Bereue - Psychothriller (German Edition)
fragte er ein rothaariges Mädchen, das er oft mit ihr zusammen gesehen hatte, nach ihr. Rote Flecken glühten auf ihren Wangen auf, als sie kopfschüttelnd ein “Weiß nicht” stammelte sie und zu Boden blickte.
Wenn er weiter nach ihr fragte, würde es Gerede geben. Nichts war tödlicher als Mädchengerede. Da wurde aus einer höflichen Frage eine riesen Anmache.
Die Hände in den Hosentaschen quetschte er sich durch die wogenden Massen, ließ seinen Blick über die Gesichter gleiten.
“Ey Alter, was’n los?”, fragte David, einer seiner Kumpel. Sein Bieratem trieb Ben hinaus an die frische Luft. Der Lärm der Party hallte gedämpft auf den Pausenhof. Fünf Minuten für sich sein, durchatmen. Dann würde er nach Hause gehen.
Da sah er sie. Alleine saß sie auf einer Schaukel, den Kopf in den Nacken gelegt und betrachtete die Sterne. Ihre helle Haut hob sich von ihrem schwarzen Kleid ab.
“Hi”, sagte er und blieb drei Meter vor ihr stehen.
Lächelnd hielt sie die Schaukel an. “Die Nacht ist so wunderbar klar. Kennst du die Sternbilder?”
Zahllose Sterne funkelten über ihnen, ergaben Muster. Im Geist dankte er seiner Mutter, die ihn erst kürzlich mit ihrem Astrologiezeug genervt hatte. “Das ist der Orion. Und dort der Große Wagen. Und das dort drüben ist das Sternbild der Fische.”
Sie stand auf und kam auf ihn zu. Ihr Blick folgte seinem Finger. “Fische. Das ist mein Sternzeichen. Und welches ist deins?”
Ihr Körper war so nah, dass er ihre Wärme spürte. “Krebs. Das Sternbild sieht man heute nicht.” Unverwandt starrte er in das Gefunkel über ihnen.
Im Augenwinkel sah er, wie sie sein Profil musterte. Ihr Blick brannte auf seiner Haut. “Krebse sind sensibel, zu großer Freude und tiefer Liebe fähig, aber auch zu großem Leid. Sie ziehen sich gerne in ihren Panzer zurück”, hörte er ihre Stimme nahe an seinem Ohr.
Den Kopf voller Ameisen wandte er sich ihr zu. Im Mondlicht schimmerte ihre Haut so weiß wie Schnee. Eine Locke ihres schwarzen Haares fiel ihr ins Gesicht. Mit zittrigen Fingern strich er die Strähne hinter ihr Ohr. “Du bist so bezaubernd wie Schneewittchen.”
Eine kleine Hand ergriff seine, die an ihrer Schläfe ruhte, und schob sie weg. “Mach dich nur lustig über mich.”
Warum dachte sie das. Er hatte ihr ein Kompliment machen wollen. Seine Finger schlossen sich um ihre. “Das ist das Letzte, was ich möchte.”
Den Blick gesenkt entzog sie ihm ihre Hand. “Ist es wegen Richard?”
Wovon redete sie nur? Sein Bruder befand sich in einer anderen Welt, in einem anderen Universum. “Was meinst du?”
“Ich hab doch gemerkt, dass er sich in mich verknallt hat. Sollst du für ihn rausfinden, ob ich was von ihm will?” Ihre Augen glühten ihn in der Dunkelheit an.
Sein Herz rebellierte. Seinen Bruder als Rivalen wollte er nicht. Jeden anderen, aber nicht ihn. “Und? Willst du was von ihm?”, flüsterte er und fürchtete sich vor der Antwort.
Sie wandte sich ab und rieb sich die Arme. “Du kannst ihm sagen, dass ich ihn gerne mag. Aber mehr nicht.”
Ein vernichtender Schlag für Richard. Ben schämte sich für seine Freude, seine Erleichterung. Von hinten näherte er sich ihr. Ein Windhauch bauschte ihre Haare, wehte ihm ihren unvergleichlichen Duft entgegen. “Ist es, weil du in einen Anderen verliebt bist?”
“Ja”, hauchte sie und umfing sich mit ihren Armen, den Blick dem Himmel zu gewandt.
Keuchend schnappte er nach Luft. Er hatte vergessen zu atmen. Sie musste das Hämmern seines Herzens hören. “Wer ist denn der Glückliche?”, fragte er so gelassen wie es eben ging.
Langsam drehte sie sich um und sah ihm in die Augen. Dann senkte sie den Blick. “Hast du das nicht gemerkt?”
Meinte sie ihn? Meinte sie wirklich ihn? Sein Finger strich über ihre Wange und hob ihr Kinn an. Ihr flackernder Blick sagte es. Es musste so sein. Alles andere würde ihn vernichten. Langsam, ganz langsam näherte er seinen Mund dem ihren. Sie wich nicht zurück. Endlich spürte er diese wundvollen weichen Lippen auf seinen. Sie zitterten, oder war er das? Er zog sie an sich, die Welt schmolz zusammen auf ihre beiden Körper, die sich so nah waren. Seine Zunge drängte gegen ihre Lippen. Endlich öffnete sie sie. Ihre Hand glitt über seine Brust, die andere lag in seinem Nacken. Seine Hände wanderten zu ihrem Po und pressten sie an sich.
Sie musste seine Erregung gespürt haben. Ruckartig schob sie ihn von sich und legte eine Hand an ihre Lippen.
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