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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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wirbelten und alle Bäume und Sträucher überzuckert schienen. Ein Winterwaldmärchen.
    Hoffentlich ist sie nicht verärgert, wenn ich hier einfach aufkreuze, dachte Luke.
    Nirgends im Haus brannte Licht, aber er sah Annes Auto im Unterstand, also musste sie wohl daheim sein. Ohne Auto kam sie hier kaum weg.
    Er öffnete das Gartentor, ging den Weg zwischen den hohen Büschen entlang. Flieder, wenn er das richtig erkannte, dazwischen Jasmin. Der Garten musste ein Traum sein im Frühling und Sommer. Bloß, dass einem hier Gott weiß was zustoßen konnte, ohne dass es irgendjemand mitbekam.
    Er stieg die Stufen zur Haustür hinauf, klingelte. Wartete.
    Nichts rührte sich.
    Natürlich konnte sie auch spazieren gegangen sein. Ein wenig frische Luft schnappen. Dazu brauchte sie ihr Auto nicht. Eigentlich durchaus im Bereich des Möglichen. Luke hätte selbst nicht sagen können, weshalb er das nicht glaubte. Warum er sich stattdessen einem Gefühl wachsender Bedrohung ausgesetzt sah. Mensch, war das einsam hier! Er selbst hätte sich mindestens zwei scharfe Dobermänner gehalten, wenn er je so wahnsinnig gewesen wäre, in eine solche Abgeschiedenheit zu ziehen. Eine Frau, bald siebzig Jahre alt, mutterseelenallein … Irgendwie hieß das fast, das Schicksal herauszufordern.
    Blödsinn. Wahrscheinlich bauschte er die ganze Angelegenheit übermäßig auf. Am Ende war sie mit einer Axt in den Wald gezogen und schlug sich gerade einen kleinen Weihnachtsbaum, während er sich grässliche Bilder ausmalte, in denen sie das Opfer mindestens eines Raubmörders geworden war.
    Dennoch beschloss er, sein Glück noch einmal auf der Rückseite des Hauses zu versuchen. Von der Besichtigung her wusste er, dass es dort eine Veranda und einen zweiten Eingang gab, der direkt in die Küche führte.
    Er umrundete das Haus. Trotz des rasch schwindenden Tageslichts erkannte er sofort, dass die Verandatür weit geöffnet war. Auf den Stufen davor und auf dem nicht überdachten Teil der Terrasse begann sich der Schnee zu häufen. Jungfräulicher Schnee. Obwohl die Tür offen stand, war hier niemand während der letzten Stunden herausgekommen.
    Er blieb stehen und konnte sein eigenes Atmen hören. Das sah einfach nicht gut aus. Anne musste daheim sein, und weshalb brannte dann nirgends im Haus ein Licht? Er entsann sich der Lichterketten, die bei seinem Besuch eine Woche zuvor in den Küchenfenstern für weihnachtlichen Glanz gesorgt hatten. Nicht eine einzige leuchtete jetzt.
    Und nun war er auch sicher: Die Stille um ihn herum war nicht friedlich. Sie barg ein furchtbares Geheimnis, war lauernd und böse.
    Er suchte nach seinem Handy, stellte aber fest, dass er es offenbar im Auto gelassen hatte. Am liebsten wäre er umgekehrt und sofort zum Parkplatz zurückgelaufen, aber er zwang sich, innezuhalten. Er musste nachsehen, was geschehen war. Vielleicht war Anne Westley gestürzt. Lag irgendwo im Haus, unfähig, sich zu rühren, und es ging für sie um Leben und Tod.
    Und weshalb ist dann die Tür offen?
    Langsam stieg er die Stufen hinauf. Er wünschte, es würde länger hell bleiben. Die einfallende Dunkelheit machte alles noch schlimmer.
    Leise rief er: »Hallo? Ist jemand zu Hause? Ich bin es, Luke Palm!«
    Er bekam keine Antwort.
    Er betrat die Küche, in der es um nichts wärmer war als draußen. Die Tür musste schon eine halbe Ewigkeit offen stehen. Er tastete nach einem Lichtschalter, fand ihn, schaltete das Licht ein, zuckte zurück unter dem hellen Schein, der so unvermittelt die Dämmerung durchbrach.
    Er sah sich um.
    Bis auf die Tatsache, dass die Wände völlig ausgekühlt waren, sah die Küche so aus, als sei sie Minuten zuvor erst verlassen worden. Eine Teekanne, noch halb gefüllt, stand auf dem Tisch. Ein Becher davor. Er sah die Wohnungsexposés, die er Anne bei seinem letzten Besuch ausgehändigt hatte, aufgeschlagen herumliegen. Daneben standen Kerzen, die bis auf die Halter abgebrannt waren. In der Spüle stapelte sich schmutziges Geschirr. Lukes Blick fiel auf den Abreißkalender neben der Spüle. Er zeigte den 10. Dezember an. Das war der Donnerstag der vergangenen Woche gewesen, als er sich das Haus angeschaut hatte. Seitdem hatte niemand mehr ein Blatt abgerissen.
    Beklommen musterte er die Lichterketten. Ihre Kabelenden waren aus den Steckdosen gezogen worden, ziemlich ruckartig, wie es ihm schien, denn eine der Ketten war vom Fenster gerutscht und wickelte sich als lebloses Band um die darunter befindliche

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