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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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vorhat, die nächste Expedition der RGS zum Mount Everest zu leiten, zweifle ich nicht daran, dass es genau das ist, was er möchte.«
    »Und was halten Sie davon, dass er in den Himalaja zurückkehren möchte?«
    »Nach seiner langen Abwesenheit während des Krieges, gefolgt von der Expedition zum Everest und jetzt seiner Reise nach Amerika, will ich eigentlich nicht, dass er noch einmal für sechs Monate fortgeht.«
    »Das kann ich gut verstehen, meine Liebe. Con war genauso – wie ein Kind. Er hielt es niemals länger als ein paar Monate am Stück an einem Ort aus.«
    »Hat er Sie je gefragt, was Sie dabei empfinden?«
    »Unentwegt, aber ich wusste, dass er sich nur rückversichern wollte, also habe ich ihm gesagt, was er hören wollte. Dass ich glaubte, er täte genau das Richtige.«
    »Und haben Sie es geglaubt?«
    »Nicht immer«, gab die ältere Frau seufzend zu. »Aber wie sehr ich mich auch danach sehnte, er möge zu Hause bleiben und ein normales Leben führen, das wäre niemals in Frage gekommen. Denn genau wie Ihr Gatte, Mrs Mallory, war Con kein gewöhnlicher Mann.«
    »Sie müssen es doch gewiss bedauern, dass Sie ihm nicht gesagt haben, was Sie wirklich empfinden.«
    »Nein, Mrs Mallory, ich bedaure es nicht. Ich habe lieber zwei Jahre mit einem der aufregendsten Männer der Welt verbracht als vierzig Jahre mit jemandem, den ich daran gehindert habe, seine Träume zu verwirklichen.«
    Ruth versuchte sich zu fassen. »Ich könnte den Gedanken ertragen, für weitere sechs Monate von George getrennt zu sein.« Sie machte eine Pause. »Aber nicht für den Rest meines Lebens.«
    »Niemand versteht das besser als ich. Aber Ihr Gatte ist kein gewöhnlicher Mann, und ich bin sicher, Sie kannten seinen alles überragenden Ehrgeiz, lange bevor Sie einwilligten, seine Frau zu werden.«
    »Das schon, aber …«
    »Dann können Sie, nein, dürfen Sie seiner Bestimmung nicht im Weg stehen. Wenn er zusehen müsste, dass andere Sterbliche seinen Traum verwirklichen, könnte es sein, dass Sie diejenige sind, die das für den Rest Ihres Lebens bedauern wird.«
    »Aber muss es denn meine Bestimmung sein, den Rest meines Lebens ohne ihn zu verbringen?«, fragte Ruth. »Wenn er nur wüsste, wie sehr ich ihn liebe …«
    »Ich versichere Ihnen, das weiß er, Mrs Mallory, andernfalls hätten Sie mich nicht um ein Treffen gebeten. Und weil er es weiß, werden Sie ihn überzeugen müssen, dass Sie glauben, es sei nichts weniger als seine Pflicht, die nächste Expedition anzuführen. Und dann, meine Liebe, bleibt Ihnen nur noch, für seine sichere Rückkehr zu beten.«
    Ruth hob den Kopf, Tränen liefen ihr übers Gesicht. »Aber Ihr Mann ist nicht zurückgekehrt.«
    »Wenn ich die Uhr zurückdrehen könnte«, kam die leise Antwort, »und Con mich erneut fragen würde: ›Macht es dir etwas aus, wenn ich noch einmal losziehe, altes Mädchen?‹, würde ich dieselbe Antwort geben wie vor dreizehn Jahren, einem Monat und sechs Tagen. ›Nein, mein Liebling, natürlich nicht. Aber denk daran, dieses Mal deine dicken Wollsocken einzupacken.‹«
    ***
    Um sechs Uhr am nächsten Morgen war George bereits auf den Beinen, hatte gepackt und war fertig zur Abreise. Als er an die Rezeption kam, überraschte es ihn nicht im Geringsten, dass Keedick die Hotelrechnung nicht beglichen hatte. Zum Glück hatte er seine letzte Nacht in einem Gästehaus auf der Lower East Side verbracht, nicht in der Präsidentensuite im Waldorf.
    Als George auf den Gehweg hinaustrat, winkte er aus mehreren Gründen kein Taxi herbei. Er setzte sich entlang des 43er Blocks in Marsch, einen Koffer in jeder Hand, und wich den Einheimischen aus, während er den quirligen, wimmelnden Dschungel von Manhattan durchquerte. Als er mehr als eine Stunde später den Kai erreichte, wartete Keedick an der Gangway zum Schiff, die Zigarre im Mund, ein Lächeln ins Gesicht gemeißelt und den passenden Spruch parat. »Wenn Sie es bis nach oben auf Ihren Berg schaffen, George, rufen Sie mich an, denn das wäre echt der Knüller.«
    »Vielen Dank, Lee«, sagte George und fügte nach kurzem Zögern hinzu: »für eine unvergessliche Erfahrung.«
    »Ganz meinerseits«, sagte Keedick und streckte die Hand aus. »Freut mich, wenn ich helfen konnte.« Sie gaben sich die Hand, und George wollte bereits auf die Gangway treten, als Keedick ihm nachrief: »Hey, gehen Sie nicht ohne das hier.« Er hielt einen Umschlag hoch.
    George drehte sich um und ging zurück, etwas, das er nicht

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