Bereue - Psychothriller (German Edition)
habe ich auch nicht erwartet. So lass uns unsere Häupter auf die edlen Kissen betten und dem nächsten Morgen voll Vertrauen in die Zukunft entgegen sehen.”
“Dem Hoffnungsfrohen öffnen sich alle Tore”, proklamierte er.
“Und wenn‘s die zur Hölle sind.” grinste sie.
“Da muss man wenigstens nicht frieren.”
“Braucht keinen Fleecepulli.”
“Kein teures Heizöl.”
“Aber Sonnencreme?”
“Das Höllenfeuer hat doch keine UV-Strahlen.”
“Sicher?”
Langsam schüttelte er den Kopf. “Soweit reichen meine Erfahrungen nicht.”
Die Arme um sich geschlungen sah sie auf ihre nackten Füße. “Dachte ja nur.”
Sein Blick folgte dem ihren. Was für niedliche Zehen sie hatte. “Hätt ja sein können”, brummte er.
Sie nickte, ohne den Blick zu heben. “Eben. Biller the Killer.”
Er zuckte zurück, als hätte sie ihn geschlagen. “Was?”
Ohne ihn anzusehen hob sie die Schultern. “Hab halt gelesen, wie du in den letzten Jahren so mit deinen Leuten umgegangen bist.”
Killer. Sah sie ihn so? War er das? Er war zu keiner Reaktion fähig.
“Egal.” Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand.
Mit offenem Mund starrte er in die Dunkelheit, dorthin, wo sie eben noch gestanden war.
30
Seine Kopfhaut schmerzte, widerwillig löste er seine Fingernägel davon und leckte das Blut von seinen Fingern. Acht Minuten vor Mitternacht war das letzte Licht im Haus verlöscht. Und Ben Biller war da drin.
Dieses verblendete Weib hatte ihn nicht hinausgeworfen. Durch das Fenster hatte er fassungslos mit ansehen müssen, wie Annelie seine Verletzungen versorgt und mit ihm geredet hatte. Leider war kein Wort nach außen gedrungen. Doch sie war nicht wütend auf ihn gewesen, ganz im Gegenteil. Sie hatte ihn ihre Hände nehmen lassen und hatte ihn angelächelt. Und dann hatte sie ihm auch noch einen Wangenkuss gegeben. Sie hatte ihn zutiefst enttäuscht. Wieder einmal.
Und schließlich hatte es sich der Kerl auch noch auf ihrer Couch gemütlich gemacht, diese schwarze Höllenbrut auf dem Bauch. Dann war das Licht verlöscht und nur noch die Augen der Katze hatten ihn angefunkelt.
Wie hatte das passieren können. Er war so sicher gewesen, dass Annelie verstanden hatte. Aber da hatte er sich wohl in ihr getäuscht. Das würde sie bereuen. Er konnte nicht zulassen, dass sie Ben Biller half, ihm neuen Lebensmut gab. Sie zwang ihn, seinen Plan zu ändern. Unberechenbares Miststück! Aber er würde sie schon noch zähmen. Bei Gott, das würde er.
Mit zitternder Hand warf er die Autotür auf und marschierte die Straße entlang. Bewegung, er musste in Bewegung bleiben. Seine Schritte hämmerten in seinen Ohren. Natürlich wusste er, was zu tun war. Aber so war es nicht geplant gewesen. Mit der Schuhspitze trat er eine leere Coladose auf die Straße. Scheppernd rollte sie unter Billers Auto.
31
Ihr Körper schrie nach Schlaf, ihr Geist war hellwach. Sie zwang ihre Lider zu und starrte an die dunkle Innenseite.
Sie war überzeugt gewesen, dass die Sache mit Ben kein Thema mehr war. Doch nun war die mühsam verdrängte Vergangenheit wieder präsent, als wäre es erst gestern gewesen. Erinnerungen strömten auf sie ein.
Sie war fünfzehn, endlich die Zahnspange los und lauschte mit großen Augen den Erzählungen anderer Mädchen von Küssen und Streicheln und noch mehr. Da waren ein paar Jungs, die unbeholfen um ihre Au fmerksamkeit buhlten. Doch keiner von ihnen interessierte sie. Dabei wollte sie doch endlich wissen, wie sich ein Kuss anfühlte.
Nur aus Neugier küsste sie in der Pause einen ihrer Verehrer, hinter einem Busch, damit niemand es sah. Es war eklig. Als würde sie ihren Mund gegen zwei Nacktschnecken drücken. Sie konnte nicht verstehen, warum die anderen Mädchen davon schwärmten.
Mit ihrer albernen Aktion hatte sie den Jungen auch noch ermutigt. Er war ein Außenseiter, aber ganz nett. Von dem Tag an folgte er ihr wie ein Hündchen.
An einem Frühlingsmorgen kam sie zu spät in die Schule. Sie war nicht die Einzige, einer der Jungen aus der Kollegstufe hetzte an ihr vorbei und streifte sie mit dem Arm. Er drehte sich um und entschuldigte sich. Sein Blick, seine Stimme trafen sie wie ein Blitzschlag. Mit offenem Mund und klopfendem Herzen sah sie ihm hinterher, wie er den leeren Gang hinunter lief und in einem der Klassenzimmer verschwand.
Es dauerte nicht lange, bis sie wusste, wer er war. Ben Biller, der große Bruder von Richard Biller, der mit ihr in
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