Bereue - Psychothriller (German Edition)
mach mir keinen Saustall.” Ihre Zähne blitzten auf. “Die Decke auf dem Sessel kannst du haben, wenn du kein Problem mit Katzenhaaren hast.”
Wie gerufen tapste Evil zur Tür herein und strich um ihre Beine. “Da hast du heute Nacht Gesellschaft, mein schwarzer Teufel.”
Das Tier mauzte. Ob das Entrüstung oder Begeisterung ausdrücken sollte, konnte Ben nicht beurteilen. Er ging auf Annelie zu und ergriff ihre Hände. “Danke, dass du mir hilfst. Trotz allem”, sagte er leise.
Den Druck erwidernd senkte sie den Blick. “Schon gut. Ich hab halt ein Herz für die Armen und Geprügelten.” Ihre Hände drückten warm die seinen. “Du kennst mich ja.”
Das also war er für sie, eine bemitleidenswerte Kreatur, ein Straßenköter, dem man einen Napf voll Futter vor die Nase setzt. Er wollte sich von ihr lösen, doch sie ließ seine Hände nicht los. “Hey.” Sie drückte seine Hände so fest, dass der Schmerz in seinem Arm wieder aufflammte. Er unterdrückte jede Regung.
“Jetzt mach mal nicht eins auf Depri. Das bist doch nicht du. Jedenfalls nicht der Ben Biller, den ich kenne.”
Er strich mit dem Daumen über ihren Handrücken. Ihre Haut war so weich. Den Kopf gesenkt sagte er zu ihren nackten Füßen: “Ich weiß nicht, welchen Ben Biller du kennst.”
Ihr sekundenlanges Schweigen dröhnte in seinen Ohren. Warum sagte sie nichts.
Ganz leise drang ihre Stimme an seine Ohren. “Das weiß ich auch nicht. Nicht mehr.” Wieder schwieg sie.
Er wagte nicht, aufzusehen.
“Scheiß drauf, ein Biller gibt nimmer auf, oder?” Ihr helles Lachen erfüllte den Raum.
Nun verarschte sie ihn doch noch. Er entzog ihr seine Hände und sah auf. Ihre dunklen Augen glänzten, ein Lächeln umspielte ihre Lippen und zauberte hinreißende Fältchen um ihre Augen. Ohne zu wissen, was er sagen sollte, räusperte er sich. Hustete. Dumpfe Schmerzen zogen durch seine Brust. “Ja, gib’s mir. Ist ja gut”, presste er heraus und wollte an ihr vorbei hinausgehen. Dann doch lieber an der Straße im Wagen schlafen.
“Stop!” Sie legte ihm eine Hand auf die Brust. “Sei nicht so dünnhäutig. Herrgott, ich bin stockmüde. Leg dich gefälligst auf diese Couch. Schlaf. Morgen schauen wir, wie es weitergeht, okay.”
Die Gedanken rasten durch seinen Kopf. Konsequent sein und gehen oder nachgeben und hoffen, dass … Ja, was eigentlich? Aber wenn er jetzt ging, war es für immer. Dazu musste er nicht lange in diese glühenden Augen sehen. “Okay, Chefin. Ich ergebe mich.”
Ihre Faust schlug leicht gegen seinen Oberarm. “Oh Mann. Es geht hier nicht um Machtspielchen. Ich will dir helfen, und du Idiot zickst hier rum wie ein Schulmädchen.”
Empört straffte er die Schultern und bereute es gleich wieder, aber er gab die Haltung nicht auf. “Ich will dir nichts schuldig sein”, knurrte er.
Die Arme verschränkt baute sie sich vor ihm auf. “Keine Ahnung, in welcher Welt du lebst. Aber in meiner hilft man sich, ohne Gegenleistungen zu erwarten.” Sie riss die Arme auseinander und warf die Hände in die Luft. “Komm runter von deinem Höhenflug. Das hier ist das Leben.”
“Annelie, zum Teufel. Ich bin scheiße am Ende, okay. Ich bin dir dankbar, dass du mir helfen willst. Aber warum...” Er rang nach Worten. Er wollte sie fragen, warum sie nicht normal miteinander umgehen konnten. Aber im Grunde wusste er es. Und das würde sich nicht mehr ändern. Daumen und Zeigefinger auf die Nasenwurzel gepresst starrte er an ihr vorbei in den dunklen Flur. Gehen? Er wartete, dass sie was sagte. Doch da kam nichts. Vorsichtig tastete sich sein Blick zu ihr zurück.
Unergründlich wie bayerische Bergseen blickten ihre Augen in seine. “Wenn du mir sagst, um was es hier eigentlich geht, kriegst du ein Fünferl. Ansonsten bin ich für das Vertagen der Diskussion. Bis ich einen Anwalt habe.” Eine Sekunde lang starrte sie ihn ausdruckslos an, dann zog ein Lächeln ihre Lippen auseinander.
Wider Willen lachte er, bis der Schmerz wieder aufloderte. “Okay. Waffenstillstand bis Morgen. Akzeptierst du wenigstens meinen wertfreien Dank?”
Ihr Lächeln wurde breiter. Sie nickte. “Damit kann ich leben. Ich hoffe, du akzeptierst mein geschlechtsneutrales Angebot für eine Übernachtung in meinem Haus.” Ihr Lächeln verwandelte sich in dieses spitzbübische Grinsen, das so hinreißend war, dass es weh tat.
“Ein anderes Angebot würde ich niemals akzeptieren”, spöttelte er.
Sie nickte übertrieben. “Was anderes
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