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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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sprach.
    Interessiert beobachtete er, wie de Chauliac den Alchimisten Flamel beim Arm nahm und aus dem Raum führte. Sie gingen die Treppe hinauf zu dem Teil des Hauses, in dem seine eigene Kammer lag. Und er machte sich etwas beunruhigt den wahrscheinlichen Zweck ihres Verschwindens klar – de Chauliac würde diesem Flamel die Handschrift zeigen. Für einen kurzen Moment war er in schrecklicher Versuchung, ihnen zu folgen – zu hören, was der Alchimist zu der Schrift Abrahams sagen würde. Doch er durfte die Gelegenheit nicht verpassen, mit Karle zu sprechen, solange sein französischer Kerkermeister ihn nicht beobachtete.
    Marcel war in eine etwas trunkene und sehr leidenschaftliche Diskussion mit einem der anderen Gäste vertieft und kümmerte sich nicht um seinen »Neffen«. Alejandro nahm etwas unsanft dessen Arm und steuerte ihn in die Vorhalle. Die Wachen behielten ihn im Visier, griffen aber nicht ein.
    Als er annahm, daß sie außer Hörweite waren, zischte er: »Was ist mit ihr? Sprecht! «
    »Beruhigt Euch, Arzt«, sagte Karle, »und lockert Euren Griff! Wenn Ihr noch fester zudrückt, werdet Ihr meinen Arm kurieren müssen.«
    Alejandro ließ ihn los. »Da habt Ihr Euren Arm zurück, aber redet jetzt endlich. Und zwar zügig, denn wir haben vielleicht wenig Zeit.«
    Karles Stimme klang dringlich. Während er sprach, schaute er wiederholt über Alejandros Schulter. »Sie ist ganz wohlauf, das versichere ich Euch. Wir suchen ständig nach Euch!«
    »In der Rue des Rosiers? Unter dem Schild der Fromagerie? «
    »Genau dort.«
    »Sie hat sich also erinnert, auch nach diesen vielen Jahren.«
    »In der Tat! Besser als Ihr, scheint mir – wo Ihr doch hier in so großer Nähe seid!« beschwerte Karle sich. »Warum seid Ihr nicht gekommen?«
    Alejandro starrte ihn ungläubig an. Seine Miene wurde hart vor Zorn. »Seht Ihr denn nicht, daß ich ein Gefangener bin?« flüsterte er.
    »Ich sehe Euch nicht in Ketten.«
    Alejandro neigte den Kopf in Richtung Tür, wo die Wachen standen. »Er hat mich mit menschlichen Ketten gefesselt! Glaubt Ihr nicht, daß ich kommen würde, wenn es mir möglich wäre?«
    Karle erwiderte den zornigen Blick. »Woher soll ich wissen, was Ihr tun oder nicht tun würdet?«
    »Meine Tochter wüßte es! Hat sie Euch nicht erzählt, daß ich ihr vollkommen ergeben bin?«
    »Viele Male. Und sie spricht auch davon, die sie Euch ergeben ist. In dieser Hinsicht braucht Ihr Euch also nicht zu sorgen.«
    Alejandro trat dichter an Karle heran, und seine Miene war jetzt noch bedrohlicher. »Sollte ich mich denn in anderer Hinsicht sorgen?«
    Karles kaum merkliches Zögern entging Alejandro nicht.
    »Nun?« bohrte er.
    »Nein. Sie ist wohlauf und glücklich.«
    »Glücklich? Wie kann ein Mädchen, das so lange von seinem Vater getrennt ist, glücklich sein?«
    Der Revolutionär geriet ins Stammeln. »Nun, vielleicht ist sie nicht wirklich glücklich, aber sie scheint zufrieden.« Er suchte nach einer Erklärung. »Sie hat eine Gefährtin, die ihr Gesellschaft leistet, ein Mädchen in Marcels Haus, wo …«
    » Ihr habt sie in Marcels Haus gebracht? «
    »Ja. Und er hat uns freundlich aufgenommen – ohne nachzuforschen, wer sie sein könnte oder warum sie bei mir ist. Ich bin dorthin gegangen, weil es für sie kein anderes sicheres Obdach in Paris gibt. Und für mich auch nicht.«
    »Ein Stall wäre sicherer für sie. In Marcels Haus müssen doch alle möglichen Adeligen ein und aus gehen!«
    Karles Augen verengten sich. Er kam zu dem Schluß, daß die Heimlichtuerei lange genug gedauert hatte. »Ich denke, es ist an der Zeit, mir zu sagen, warum Ihr sie dauernd versteckt.«
    Alejandro wich ein wenig zurück. »Sie hat es Euch also nicht erzählt?«
    » Was denn? « zischte Karle aufgebracht.
    Doch Alejandro blieb stumm. Seine Miene war versteinert und undurchschaubar.
    »Wenn ich zu Marcels Haus zurückkomme, werde ich sie auffordern, mir dieses Geheimnis zu enthüllen.«
    »Das wird sie ablehnen.«
    Jetzt faßte Karle Alejandro beim Kragen und zog sein Gesicht dicht an sich heran. »Seid da nicht so sicher, Arzt!«
    Sie starrten einander an, haßten sich dafür, daß sie sich gegenseitig brauchten. In der Stille dieses Augenblicks hörte Alejandro Schritte auf steinernen Stufen und das Knirschen von Stiefeln. Er sah über seine Schulter. De Chauliac und Flamel kamen die Treppe hinunter, in eine Diskussion vertieft. Er wandte sich wieder an Karle und flüsterte: »Wir können nicht mehr reden. Es

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