Berg der Legenden
Force zu werden?«
»Nur in einem Absatz«, sagte Mary. »Aber sie deutet an, dass er, wie sein attraktiverer älterer Bruder, zu Höherem berufen ist.«
»Das könnte davon abhängen, wer von uns zuerst 8840 Meter hoch kommt«, meinte Trafford.
»Achttausendachthundert acht undvierzig«, sagte George.
1924
51
Während General Bruce zu seinem Bericht ansetzte, studierte der Rest des Komitees die neueste Karte der Royal Geographical Society vom Himalaja.
»Der Großteil des Unterstützungstrupps müsste inzwischen auf 5180 Meter sein«, sagte der General und tippte mit seinem Monokel auf die entsprechende Stelle auf der Karte. »Seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass alles für Mallory und seine Bergsteiger bereit ist, sobald sie in zwölf Wochen im Basislager eintreffen.«
»Gut«, sagte George. »Und da ich mich bereits entschieden habe, welche Route ich nehme, werden wir vor dem Beginn des Monsuns mehr als einen Monat Zeit haben, um uns einzurichten und den Gipfel zu erreichen.«
»Dürfen wir davon ausgehen, Mallory«, sagte Sir Francis, »dass wir die meisten Bedenken, die Sie im Anschluss an die letzte Expedition geäußert hatten, ausräumen konnten?«
»Sie dürfen, Herr Vorsitzender«, erwiderte George. »Doch nach meinen fruchtlosen Bemühungen in den Vereinigten Staaten fühle ich mich verpflichtet zu fragen, woher das Geld stammt, um all das zu ermöglichen.«
»Ein unerhoffter Glücksfall«, erklärte Hinks. »Obgleich in Amerika für Sie nicht alles nach Plan gelaufen ist, Mallory, war Noels Film The Epic of Everest hier ein Riesenerfolg. So groß, dass er der Societey achttausend Pfund für das exklusive, ich glaube, der korrekte Begriff lautet ›kinematographische Recht‹ für die nächste Expedition angeboten hat. Mit einer einzigen Bedingung.«
»Und die wäre?«, fragte Raeburn.
»Das Mallory zum bergsteigerischen Leiter benannt wird«, sagte Hinks.
»Und da ich dem bereits zugestimmt habe«, sagte Mallory, »bleibt mir nur noch, die Zusammenstellung der restlichen Bergsteiger festzulegen.«
»Die sich, offen gesagt«, warf Geoffrey Young, »von allein ergibt Herr Vorsitzender.«
George nickte und zog ein Blatt Papier aus der Jackentasche. »Darf ich dem Komitee die Namensliste zur Zustimmung vorlegen, Herr Vorsitzender?«
»Ja, natürlich, mein Lieber«, sagte Sir Francis. »Verdammt nochmal, es ist schließlich Ihre Mannschaft.«
George las die Namen vor, die Young und er auf der letzten Versammlung des Alpine Club abgestimmt hatten. »Norton, Somervell, Morshead, Odell, Finch, Bullock, Hingston, Noel und ich.« Er blickte auf und rechnete mit der uneingeschränkten Zustimmung des Komitees.
Es herrschte ein längeres Schweigen, ehe der Vorsitzende antwortete. »Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, Mallory, aber erst heute Morgen erreichte mich ein Brief von Mr Finch, in dem er mir mitteilte, dass er, in Anbetracht der Umstände, seine Bewerbung für die Expedition 1924 zurückzieht.«
»In Anbetracht der Umstände?«, wiederholte George. »Was für Umstände?«
Sir Francis nickte Hinks zu. Hinks öffnete eine der Mappen vor sich, zog einen Brief hervor und reichte ihn George.
George las die Zeilen zweimal, bevor er sagte: »Aber er nennt keinen genauen Grund für seinen Rückzieher.« Er reichte den Brief an Geoffrey Young weiter und fragte: »Ist er womöglich krank?«
»Soweit wir wissen nicht«, erwiderte Sir Francis zurückhaltend.
»Und es kann auch kein finanzielles Problem sein«, sagte Young und gab Hinks den Brief zurück, »da wir dank Noel genügend Geld haben, um sämtliche Ausgaben zu übernehmen, die Finch für die Reise oder seine Ausrüstung entstehen könnten.«
»Die Angelegenheit, Mallory, ist leider ein wenig heikel«, sagte Hinks, schloss das Protokollbuch und schraubte die Kappe auf seinen Füllfederhalter.
»Es kann doch unmöglich etwas mit dieser Geschichte mit der Gattin des Generalgouverneurs zu tun haben, oder?«, fragte George.
»Nein, ich fürchte, es ist noch schlimmer als dieser unselige Vorfall«, sagte Hinks, nahm seine Halbbrille ab und legte sie auf den Tisch. Ungeduldig wartete George darauf, dass er weitersprach. »Ohne die RGS darüber in Kenntnis zu setzen«, erklärte Hinks schließlich, »hat Finch landauf, landab mehrere Vorträge gehalten. Dadurch hat er eine recht beachtliche Summe eingenommen, von der die Society nicht einen Penny gesehen hat.«
»Hatte die Society denn Anspruch auf nur einen Penny?«,
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