Beraten, Trainieren, Coachen
zufälligen, also zugefallenen, Kontakt zu Menschen. Dadurch habe ich z. B. auch erste Berater und Trainer kennengelernt. Ich war Teilnehmer in einem Strategieseminar. Das war die Einstiegsdroge. „WOW, das ist es, was ich machen möchte.“ Im weitesten Sinne bin ich dem treu geblieben.
Wenige Jahre später landete ich in einer Ausbildung für systemische Beratung. Direkt zu Beginn hatte ich ein prägendes Erlebnis mit dem Lehrtrainer und Coach Bernd Schmid, der mich zu irgendeinem Kundenanliegen beriet. Nach nur zwei Minuten sagte er einfach zu mir: „Marc, wenn du dir alle Türen offenhältst, musst du dich darauf einrichten, das Leben im Gang zu verbringen.“ Das hat gesessen. Für mich als Mensch mit vielen Anfangstalenten war das wichtig. Und verdammt unbequem. Pioniergeist und Experimentierwut helfen zwar als Startbasis, wenn man aber auf die 30 zugeht, darf man sich nicht mehr von seinen Anfangstalenten blenden lassen. „Ich hab schon genügend promovierte gesehen, die als Tankwart an der Kasse sitzen“, fügte Bernd Schmid noch hinzu.
Dadurch gab es eine nächste Krisenphase für mehrere Monate. Ich hatte das Gefühl, ich möchte professionell systemisch beraten, kann es aber noch lange nicht. Langsam lernte ich, dass gute Beratung in einem Kundenanliegen startet. Wie banal.
Dann kam eine Phase mit einigen Jahren Einzel-Coachings. Ich habe acht Stunden am Tag mit einer Person gearbeitet. Die Kunden waren begeistert. Klar, wer wäre das nicht bei acht Stunden uneingeschränkter Zuwendung. Mich hat das latent erschöpft. Im Jahr 2000 steckte ich im Loch. Mein Denkfehler war, die Beratungsarbeit mit Menschen völlig in Frage zu stellen, anstatt meinen Mix an Produkten anzureichern sowie meine Lust, mit Gruppen zu arbeiten und auf der Bühne zu stehen, ausgewogen zu befriedigen.
Was sind Ihres Erachtens die wichtigsten Zusatzqualifikationen?
Ich glaube, jeder mit jedem Naturell kann ein guter Berater werden, vorausgesetzt, er ist kreativ bezogen auf die Fragen seiner Kunden. Ich halte es für selbstverständlich, dass Berater sich immer wieder gut gemachte Resonanz zu sich als Professionelle und bezogen auf ihre Kundenanliegen einholen.
Welche goldenen Tipps würden Sie Personen mitgeben, die sich für diesen Beruf entscheiden?
Anstatt der goldenen Tipps gebe ich lieber eine Formel als mathematisches Produkt, also nicht als Addition von Einzelteilen:
Berater- bzw. Mitarbeiterkompetenz = Rollenkompetenz × Kontextkompetenz × Passung
Rollenkompetenz – Wir sollten die Funktion beherrschen und das Handwerkszeug kennen.
Kontextkompetenz – Wir sollten unser Feld kennen. Ich glaube nicht mehr daran, dass Generalisten-Knowhow ausreicht. Man sollte den Kontext kennen, in dem man arbeitet! Ich staune über Politiker, die von einem Tag zum nächsten vom Bauminister zum Gesundheitsminister mutieren.
Passung – Es muss einem Sinn machen, Auftrieb geben. Jeder sollte dass tun, wozu er Freude und Kraft hat. Dies ist natürlich nicht als Spaß- und Schoßhündchen-Kultur zu verstehen. Bislang glauben wir ja, die ersten beiden Faktoren reichen. 120 % Rollenkompetenz, 120 % Kontextkompetenz, also 120 % guter Mitarbeiter. Wie oft sehen wir aber, dass es bei Mitarbeitern oder uns Beratern einfach nicht passt, weil die Werte nicht stimmen oder das Herzblut für ein Thema verloren gegangen ist. Das schwächt die Gesamtkompetenz.
Das Ganze ist keine Summe, sondern ein Produkt. Man braucht also alle drei Faktoren, um erfolgreich zu arbeiten.
Kurzinterview 4: Norbert Hildebrandt, geschäftsführender Gesellschafter
Als was arbeiten Sie jetzt?
Ich bin mit meiner Frau zusammen geschäftsführender Gesellschafter eines Instituts für Erwachsenenbildung, das heute mit etwa 135 Mitarbeitern an etwa 20 Standorten vertreten ist.
Eigentlich bin ich Volljurist mit Spezialisierung auf internatonalem Geld- und Warenverkehr. Aber bei so einem Job ist mit Familiengründung nicht viel drin. Ich hab schon früher immer einen guten Coach/Berater gehabt, der mir als Kompass gedient hat. Der sagte: „Fachlich brauchen Sie nicht mehr viel, aber was Menschenführung betrifft, sind Sie wie ein Neugeborener.“ Er hat mir die systemische Beraterausbildung bei Dr. Bernd Schmid vorgeschlagen. Ich war bei einer entsprechenden Informationsveranstaltung dort – die hatte mich dann überzeugt. Dabei habe ich im Seminar auch eine nette Truppe kennengelernt. Wir treffen uns immer noch alle neun Monate.
Ich hatte davor auch schon gecoacht.
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