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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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gemeint hatte, den Schatten in der Küche gesehen zu haben, und nachdem plötzlich der Strom ausgefallen war. Auf Strümpfen war sie durch den Schnee gelaufen und am Gartentor mit einer großen Gestalt zusammengeprallt, auf die sie voller Angst und in blindem Entsetzen eingeschlagen hatte. Der vermeintliche Gegner hatte sie schließlich an den Handgelenken gepackt und festgehalten.
    »Ich bin es. Luke Palm!«
    Und sie hatte geschrien. »Luke Palm?« Laut und schrill in ihrer Angst.
    Wenn jemand im Haus oder im Garten gewesen war, hätte er es hören können.
    Das ist absurd, dachte sie.
    Sie musterte Tara von der Seite. Die gerade Nase, die vollen Lippen. Die hohe Stirn. Sie war eine so schöne Frau. Seltsam eigentlich, dass es offenbar nie einen Mann in ihrem Leben gegeben hatte.
    Woher, verdammt, kennt sie den Namen?
    In Gedanken ging sie alle Gespräche durch, die sie mit der Freundin geführt hatte, seitdem Palm sie in jener Nacht zu ihr gebracht hatte. Sie war sich so gut wie sicher, dass sie ihr gegenüber nur von dem Makler gesprochen hatte. Sie hatte ihn auch nur kurz erwähnt.
    Der Makler, der das Haus für mich verkaufen soll, war gerade gegangen. Zum Glück kam er noch einmal zurück, weil er etwas vergessen hatte. Er ist dann mit mir hineingegangen. Er hat die Sicherung wieder umgelegt unten im Keller, und er hat alles mit mir abgesucht. Aber es war niemand zu sehen.
    »Was ist los?«, fragte Tara. Sie hatte zur Seite geblickt. »Du bist ja ganz blass. Geht es dir nicht gut?«
    »Doch. Alles in Ordnung.« Gillian versuchte ein Lächeln, das offenbar nicht sehr überzeugend ausfiel, denn Tara hakte nach. »Wirklich? Du wirkst so verstört!«
    »Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich das Richtige tue«, sagte Gillian. »Es erscheint mir auf einmal so verrückt, mich irgendwo an einem fremden Ort zu verkriechen. Das ist ein so dramatischer Schritt.«
    »Hierzubleiben könnte sich als der dramatischere Schritt entpuppen«, sagte Tara. »Falls der Täter es noch einmal versucht.«
    Sie hatten Thorpe Bay erreicht. Stille Straßen. Stille Häuser. Gärten, die im Schnee versanken. Auf einem Hügel in einer kleinen Parkanlage fuhren Kinder Schlitten. Bis vor Kurzem war dies alles der normale Rahmen für Gillians normales Leben gewesen.
    Jetzt war nichts mehr normal. Jetzt stand sie dicht davor, die Flucht anzutreten.
    Und sie spürte dieses Kribbeln in ihrem Hinterkopf. Eine untergründige Nervosität, ein Argwohn, der sich, so verrückt er ihr erschien, nicht zum Schweigen bringen lassen wollte.
    Es gab eine Stimme in ihr, die sie leise, aber unaufhörlich und eindringlich beschwor: Mach, dass du wegkommst! Hier stimmt etwas nicht! Sieh zu, dass du aus dem Auto deiner Freundin hinauskommst. Sieh zu, dass du sie loswirst!
    Vielleicht habe ich den Namen dochin irgendeinem Moment gesagt, dachte Gillian verzweifelt, ich kann es einfach nicht beschwören!
    Vielleicht war sie inzwischen so durcheinander und verängstigt, dass sie überall Gespenster witterte.
    Tara bog in die Einfahrt von Gillians Haus. Die Räder ihres Autos gruben sich in den Schnee.
    »Da sind wir«, sagte sie.
    Sie blickte Gillian an. Und Gillian sah es. Sah es in ihren Augen.
    Einen fremden Blick. Unnatürlich vergrößerte Pupillen.
    Die Augen waren völlig starr.
    Plötzlich hatte Gillian Angst. Und wusste dabei eines genau: Tara durfte es nicht merken. Sie durfte Gillians Misstrauen, ihre Furcht, ihre Irritation nicht bemerken.
    »Okay«, sagte sie so leichthin wie möglich, »dann gehe ich schnell hinein, packe noch ein paar Sachen zusammen, und dann fahre ich los. Du solltest dich schon auf den Rückweg machen, Tara. Dann bist du vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause.«
    »Ich habe es gar nicht so eilig«, sagte Tara. Sie öffnete die Tür und stieg aus. »Ich komme mit.«
    Gillian stieg ebenfalls aus. Sie hielt den Haustürschlüssel in der Hand. Die Hand zitterte, und sie hoffte, dass Tara das nicht sah.
    Tara ging um das Auto herum. Sie bewegte sich völlig normal.
    Und wenn ich einfach nur spinne?, dachte Gillian. Wahrscheinlich stehe ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch und bilde mir nur noch Verrücktheiten ein.
    In diesem Moment hörte sie ihr Handy klingeln. Es befand sich in ihrer Handtasche, die noch im Fußraum des Beifahrersitzes von Taras Auto lag.
    Gillian drehte sich sofort um, aber Tara hielt sie zurück. »Lass doch. Du rufst dann einfach zurück. Du solltest jetzt keine Zeit verlieren.« Sie hatte wieder den starren

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