Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
die Welt eine andere, und ich hatte den deutlichen Eindruck, dass Senenmut desillusioniert und deprimiert werden würde, sobald die neue Erfahrung der Freiheit nach Tausenden von Jahren in Gefangenschaft sich abnutzte. Mir wurde klar, dass der einzige echte Gefallen, den ich ihm erweisen konnte, darin bestand, ihn bei Zerberus abzuliefern und ihn so wieder in den Kreislauf der Wiedergeburt einzuspeisen, damit er sein altes Selbst endgültig hinter sich lassen konnte – ob wir seine verlorene Liebe nun fanden oder nicht.
Das wäre wirklich das Beste für alle Beteiligten, schlussfolgerte ich niedergeschlagen, während ich die Hand nach dem Knauf der Hintertür ausstreckte. Doch bevor ich das blöde Ding drehen konnte, schwang die Tür auf, und ich fiel beinahe mit dem Gesicht voran ins Haus.
»He!«, sagte ich und griff nach dem nächstbesten Halt, um mich abzustützen – und zufällig handelte es sich dabei um Jarvis und den Türrahmen. »He, ich war gerade auf der Suche nach dir.«
Jarvis versteifte sich, doch er gestattete mir, seine Schulter weiterhin als Stütze zu benutzen, bis ich mich gefangen hatte.
»Ja?«, fragte er, als ich schließlich wieder aufrecht stand.
»Einen Moment noch«, bat ich, während ich mich vergewisserte, dass ich mir keinen Stiefelabsatz abgebrochen hatte. »Alles klar, tut mir leid, das eben.«
Ich streckte die Hand aus und tat so, als wollte ich einen Fussel von Jarvis’ Hemdkragen wischen, doch er wehrte mich handwedelnd ab.
»Lass das!«, sagte er und schaute auf sein Hemd, um sich zu vergewissern, dass er dort nicht wirklich etwas hatte.
»Hör mal, Jarvis.« Ich ließ den Kopf hängen und schaute reuig auf meine Füße. »Es tut mir wirklich, wirklich, wirklich leid, dass ich dich in der Totenhalle zurückgelassen habe und ganz allein mit Bastet mitgegangen bin.«
Ich spähte unter meinen Wimpern hervor, um zu sehen, ob er mir die Entschuldigung abkaufte – was nicht der Fall war. Stattdessen kratzte er sich gerade mit dem Rand seines Zwickers etwas Dreck unter den Fingernägeln hervor, wobei er mich kaum beachtete.
»Wenn du eine Maniküre willst, besorge ich dir einen Termin«, sagte ich und stemmte die Hände in die Hüften. »Aber jetzt hörst du mir mal einen Moment lang zu, in Ordnung?«
Jarvis blickte seufzend auf und steckte sich den Zwicker in die Jackentasche. »Na schön. Ein paar Minuten kann ich wohl entbehren.«
Ich bedachte ihn daraufhin mit einem unsicheren Lächeln. »Danke, Jarvis.«
Er zuckte zwar mit den Schultern, aber wenigstens hörte er mir endlich zu.
»Ich möchte mich entschuldigen. Es war von vorne bis hinten alles meine Schuld. Du hast mir aus der Patsche geholfen, und ich hab dich total in den Wind geschossen«, begann ich. »Und … es tut mir einfach wirklich, wirklich leid. Ich weiß, dass es überhaupt nichts hilft, wenn ich sage, dass ich das nicht noch mal tun werde, aber ich verspreche dir, bevor ich wieder etwas derart Dummes mache, werde ich innehalten, mir eine Minute Zeit nehmen und mich fragen: Was würde Janas tun?«
Der Faun räusperte sich. »Das hast du von den Jesusspinnern geklaut, nicht wahr?«
Ich nickte. »Jau, ich habe ein Gummiarmband mit WWJT? drauf gesehen, und etwa zwei Sekunden lang dachte ich wirklich, dass das für ›Was würde Jarvis tun‹ steht. Ungelogen, das schwöre ich bei Gott.«
Ich sah, wie Jarvis’ Mundwinkel versuchten ein Lächeln zu bilden, doch der kleine Faun tat alles in seiner Macht Stehende, um meine Entschuldigung nicht anzunehmen.
»Verzeihst du mir bitte?«, flehte ich, aber er gab noch immer nicht nach. »Du lässt mir wirklich keine andere Wahl, oder?«, fragte ich seufzend.
Jarvis nickte.
»In Ordnung.« Ich ließ mich in der Tür auf ein Knie nieder und legte die Hände wie zum Gebet aneinander. »Bitte, Jarvis. Bitte, bitte, bitte vergib mir.«
»Das ist doch lächerlich«, sagte er, ergriff meinen Arm und zog mich auf die Beine. »Steh auf.«
»Vergeben?«
»Wie könnte ich Nein sagen, wenn du mir den Weg durch die Tür versperrst?«, erwiderte er trocken.
»Ich dachte mir schon, dass du mich verstehen würdest«, sagte ich. »Jetzt, da wir uns vertragen haben, muss ich dich noch um einen Gefallen bitten.«
Jarvis verdrehte die Augen zum Himmel. »Natürlich musst du das, meine Liebe. Wie man im Tierreich sagt: Ein Leopard wechselt sein Fleckenkleid nie.«
Ich nahm die Spitze willig in Kauf. Immerhin wusste ich, dass Jarvis Gott sei Dank wieder auf meiner Seite
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