetzt wurde. Wenn man von ihm auf den Rest der alten Ägypter schließen konnte, hatten sie wohl ein ziemlich lockeres Verhältnis zu Kleidung gehabt. Ich will damit sagen, dass sie anscheinend nicht die geringsten Probleme damit gehabt hatten, splitternackt rumzulaufen.
Sobald er vernünftig eingekleidet war, gingen wir wieder runter und in den Garten hinter dem Haus. Senenmuts Vorstellung von einem perfekten Opfer, das er Nephthys bringen wollte, beinhaltete das Verbrennen von einigen seiner Haare, deren Asche er anschließend ins Meer streuen wollte. Da mir das alles ziemlich harmlos vorkam, lehnte ich mich – nachdem ich ein paar Streichhölzer für ihn aufgetrieben hatte – einfach zurück und ließ ihn sein Ding machen.
Wir gingen über den Rasen hinter dem Haus, bis wir uns am Rande der Klippe befanden, wo die drei Steinbänke standen, vor denen meine Schwester und ich uns als Kinder so gegruselt hatten. Ich versuchte mich von dem bevorstehenden Besuch Nephthys’ nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, setzte mich auf die mittlere Bank und sah zu, wie Senenmut ein Büschel Haare aus der Tasche zog und in Brand setzte.
»O große Göttin Nephthys, erhöre mein Gebet!«, rief er in den tosenden Wind, der mir das Haar aufpeitschte und mich frösteln ließ. Mir war nicht klar gewesen, wie kühl es in letzter Zeit geworden war, doch nun spürte ich, wie die Kälte mir tief in die Knochen kroch.
Glücklicherweise hatte ich mich schnell umziehen können, während Senenmut sich eingekleidet hatte. Ich war für einen Moment in mein altes Zimmer verschwunden und hatte eine dicke Cordhose und einen warmen rosafarbenen AngorapuUi gefunden. Zum Duschen hatte ich keine Zeit gehabt, aber allein schon die Möglichkeit, das eklige alte Missoni -Oberteil auszuziehen, gab mir das Gefühl, ein neuer Mensch zu sein.
Sobald ich mich angezogen hatte, schlich ich mich ins Badezimmer meiner Mutter und sprühte mir ein bisschen Chanel No. 5 auf die Handgelenke. Wenn man in dem Zeug baden könnte, hätte ich wahrscheinlich genau das gemacht – so toll fand ich es. Es handelte sich um mein konkurrenzloses Lieblingsparfum. Ich liebte die Art und Weise, wie sein Duft an meiner Haut und Kleidung haftete, noch lange, nachdem ich es aufgelegt hatte.
»Es funktioniert nicht.«
Den Duft von Chanel No. 5 noch in der Nase, schaute ich zu Senenmut und sah, dass er wütend am Klippenrand auf und ab »Ich weise dich ja nur ungern darauf hin, aber das habe ich doch gleich gesagt«, erwiderte ich, doch er war so sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, dass er mich gar nicht hörte.
»Dann muss ich etwas Schwärzeres ausprobieren«, murmelte er bei sich.
Ich beobachtete, wie er den rosafarbenen Wegwerfrasierer aus der Tasche holte – wo zum Teufel hatte er das Ding versteckt, als er ohne das Handtuch rumgerannt war? – und sich die Klinge über die rasierte Kopfhaut zog. Sofort sammelte sich das Blut dort, wo er sie entlanggezogen hatte, lief an seinen Schläfen herab und in sein Ohr. Es sah so eklig aus, dass ich den Blick abwenden musste.
»Nephthys, Göttin der Verborgenen Dinge, nimm dieses Opfer meines Blutes als Bezahlung für meine Antwort an!«, schrie er.
Ich öffnete die Augen und sah mit Erschrecken einen großen roten Vogel mit gekrümmtem, kohlschwarzem Schnabel aus dem leeren Himmel herabstoßen. Er ließ sich auf Senenmuts Schulter nieder und fing an, das Blut aufzulecken, das aus seinem Kopf strömte. Als der Vogel genug getrunken hatte, senkte er den Schnabel an Senenmuts Ohr und flüsterte ihm etwas zu. Ich war zu weit entfernt, um seine Worte zu verstehen, aber Senenmuts begeisterter Gesichtsausdruck verriet, dass es sich um gute Nachrichten handelte.
So plötzlich, wie der Vogel aufgetaucht war, schwang er sich wieder empor und verschwand am wolkenlosen Himmel. Senenmut drehte sich mit einem breiten Lächeln auf seinem hübschen, blutigen Gesicht zu mir um.
»Es ist vollbracht. Bei Nephthys, ich weiß, wo die gegenwärtige Inkarnation meiner verlorenen Liebe weilt!« Sein Blick war wild, und er erhob triumphierend die Arme. Und dann, als das Blut aus seiner Kopfhaut im Takt seines Herzschlags hervorzusprudeln begann, kippte er nach vorne und verlor vor meinen Füßen das Bewusstsein.
Ich wusste nicht, ob er vor
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