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Bereue - Psychothriller (German Edition)

Bereue - Psychothriller (German Edition)

Titel: Bereue - Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Fink
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ungepflegte Männer vor ihrem Bier und schwadronierten gestenreich. Ihre Stimmen wurden gnädig von der lauten Musik übertönt. Auf der anderen Seite saß eine junge Frau, die an ihrem Handy herumdrückte. Ihre zwei Kinder schoben sich Pommes in die kleinen Münder. Am Tisch hinter ihr las ein Typ mit blauer Baseballkappe in einer Illustrierten.
    Hatte ihn jemand hierher lotsen wollen? Und wenn ja, warum? Würde ihm dieser Wahnsinnige nun endlich sagen, was er von ihm wollte?
    Niemand beachtete ihn.
    Hinter der Theke stand eine Frau mit dem Rücken zu ihm. Die Art, eine widerspenstige Locke hinter das Ohr zu schieben, kam ihm bekannt vor. Ein Windzug riss ihm die Türklinke aus der Hand. Die Tür knallte in den Rahmen.
    Sie zuckte zusammen und drehte sich um.
    Er erstarrte. Sie sah aus wie damals. Nur trug sie heute ihre Haare zu zwei geflochtenen Zöpfen, die ihr auf die Schultern fielen. Ein paar Strähnen hatten sich daraus gelöst und umrahmten ihr Gesicht. Auch wenn sie jetzt Mitte dreißig sein musste, war sie sehr schlank, ihr Bauch flach. ‚Keine Kinder‘, schoss es ihm durch den Kopf. Zu dem kurzen schwarzen Rock trug sie ein ebenfalls schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift: Haltet die Welt an, ich will aussteigen. Ihr Haar glänzte wie poliertes Ebenholz, ihre Haut schimmerte wie Elfenbein.
    Die Gedanken flogen wie Pingpong-Bälle durch seinen Kopf. Sie war einer der wenigen Menschen, die jemals eine Bedeutung in seinem Leben gehabt hatten. Annelie Winterberg. Seine erste Freundin. Er glaubte wieder die Wärme ihres zarten Körpers zu spüren, als er sie als Fünfzehnjährige vor sich sah: Die gesenkten Lider mit diesen u nglaublich langen Wimpern, das leichte Zittern ihrer weichen Lippen, als er sie zum ersten Mal küsste. Die zierlichen Hände, die sich so vorsichtig seinem Körper näherten. Wenige Wochen später war sie für immer aus seinem Leben verschwunden. Bis heute.
    „Schneewittchen“, keuchte er und hörte seine Stimme kaum, so laut pochte der Puls in seinen Ohren.
    Sie stellte das Tablett auf die Theke zurück, Gläser klirrten. „Schneewittchen ist tot”, brummte sie. Die Hand, mit der sie ein Glas auf dem Tablett zurechtrückte, zitterte leicht.
    Er ging auf sie zu. “Was machst du hier?”
    Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. “Ich arbeite hier, okay? Wenn du was trinken willst, setz dich.”
    “Du wolltest doch Ärztin werden.” Sie hatte helfen wollen, das Elend dieser Welt ein wenig zu mildern. Ein Gutmensch. In seiner Vo rstellung versorgte sie im Auftrag der Ärzte ohne Grenzen afrikanische Kinder.
    “Das war ich auch. Aber die Dinge ändern sich, nicht wahr?” Er musste sie nicht ansehen, der Spott klang in ihrer Stimme mit.
    Schwer stützte er sich auf die Theke und starrte auf das zerkratzte Holz. „Du hast davon gelesen.”
    “Ließ sich nicht vermeiden, du bist ja eine Berühmtheit in dieser Stadt. ” Ein kurzes Auflachen. “Beziehungsweise du warst es. ”
    Mit feuchten Fingern fischte er das Streichholzbriefchen aus der Tasche und hielt es vor sie hin. “Hast du mir das auf den Autositz geworfen?”
    Sie nahm das Tablett auf und drängte sich an ihm vorbei. “Warum sollte ich.”
    Ungeduldig wartete er, bis sie vier Biergläser vor vier durstige Kerle gestellt hatte. Endlich kam sie zurück. “Weißt du was darüber, warum mein Leben den Bach runter geht?”
    Die leeren Gläser spülend beobachtete sie ihn aus dem Augenwinkel. “Ich weiß, dass du auf die Schnauze gefallen bist. Wurde auch Zeit.”
    Mit den Händen an die Theke gekrallt starrte er ihr Profil an. Sein Herz schlug hoffentlich noch, er spürte es nicht mehr. “Steckst du etwa hinter der ganzen Scheiße?”
    Sie wandte sich ihm zu. Ihre dunklen Augen funkelten. “Mach dich nicht lächerlich. Und jetzt verschwinde, wenn du hier nur rumstehen und mich zutexten willst mit deiner gequirlten Kacke. Ich habe zu arbeiten.”
    Ihre Worte, ihre Blicke trafen ihn wie ätzende Säure. Sie hasste ihn, immer noch. Keine sinnvollen Gedanken wollten sich in seinem Kopf bilden und erst recht keine brauchbaren Wörter.
    Schweigend verließ er das Café und wankte zu seinem Auto. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Er verstand gar nichts mehr. Es konnte kein Zufall sein, dass Annelie ausgerechnet in dem Café arbeitete, zu dem ihn jemand gelotst hatte. Er musste mit ihr reden. War sie der Schlüssel zu seinem Unglück?
    Die Kiefer zusammengepresst sperrte er seinen Wagen wieder ab und ging zurück. Aus

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