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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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Art inneren Schutzschirm um mich herum. Das muss meinen Mann rasend gemacht haben. Er hatte nicht mehr die totale Kontrolle über mich. Für ihn war das unerträglich.«
    Sie schilderte, wie schwierig es geworden war, ihre Verletzungen zu verbergen. Immer die große Sonnenbrille, wenn sie wieder einmal ein violett unterlaufenes Auge hatte. Eine aufgeplatzte Lippe bedeutete, tagelang das Haus nicht verlassen zu können. Manchmal hatte sie über Wochen verbarrikadiert gelebt.
    Sie konnte spüren, dass John Burton wütend war. Nicht auf sie. Aber auf Männer wie ihren. Auf psychologische Abläufe und Gesetzmäßigkeiten, die Frauen wie sie in eine Situation völliger Hilflosigkeit brachten.
    Sie hatte das Bedürfnis, ihm die ganze Komplexität des Phänomens zu schildern – zu erklären, weshalb sie wie paralysiert in diesem Albtraum verharrt hatte.
    »Ich hatte Angst. Am allermeisten davor, Fin zu verlieren. Mein Mann ist mächtig und einflussreich. Ich habe es immer für möglich gehalten, dass ich am Ende den Kürzeren ziehe, auch dann, wenn ich schwer verletzt zur Polizei schwanke und ihn anzeige. Er hätte sich da herausgewunden. Wissen Sie, ich war früher wegen Depressionen in Behandlung. Er hätte es hinbekommen, dass man mich für verrückt erklärt. Dass irgendjemand den Nachweis erbracht hätte, dass ich mir alle Wunden selbst zugefügt habe. Ich wäre in der geschlossenen Psychiatrie gelandet. Ich hätte mein Kind nie wiedergesehen.«
    »Das ist nicht so einfach«, meinte John. »Man kann nachweisen, ob sich jemand selbst verletzt hat oder ob das durch eine andere Person passiert ist. Ich glaube nicht, dass er Sie in die Psychiatrie hätte bringen können.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Er hat es immer angedroht. Er hat mich angebrüllt. Du bist wahnsinnig! Ich bringe dich in die Anstalt! Und du kommst nie wieder raus! Ich hätte es nicht riskiert. Ich hatte nur noch Angst.«
    Um ihre Angst zu beweisen, hatte sie schließlich vor ihm, diesem Fremden, ihren Pullover ausgezogen. Sie trug ein tief ausgeschnittenes Top darunter. Sie hatte gehört, wie er nach Luft schnappte, als er die schlecht vernarbten Schnittwunden unterhalb ihres Halses sah, an ihren Armen, an den Schultern.
    »Er fing an, mit einem Messer auf mich loszugehen«, flüsterte sie.
    »Großer Gott, Liza!« Burton stand auf und ging auf sie zu, zog sie in seine Arme, und sie blieben minutenlang so stehen. Sie war sich seiner Kraft, seiner Ruhe bewusst – so als habe sie Sicherheit gefunden, einen Hafen, einen Ort zum Ausruhen.
    Bis sie sich selbst zur Ordnung rief: Trau keinem Mann!
    Sie hatte sich von ihm gelöst und sich wieder angezogen, und er hatte versprochen: »Ich helfe Ihnen, Liza. Glauben Sie mir, ich werde Ihnen helfen.«
    »Sie können mir nicht helfen. Sie können gegen ihn nichts ausrichten.«
    »Er hat es geschafft, dass Sie ihn für allmächtig halten, und ich kann das nachvollziehen. Aber er ist es nicht. Er ist ein ganz normaler Mensch. Und auch für ihn gelten Gesetze.«
    »Er bringt mich um, wenn er mich noch einmal in die Finger bekommt.«
    »Das wird er nicht. Er wird ins Gefängnis wandern.«
    Sie hatte höhnisch gelacht. »Und Sie glauben, von dort aus kann er niemanden organisieren, der es mir heimzahlt?«
    »Wollen Sie ihn ungeschoren davonkommen lassen? Und sich für den Rest Ihres Lebens verstecken?«
    »Vielleicht bleibt mir keine andere Wahl.«
    »Ihr Sohn …«
    Zorn funkelte in ihren Augen, weil sie einen Vorwurf in seiner Stimme zu hören glaubte. »Jetzt sagen Sie mir nicht, ich hätte ihn nicht verlassen dürfen! Sagen Sie mir das nicht! Sie haben absolut keine Ahnung von meiner Situation! Wie hätte ich Fin mitnehmen sollen? Ein Kind, das in die Schule gehen, ein halbwegs normales Leben führen muss? Logan hätte mich doch sofort wieder gehabt. Ich kann mit einem zwölfjährigen Jungen nicht komplett untertauchen, das ist einfach unmöglich. Ich weiß, dass Fin es bei ihm gut hat. Er würde ihm nie ein Haar krümmen. Er hat das auch nie getan. Er ist, so verrückt das klingt, ein liebevoller Vater. Mehr als das: Er vergöttert den Jungen. Ich konnte nichts anderes tun. Fin hat sein gewohntes Umfeld, sein Zuhause, seine Schule, seine Freunde. Das ist besser für ihn, als wenn er mit mir auf der Flucht leben müsste. Glauben Sie mir, die Trennung von ihm macht mich fast wahnsinnig. Ich stehe das nur durch, weil ich sicher weiß, dass es für ihn das Beste ist. Und weil ich versuche, ihn ab und zu zu sehen.

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