Beobachter
Liza Stanford nicht zu kennen. Fielder und seine Leute durchforsteten nun das berufliche Umfeld Thomas Wards und nahmen sich seinen Tennisclub vor. Er glaubte nicht, dass die Lösung so einfach sein würde, Stanford im selben Tennisclub oder in Wards Klientenkartei zu finden. Das wäre so schnell gegangen, dass Kate es bei ihrem Gespräch bereits gewusst hätte. Eine Verbindung würde viel komplizierter herzustellen sein – wenn es sie überhaupt gab.
Charity-Stanford ein brutaler Mörder. Es fiel John nicht allzu schwer, sich das vorzustellen, nachdem er nun wusste, wie der vornehme Herr seine Gattin zuzurichten pflegte, wenn ihm etwas gegen den Strich ging, aber trotzdem blieben jede Menge Ungereimtheiten. Kate hatte berichtet, dass sowohl Carla als auch Anne möglicherweise wochenlang auf subtile Weise terrorisiert und eingeschüchtert worden waren. Carla hatte offen von seltsamen Vorkommnissen berichtet, bei Anne legte die Interpretation ihres letzten Bildes eine derartige Vermutung nahe. Dass Stanford über einen längeren Zeitraum hinweg jeden Tag ein Hochhaus aufsuchte und dort im Fahrstuhl auf und ab fuhr, um einer alleinstehenden Frau Angst einzujagen, war fast nicht vorstellbar. Es passte nicht zu ihm, und er hätte auch kaum die Zeit dafür aufbringen können. Ebenso wenig würde er nachts im Wald herumkurven, um die Kinderärztin seines Sohnes zu erschrecken. Wenn Stanford die beiden Frauen ermordet hatte, dann hatte er dafür ein einziges Motiv: Sie wussten zu viel, und deshalb mussten sie zum Schweigen gebracht werden. Das ließ sich schnell erledigen – ohne das ganze Brimborium, das sich offenbar ringsum abgespielt hatte. Auch erschien John die besonders grausame Methode, mit der die Frauen qualvoll erstickt worden waren, äußerst seltsam. Dieser Hass … Tat das ein Mann, dem es nur darum ging, eine Gefahr auszuschalten? Andererseits war Stanford ein Sadist. Krank und perfide.
Liza … Sie hatte zweifellos Gründe, Carla und Anne zu hassen und die Rache auszukosten. Er konnte sich diese geschundene, verängstigte und verzweifelte Frau allerdings nur schwer in dieser Rolle vorstellen, aber er wusste, dass er die Möglichkeit nicht ausklammern durfte. Gerade weil Liza sehr schön war und weil sie, wie er deutlich spürte, in besonderem Maße seinen Beschützerinstinkt weckte, musste er aufpassen, sich davon nicht beeinflussen zu lassen.
»Hat Mrs. Stanford etwas mit den Verbrechen zu tun?«, fragte Samson.
»Ich weiß es nicht.« John spielte mit der Toastscheibe, die auf seinem Teller lag. Auch er hatte seit gestern Mittag nichts mehr gegessen, aber das erste Gefühl von Hunger, das er noch beim Aufstehen gespürt hatte, war schon wieder verflogen. Die Sache schlug ihm zunehmend auf den Magen.
Zudem kam ihm ein weiterer Gedanke, während er das Frühstück betrachtete, das Samson gemacht hatte: Wovon lebte Liza eigentlich? Sie musste die Wohnungsmiete bezahlen, sie musste essen und trinken. Das Auto schluckte Benzin. Abgesehen davon musste die Wohnung auch auf einen überprüfbaren Namen gemietet worden sein, und ihren eigenen konnte sie kaum verwendet haben. Vermieter ließen sich Papiere zeigen. Wie hatte sie dieses Problem gelöst?
Es war am Vorabend so viel auf ihn eingestürmt, dass er nicht auf diese naheliegenden Fragen gekommen war. Wenn er Stanford richtig einschätzte, hatte der seine Konten längst sperren lassen. Unwahrscheinlich also, dass sich Liza mit ihrer EC -Karte bedienen konnte, ganz abgesehen davon, dass auch das gefährlich gewesen wäre und Rückschlüsse auf ihren Aufenthaltsort zugelassen hätte.
Und das führte zu der nächsten Frage: Wer unterstützte Liza Stanford?
Verflixt noch mal, daran hätte er einfach früher denken müssen.
»Sie sind völlig in Gedanken versunken«, sagte Samson.
Er nickte zerstreut. Lag hier die völlig verrückte, aber denkbare Verbindung? Steckten Gillian oder ihr Mann dahinter? Gillian hätte das der Polizei gegenüber nicht preisgegeben, da sie damit Liza in Gefahr brachte. Waren die Wards darüber in das Visier des Mörders geraten – der dann wieder nur Logan Stanford heißen konnte?
Und warum erst jetzt? Anne Westley stellte seit drei Jahren eine Gefahr dar. Vielleicht hatte Stanford erst vor Kurzem von ihr erfahren, auf welchen Wegen auch immer. Und erst jetzt hatte sich die Situation schließlich zugespitzt. Liza war untergetaucht. Stanford könnte das Gefühl bekommen haben, dass die Dinge außer Kontrolle gerieten.
Er
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